Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)
Auserwählten mit Schnaufen und Prusten beschäftigt. „Folgt mir“, forderte er die Anwesenden auf, als er endlich sicher auf zwei Beinen stand, und bewegte sich langsam in Richtung Tür. Mit zwei schnellen Schritten war Alep neben ihm. Als sie den Innenhof passierten, sah Alep ein halbes Dutzend Soldaten im Übungskampf. Ein grauhaariger Mann in einer roten Kutte beaufsichtigte die Gardisten, gab Anweisungen und forderte die Kämpfenden mit kurzen Befehlen auf, sich anzustrengen.
„Wer ist das?“, wandte sich Alep fragend an Dobla.
„Sata Resch! Der Waffenmeister des Königs und gleichzeitig Beschützer des Thronanwärters Prinz Geron.“
In Doblas Stimme klang soviel Ehrfurcht mit, dass Alep noch einmal zu dem Mann hinsah. Die tiefe Stimme des Waffenmeisters drang mühelos über den Innenhof bis in den Kreuzgang. „Nein, Idiot! Das ist ein Schwert, keine Axt, also führe es mit einer Hand.“ Der so Zurechtgewiesene bemühte sich, keine Regung zu zeigen, aber Alep sah wohl, dass er überfordert war. Sata Resch hatte sich schon wieder einem anderen Soldaten der Garde zugewandt. Der Waffenmeister überragte alle seine Schützlinge um eine Handbreite. Schwarzes, zu dünnen Zöpfen geflochtenes Haar fiel ihm bis auf die Schultern herab und umrahmte ein wildes, dunkelhäutiges Gesicht.
„Er ist ein Heetländer“, stellte Alep fest.
„Du hast eine gute Beobachtungsgabe, junger Elders“, bestätigte Dobla anerkennend.
„Nein. Sata Resch und Taukon Dex ähneln sich so sehr, dass die Vermutung nahelag.“
Dobla betrachtete Wigget nachdenklich. „Man hat mir von einem kleinen schwarzen Drachen berichtet, der einstmals der gefürchtete schwarze Wikt gewesen sein soll. Ist diese Geschichte wahr?“
„Nein!“, entgegnete Wigget entrüstet. „Wie kommt Ihr darauf, Meister Dobla? Ich war früher ein einfacher Rabe, bis dieser junge Magier hier des Weges kam und mich zu dem machte, was ich heute bin.“
Dobla nickte wissend. „Ich verstehe schon. Danke für die Belehrung.“
Der Ratssaal des Königs war ein langgestrecktes Eckzimmer mit hohen, bunt verglasten Fenstern, die den Blick auf die nördlichen und westlichen Gebiete Hornburgs freigaben.
Alep spürte Wiggets Gewicht auf seiner Schulter lasten, als er den Saal betrat und sah den Drachen prüfend an: „Mir scheint, du bist schwerer geworden“, sagte er grinsend. „Das gute Leben scheint dir zu bekommen.“
„Kränkt mich nicht, Magier. Ich bin so, wie ich immer war.“ Wigget drehte seinen Kopf auf dem langen Hals hierhin und dorthin und betrachtete seinen schmalen Rumpf kritisch. „Nein, es liegt nicht an mir. Schaut mich an. Nichts hat sich verändert. Ich bin noch immer ganz der alte Wigget.“
Die Mitte des Saales wurde von einem großen rechteckigen Tisch beherrscht, an dessen Ende ein kunstvoll verzierter Sessel stand. Darüber hing das Wappen des Königs: schwarzer Drache auf blauem Grund. Wigget bemerkte es mit einem empörten Knurren, das tief aus seiner Kehle kam. Er hat nicht das Recht, den Drachen in seinem Wappen zu führen, erklärte er.
Wer will ihn daran hindern? wollte Alep wissen . Lass es gut sein. Wir haben wichtige Probleme, die gelöst werden müssen.
An den Längsseiten des Tisches standen etwa zwei Dutzend Holzstühle. Die ersten Ratsmitglieder waren schon eingetroffen. Scheinbar hatte hier jeder seinen festen Platz. Am Kopfende des langen Tisches, gleich zur Linken des Königs, stand ein leerer Stuhl. Auf dem nächsten saß Rendon. Hinter ihm hatte sich Adengard postiert. Rendon gegenüber saß Prinzessin Yanea in Begleitung ihrer Beschützerin N’Gucha. Alep sah zu ihr herüber. Sie lächelte ihm zu. Alep erwiderte das Lächeln.
Weiter unten am Tischende waren einige Männer und Frauen in ein Gespräch vertieft, das sie im Flüsterton führten. Als die Gefährten eintrafen, verstummten die Stimmen augenblicklich und nahmen ihr Gespräch erst wieder auf, als Dobla die Auserwählten vorbeigeführt und ihnen Plätze neben Yanea zugewiesen hatte. Alep gegenüber saßen Pail ‘Tulpe’ Milaz und Taukon Dex, der noch genauso schweigsam war wie zuvor. Alep vermied es, Rendon oder Yanea anzuschauen, außer, um einen kurzen Gruß mit ihnen auszutauschen.
Nun war er auch noch ein Verschwörer geworden. Sollte es in diesem Palast Spione geben, und Alep fand keinen Grund, der dagegen sprach, dann wartete auf sie alle der Galgen, soviel war sicher. Trotzdem hoffte Alep, dass sein zweites Gespräch mit Rendon nicht
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