Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)
gehalten hatte, meinte er den Text schon einmal irgendwo gelesen zu haben. Unschlüssig drehte Kwin es in den Händen. Borgast, wer das wohl war? Er kannte einige der bedeutenderen Tischler; Borken hatte sie ihm genannt, allen voran Rodgatt von Lohe, der bekannteste unter ihnen. Aber von einem Borgast hatte Kwin nie zuvor gehört. Er stellte das Buch zurück und nahm das nächste Werk herunter. Vorsichtig trug er es zu dem kleinen Tisch, an dem er zuvor gelesen hatte.
‘Über das Zeitalter des Gleichklangs von Borgast von Hornburg’, las Kwin. Er ließ es auf dem Tisch liegen und kehrte zum Regal zurück. Das nächste Buch, das er herausnahm, trug den Titel: ‘Die alten Wälder Burnyks von Borgast von Hornburg’.
Auch die folgenden Bücher waren vom gleichen Schreiber verfasst worden: ‘Das wahre Handwerk von Borgast von Hornburg’; ‘Die Tischlergilde Burnyks von Borgast von Hornburg’. So ging es weiter. Kwin fand ein Dutzend Bücher, die dieser Borgast geschrieben hatte. Etwas später stieß er auf einen bekannten Namen: Rodgatt von Lohe. Er war der Begründer des wahren Handwerks gewesen, und durch seine Anstrengungen hatte es überhaupt erst ein Zeitalter des Gleichklangs zwischen Bäumen und Menschen gegeben. Das alles wusste Kwin, aber er fragte sich, weshalb er niemals etwas von Borgast von Hornburg erfahren hatte, sprachen seine Werke doch von höchstem Wissen und handwerklichem Geschick.
Kwin hatte das Gefühl, als sei er einem Rätsel auf der Spur, aber immer, wenn er glaubte, es lösen zu können, entschlüpfte es ihm wieder. Irgendwo in einem der vielen Werke steckte eine Antwort auf eine Frage, die Kwin nicht formulieren konnte. Das ließ ihm keine Ruhe. Er drehte sich einmal ganz herum und überflog die endlos scheinenden Buchreihen. Wahllos griff er eins heraus: ‘Der Verrat des Shender Fossos an seinem König von Rodgatt von Lohe’. Kwin zuckte die Schulter und stellte es zurück. Vielleicht hatte er sich geirrt. Er schlug ein anderes Buch auf, das er aufs Geratewohl ausgewählt hatte, ohne sich den Titel anzusehen. Aber bevor er auch nur eine Zeile lesen konnte, stand sein Diener Groom vor ihm.
„Herr Kwin, Ihr mögt mir die Störung bitte verzeihen, aber draußen steht diese finstere Beschützerin der Prinzessin und hat mir befohlen, Euch unverzüglich aufzusuchen und Euch mitzuteilen, dass sie eine Unterredung mit Euch wünscht und ich wäre in Anbetracht meines persönlichen Wohlergehens mehr als glücklich, wenn Ihr so freundlich sein wollt, mich nach draußen zu begleiten, nicht, dass ich Angst hätte vor ihr, keineswegs, auch wenn sie einen Bogen trägt, obwohl das doch verboten ist, wäre es das Beste, wenn Ihr selbst mit ihr sprecht, für alle Fälle...“
„Ja! Ist gut. Ich komme.“ Kwin stellte das Buch zurück und folgte Groom. Auf dem Weg nach draußen kam er an seinem Tisch vorbei, auf dem noch immer die Werke über das wahre Handwerk lagen. „Groom? Sei so freundlich und stell die Bücher zurück ins Regal.“
„Ja, Herr.“
„Und nenn mich Kwin.“
„Ja, Herr.“
Kwin fragte sich, was N’Gucha von ihm wollte, obendrein mit einem Bogen bewaffnet. „Not und Verderben“, murmelte er leise. Er war doch sicher gewesen, nach seiner Entschuldigung sei die Sache in den Steinholzbergen ein für alle mal vergessen. Frauen!
N’Gucha erwartete ihn bereits ungeduldig. In ihrer rechten Hand hielt sie tatsächlich einen Bogen und sah sich immer wieder um. Er näherte sich ihr und sah sie fragend an. „Du wolltest mich sprechen?“
„Ja, Tischler. Wir müssen hier weg. Schnell. Alep ist verschwunden.“
„Was heißt das, verschwunden?“, fragte Kwin.
„Nicht so laut“, flüsterte die Kriegerin warnend. „Niemand weiß, wo dein Freund steckt. Auch sein Diener ist unauffindbar. Zuletzt wurden sie gesehen, als sie das Haus des Magiers der Gilde betraten.“
„Wer hat ihn dort hineingehen sehen?“, fragte Kwin alarmiert.
„Der Hauptmann der Wache, Ratibor.“
„Und das hast du geglaubt?“, fragte Kwin verblüfft. „Man kann diesem Ratibor nicht trauen. Er würde alles tun, um Anerkennung und Verdienst zu erlangen. Ich bin sicher, dass Alep sich woanders aufhält. Ich gehe ihn suchen.“
„Dafür ist es jetzt zu spät. Die königlichen Wachen suchen auf Geheiß des Königsmörders den Drachenhügel nach Prinz Rendon und seiner Schwester ab. Sie haben Befehl, sie einzusperren. Du weißt, was das bedeutet, Tischler? Pretorius und Prinz Geron haben das
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