Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)
begleiten und Euer Leben vor jeglichem Unbill bewahren. Ihr dürft gehen.“
Ratibor trat vor und verbeugte sich tief vor seinem König, dann winkte er Alep zu. Nacheinander verließen die Gefährten den Raum.
Draußen wurden sie von einem Zug Gardisten erwartet. Der Hauptmann sah nicht glücklich aus. „Ich habe Befehl, auf euch aufzupassen, Kindermädchen für Euch zu spielen.“ Er bedachte die Freunde mit einem verächtlichen Blick. „Als ob euch irgendwer nach eurem Leben trachtet.“ Ratibor teilte seine Leute in Gruppen auf. Jeweils vier Soldaten traten wortlos zu Taukon, Tulpe und Prak und stellten sich hinter ihnen auf. Die übrigen drei und Ratibor selbst bildeten die Wache für Alep. Der junge Elders lächelte gequält, als Ratibor an seine Seite trat und ihn aufforderte zu folgen.
Im Haus der Erwählten angekommen wurden die Gefährten von ihren Dienern erwartet. Alep stieg die Treppe hinauf, öffnete die Tür zu seinem Zimmer, trat ein und schloss sowohl Swerim als auch die Leibgarde aus. Müde ließ er sich auf sein Bett fallen und war wenig später eingeschlafen.
Ein leises Klopfen an der Tür weckte ihn. Erschrocken fuhr er auf. „Die schlafen wirklich nie!“ Wütend sah er zu Wigget hinüber.
„Schaut nicht mich an. Ich habe niemanden gerufen!“
Alep stieg kopfschüttelnd aus seinem Bett und öffnete. Draußen stand sein Diener, der sich sogleich artig verbeugte.
„Herr Alep“, begann Swerim. „Entschuldigt bitte die Störung. Der Gildemeister der Magier, Swenta, erwartet Euch in der Stadt.“
„Der mit der weißen Robe?“
„Derselbe!“
„Später“, erwiderte Alep. „Ich bin müde. Ich brauche Schlaf!“
„Ich bitte um Verzeihung, aber dem Ruf des Gildemeisters müsst Ihr umgehend folgen.“
„Also gut. Wo finde ich diesen Swenta?“
„Im Gildehaus in der Altstadt. Ich führe Euch zu ihm.“
Alep zog sich an, nahm seinen Eschenstab, der neben dem Bett auf dem Boden lag und wandte sich an Swerim. „Sehen wir nach, was der Gildemeister von mir will.“
Gemeinsam mit Wigget und dem Diener machte er sich auf den Weg zum Gildehaus. Draußen schlossen sich ihm Hauptmann Ratibor und seine Gardisten an.
Nachdem Kwin sich von Alep getrennt hatte, konnte er es kaum erwarten, die königliche Bibliothek zu sehen. Als er noch bei Borken in die Lehre gegangen war, hatte sein Meister ihm einmal von den unendlich langen Regalgängen voller Bücher in der Hauptstadt erzählt.
Am Fuß der Treppe im Haus der Erwählten angekommen, öffnete Groom den Eingang zur Bibliothek. Kwin trat ein und hielt ehrfürchtig den Atem an. Vor ihm erstreckten sich unzählige Regale und schienen ins Unendliche zu führen. Dazwischen standen schmale Studiertische. Hohe und breite Fenster ließen genügend Licht herein und für all jene, denen die Tagesstunden für ihr Studium nicht ausreichten, befanden sich überall Kerzenleuchter. Hier und dort erkannte Kwin Männer in braunen, knöchellangen Kutten, die sich leise zwischen den Gängen bewegten oder an schmalen Tischen über Bücher und Schriftrollen gebeugt brüteten. Da erschien Meister Dobla. Über seinem Arm lag ein brauner Umhang, den er Kwin lächelnd überreicht. „Die Kutte für die Besucher.“ Dobla reichte Kwin das Kleidungsstück und beobachtete, wie er es ohne Zögern überwarf. „Folge mir, Tischler.“
Kwin trottete selig hinter Dobla her und wandte seinen Blick staunend von einer zur anderen Seite.
„Hier ist die Abteilung für Tischlerei und das wahre Holzhandwerk“, erklärte Dobla und wies auf ein Regal. Kwin nickte nur, griff nach oben und zog das erstbeste Buch heraus, das ihm in die Hände kam. Es war in Leder gebunden und trug den Titel: ‘Das lebendige Holz - Eine Einführung in das wahre Handwerk von Borgast von Hornburg’.
„Ich lasse dich jetzt allein“, Dobla wartete, aber Kwin hörte ihn schon nicht mehr.
Er schlug das Buch auf und begann zu lesen. Schon bald war er so vertieft, dass er die Zeit vollkommen vergaß. Vieles, was er las, war ihm eigentümlich vertraut, und zwar auf eine andere Art als die des bloßen Wiedererkennens dessen, was er von Meister Borken gelernt hatte. Ihm war, als hörte er erneut die Stimme des alten Tischlers und dieser Eindruck verstärkte sich mit jeder Seite.
Mittag war lange vorüber, als er das Buch zuklappte. Das Werk hatte sich ausgiebig mit der Sprache der Bäume befasst und mit der Bewahrung des Lebens im Holz. Obwohl er das Buch heute zum ersten mal in Händen
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