Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)
anfangen.
Alep knurrte. Seit wann kannst du Gedanken lesen?
Ich muss Eure Gedanken nicht lesen, Magier. Ihr denkt immer in den gleichen Bahnen, das macht es mir so leicht.
Wigget hob seinen Kopf. Mit lauter Stimme verkündete er: „Da Euer Gegner, ehrenwerter Troll, ein Flachlandbewohner ist, müssen die dort geltenden Gebote ebenso berücksichtigt werden wie die Euren. Deshalb schlage ich eine weitere Regel vor: Sobald einer der Streiter eine Verletzung erleidet, wird die Auseinandersetzung beendet. Der Unverletzte wird zum Sieger erklärt. Für die Einhaltung dieser Regeln und ausgestattet mit der Befugnis, den Kampf bei Verletzung abzubrechen, schlage ich den ehrenwerten Tischler Kwin Bohnthal vor.“
Prak nickte zustimmend. „Es ist recht, dass auch die Regeln meines Gegners Anwendung finden. So soll es sein.“ Prak drehte auf dem Absatz um und schritt durch die Tür.
„Der hat sie doch nicht alle!“, erklärte Alep mit Inbrunst.
Wigget sagte mit eindringlicher Stimme: „Wenn Ihr Eure Ehre nicht verlieren wollt und gleichzeitig vermeiden möchtet, dass Euer Name am roten Stein der Berge als der eines ruchlosen Feiglings bekannt werden soll, dann nehmt Euren Stab.“ Er flatterte zum Fenstersims. „Tischler, hättet Ihr die Güte, das Fenster für mich zu öffnen? Von hier oben hat man einen wunderbaren Blick auf die Geschehnisse im Hof. Ich glaube, ich werde mich königlich amüsieren. Ein Turnierkampf im Händlerviertel. Das hat es noch nie gegeben. Ach, ich fühle mich hundert Jahre jünger.“
Kwin erwiderte Aleps zornigen Blick nahezu reglos und mit angehaltenem Atem. Kleine Fältchen bildeten sich in seinen Augenwinkeln.
„Das ist nicht komisch“, erklärte Alep wütend, nahm seinen Stab und marschierte hinter Prak her. Kwin versuchte, das aufkommende Lachen um Aleps Willen zu unterdrücken, was ihm nur schwer gelang. Schnell öffnete er das Fenster für Wigget und lief nach unten.
Alep stand bewegungslos inmitten des Hofes, den Stab hielt er locker in den Händen. Prak schloss das linke Auge und betrachtete Alep abschätzend durch das weit geöffnete rechte. Seine schwere Keule lag ruhig in seiner Hand.
Kwin erschien und gab nach einem kurzen Blick auf die beiden so ungleichen Gegner das Zeichen zum Kampf.
Da trat plötzlich eine dunkle Gestalt aus der Gasse in den vom Mondlicht erhellten Hof. Alep verharrte augenblicklich. Prak, der sich verwundert fragte, was der Tiefländer bezweckte, schüttelte ärgerlich den Kopf.
Der Unbekannte trug einen langen, dunklen Umhang. Die Kapuze bedeckte seinen Kopf bis zur Stirn, so dass Alep das Gesicht nicht erkennen konnte.
„Schau an! Auserwählte, oder solche, die es durch die Prüfung im Talikon noch werden wollen. Die Welt steckt voller Idioten. Es wäre kein Verlust, wenn ihr euch gegenseitig umbringt. Aber du“, er wies auf Alep, „du hast meinen Vetter getötet und trägst nun seine Klinge.“
„Wer bist du?“, fragte Alep.
„Mein Name ist Halder von Locksberg, aber man nennt mich ...“
„Havlock“, flüsterte Alep.
„Du stiehlst mir meinen Auftritt, Elders. Ich mag das nicht besonders!“
Alep stand noch immer stocksteif. Dann verkrampften sich seine Gesichtsmuskeln und ehe Kwin ihn aufhalten konnte, stürzte er mit einem gequälten Schrei auf den Fremden los. „Mörder!“, rief er. Seine schmerzerfüllte Stimme zitterte vor Hass. Kwin hatte seinen Dolch gezogen und stürzte ebenfalls auf Havlock zu.
Prak brauchte eine Weile, bis er die Situation eingeschätzt hatte. Dann senkte er seine Keule und beobachtete ruhig, was da geschah.
Bevor Alep nahe genug an Havlock herangekommen war, trat dieser mit einem langen Schritt in die Gasse zurück. Gleichzeitig schoben sich bewaffnete Männer an ihm vorbei, traten mit gezückten Waffen aus der Gasse hervor und verteilten sich im Hof.
Alep und Kwin sahen sich einem guten Dutzend Söldner gegenüber, die mit Kettenhemden gerüstet waren und allesamt Schwerter in den Händen hielten. Aus der Gasse erklang die hohntriefende Stimme Havlocks: „Nur zu, Flachländer, komm und hol mich.“
Alep spürte, wie die Magie in ihm hochstieg und sich schützend um seinen Körper legte.
„Wo ist dein geflügelter Begleiter? Hat er dich aufgegeben?“, rief Havlock. „Dann wirst du diesmal allein kämpfen müssen. Dein widerwärtiger Drache wird dir nicht helfen können. Und da du nur ein dummer Bauer bist, wirst du sehr schnell sehr tot sein. Erschlagt sie“, befahl Havlock seinen
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