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Der falsche Apostel

Der falsche Apostel

Titel: Der falsche Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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er auf der Stelle, als würde ihm die Hand eines Riesen Einhalt gebieten. |252| Überrascht stand er einen Moment da, die Augäpfel traten aus den Höhlen, und er glitt ohne ein weiteres Wort zu Boden.
    Da erst sahen alle den Griff eines Messers, das in Speláns Brust steckte, und das Blut, das sein Habit färbte.
    In die Tür schob sich ein Schatten. Ein junger, dunkelhaariger Bursche in der Kutte der Klosterbrüder kam zögernd herein.
     Lorcán, der sich als Erster wieder besonnen hatte, kniete schon neben Spelán und fühlte den Puls, schaute dann hoch und schüttelte
     den Kopf.
    Fidelma wandte sich zu dem Jungen, der an allen Gliedern zitterte, und legte ihm besänftigend die Hand auf den Arm.
    »Ich konnte nicht anders«, murmelte er, »ich musste es tun.«
    »Ich verstehe dich«, tröstete sie ihn.
    »Jetzt ist mir alles gleich. Ihr könnt mich bestrafen.« Der junge Bruder richtete sich auf.
    »Mit den Gewissensbissen, die du ertragen hast, bist du genug gestraft, Bruder Snagaide. Diese da«, sie wies auf Lorcán, Maenach
     und Sárnat, »sind Zeugen von Speláns Vorhaben, mit dem er seine Schuld gestanden hat. Dein Fall wird vor dem Brehon in Chléire
     verhandelt werden, und ich werde deine Anwältin sein. Heißt es doch in dem uralten Gesetz, jeder, der sich über das Gesetz
     stellt, verliert den Schutz des Gesetzes. Du hast jemanden getötet, der das Gesetz übertreten hat, und daher ist diese Tat
     gerechtfertigt nach dem Gesetzeswerk des
Fenechus.
«
    Sie zog den Jungen mit nach draußen. Er war nicht einmal so alt wie die weltunerfahrene Schwester Sárnat. Was tat man nur
     diesen jungen Menschen an? Sollte es ihr eines Tages vergönnt sein, dem obersten Rat der Richter Irlands ein Gesetz vorzulegen,
     würde es darin heißen, niemand unter fünfundzwanzig darf dazu gedrängt werden, sein Leben im Kloster zu verbringen. Die Jungen
     sollten erst erwachsen werden, sich des Lebens freuen und etwas von der Welt verstehen, bevor sie sich auf |253| Inseln oder in Klöstern von ihr abwandten. Nur unter solchen von der Welt abgeschirmten und in Furcht vor den Glaubensoberen
     gehaltenen Unschuldslämmern konnte ein Unhold wie Spelán sein Werk betreiben. Begütigend legte sie dem jungen Mönch, der herzzerreißend
     zu schluchzen begann, ihren Arm um die Schultern.
    »Komm, Lorcán«, rief sie, »jetzt hinunter zum Boot und auf nach Inis Chléire, ehe uns dein Sturm packt.«
    Schwester Sárnat kam aus der Zelle gerannt und hielt den Brief hoch, den Fidelma auf den Tisch gelegt hatte.
    »Schwester …«, japste sie und konnte kaum reden. »Dieses Schreiben hier von Ultan an Selbach … Da steht überhaupt nichts drin
     von Spelán. Selbach hat Spelán gar nicht verdächtigt. Er hat gedacht, der Trieb, sich zu kasteien, sei nur so unter den jungen
     Brüdern entstanden.«
    Fidelma war nicht sonderlich überrascht. »Selbach hat es nicht übers Herz gebracht, seinen engsten Mitstreiter zu verdächtigen.
     Dass Spelán den genauen Inhalt des Briefes nicht kannte, war doch gut, oder?«

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    |254| GIFT IM ABENDMAHLSKELCH
    Auf ihrer Pilgerfahrt in die Ewige Stadt Rom Zeugin von einem Mord zu werden, hatte Schwester Fidelma am wenigsten erwartet.
     Er geschah in einer ruhigen, kleinen, in einer Seitenstraße gelegenen Kirche.
    Jeder Bürger Roms nahm es als selbstverständlich, dass ein verständiger
barbarus
bei seinem ersten Besuch von der Größe und dem Ausmaß der Stadt gehörig beeindruckt war. Schwester Fidelma entsprach diesen
     Vorstellungen. Dabei war sie weder eine Hellenin noch eine Römerin, und der Ausdruck
Barbarin
war der reinste Hohn, wollte man ihn auf die junge Nonne aus Irland anwenden. Ihr Latein war vollendeter als das der meisten
     Römer, und ihre Kenntnisse der klassischen Schriftsteller waren umfassender als die vieler Gelehrter. Sie hatte ihre Bildung
     in den besten Hohen Schulen Irlands erhalten, die in ganz Europa so berühmt waren, dass allein in Durrow die Söhne und Töchter
     von Königen und Fürsten aus nicht weniger als achtzehn Ländern studierten. In Irland ausgebildet zu werden war eine Auszeichnung,
     auf die sogar die Sprösslinge der angelsächsischen Könige stolz waren.
    Fidelma war nach Rom gekommen, um die
Regula coenabialis Cill Dara
, die Regel der Abtei der heiligen Brigid von Kildare, dem Heiligen Vater im Lateran-Palast zu überreichen, auf dass er ihr
     seine Genehmigung und seinen Segen erteile. Seit etlichen |255| Tagen wartete sie nun darauf, von einem

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