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Der falsche Apostel

Der falsche Apostel

Titel: Der falsche Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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abgestochen wird. Vor den entsetzten Blicken der Versammelten sank der junge Mann zu
     Boden, strampelte noch einige Augenblicke, schlug um sich und blieb reglos liegen.
    Es war totenstill, niemand rührte sich. Dann zerriss ein schriller Schrei der jungen Frau die Luft. Sie warf sich über den
     Gestürzten, kniete dann neben ihm nieder, weinte und kreischte in einer seltsamen Sprache, die bei ihrem Geschluchze gänzlich
     unverständlich war.
    Da niemand in der Lage schien, sich zu rühren, eilte Fidelma nach vorn. »Lass keinen weder den Wein noch das Brot berühren«,
     warnte sie den Priester, der den Kelch noch in Händen hielt. »Der Mann ist vergiftet worden.«
    Sie spürte mehr, als dass sie es sah, wie sich alle Anwesenden ihr zuwandten und sie teils verwirrt, teils überrascht ansahen.
    »Wer gibt dir das Recht, hier Anordnungen zu treffen? Wer bist du, Schwester?«, fuhr sie eine grobe Stimme an. Es war der
     hochmütige
custos
, der sich nach vorn drängte.
    Mit blitzenden Augen schaute sie den argwöhnischen Ordnungshüter an. »Ich habe hier keine Amtsgewalt, wenn du das meinst.
     Ich bin eine Fremde in dieser Stadt. Doch in meinem Land bin ich eine
dálaigh
, Anwältin bei den hohen Gerichten, |258| und die Anzeichen eines schnell wirkenden Gifts erkenne ich auf den ersten Blick.«
    »Da haben wir es, du selbst gibst zu, du hast hier nichts zu sagen«, schnauzte der
custos
, der mit seiner Wichtigtuerei seinen Dienstrang herauskehren wollte. »Ich aber …«
    »Die Schwester hat vollkommen recht,
custos «
, unterbrach ihn eine Stimme, die ruhig und gedämpft, doch gebieterisch klang. Der untersetzte Herr hatte sich eingemischt
     und brachte damit den jungen Wächter aus der Fassung.
    » Ich
habe hier Amtsgewalt«, erklärte der geistliche Herr Fidelma. »Ich bin Abt Miseno, und diese
ecclesia
gehört zu meinem Sprengel.«
    Seine weiteren Worte galten dem zelebrierenden Priester und dem Diakon. »Tut, was die Schwester sagt, Pater Cornelius. Stellt
     Wein und Brot beiseite und achtet darauf, dass sie von niemandem angerührt werden.«
    Der Priester folgte der Aufforderung augenblicklich, und auch der Diakon setzte den Hostienteller sorgsam auf dem Altar ab.
    Abt Miseno schaute auf das schluchzende Mädchen. »Wer war dieser Mann, meine Tochter?«, erkundigte er sich mitfühlend, beugte
     sich hinunter und legte ihr eine Hand auf die Schulter.
    Sie hob das tränenüberströmte Gesicht. »Ist er …?«
    Miseno bückte sich noch tiefer und tastete nach der Halsschlagader des Mannes. Eigentlich erübrigte sich das. Ein einziger
     Blick auf das verkrampfte, erstarrte Gesicht genügte, um festzustellen, dass dem jungen Mönch nicht mehr zu helfen war. Vielleicht
     wollte er dem Mädchen mit seiner Geste auch nur die Gewissheit geben, dass das Schicksal unabwendbar war. Der Abt schüttelte
     den Kopf. »Er ist tot, meine Tochter«, bestätigte er. »Wer war er?«
    |259| Das Mädchen weinte hemmungslos und war nicht in der Lage zu antworten.
    »Er hieß Docco und stammte aus Pouancé in Gallien«, antwortete für sie der junge Seemann, der mit dem Klosterbruder und dem
     Mädchen vorn gestanden hatte.
    »Und wer bist du?«, fragte Abt Miseno.
    »Ich heiße Enodoc. Ich war Doccos Freund und komme auch aus Gallien. Das Mädchen ist Egeria, Doccos Schwester.«
    Abt Miseno stand kurz mit gesenktem Kopf da und überlegte. Dann schaute er auf und bat Schwester Fidelma: »Wür dest du einen Augenblick mitkommen, Schwester?«
    Er ging voran in eine Ecke der Kirche, wo die anderen sie nicht hören konnten. Fidelma folgte ihm gespannt.
    »Ich habe in Bobbio studiert, das vor fünfzig Jahren von Columban und seinen irischen Gelehrten gegründet wurde«, eröffnete
     er ihr mit gedämpfter Stimme. »Dort habe ich viel über dein Land gelernt, auch über euer Rechtssystem und mit welchen Aufgaben
     eine
dálaigh
betraut wird. Bist du wirklich auf dem Gebiet bewandert?«
    »Ich bin Anwältin und befugt, an den Gerichten meines Landes zu wirken«, erklärte Fidelma schlicht, ohne sich in den Vordergrund
     zu spielen, und fragte sich, worauf er hinauswollte.
    »Dein Latein ist bemerkenswert.«
    Fidelma wartete geduldig.
    »Ganz offensichtlich wurde dieser Mönch vergiftet«, fuhr Miseno nach kurzem Überlegen fort. »War es ein Missgeschick, oder
     wurde er absichtlich getötet? Ich denke, wir sind gehalten, das so schnell wie möglich herauszufinden. Wenn sich die Kunde
     von diesem Vorfall verbreitet, bedarf es keiner

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