Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)
der Tischlerwerkstatt eine Schmiede einzurichten. Der ortsansässige Steinmetz wurde bestellt, um den Platz, auf dem die Esse errichtet werden sollte, mit Steinen auszulegen. Rendon bestellte beim Hufschmied drei Ambosse in verschiedenen Größen. Der Sattler erklärte sich bereit, einen Blasebalg herzustellen und zuletzt errichtete der Steinmetz unter ständiger Anleitung Türmers die Esse. Die Vorbereitungen währten drei Tage und zu Praks großem Bedauern fand Kwin noch immer keine Ruhe. Erst als Türmer mit der Herstellung der Werkzeuge beginnen konnte und Kwin ihm als Gehilfe zur Hand gehen musste, herrschte endlich wieder Ruhe.
Während die beiden Handwerker beschäftigt waren, nutzte Alep die Zeit zu langen Wanderungen durch die Stadt und die Umgebung, doch sein Weg führte ihn immer wieder zum Hafen. Dort saß er stundenlang auf der Kaimauer und betrachtete das ruhige Wasser des Drachensees.
Irgendwann besuchte N’Gucha ihn dort. „Ich habe gehofft, dich hier zu finden, Magier“, erklärte sie freundlich.
„Nenn mich nicht ...“ Alep hätte Wigget erwürgen können. Die Angewohnheit des Drachen, ihn Magier zu nennen, hatten sich inzwischen auch alle anderen zu eigen gemacht. Es schien jedermann besonderen Spaß zu machen, ihn in jedem Gespräch wenigsten einmal Magier zu nennen, wohl auch deshalb, weil er sich mit reglemäßig darüber beschwerte.
N’Gucha wartete, dass Alep seinen Satz beendete, als er aber stumm blieb und nur resigniert den Kopf schüttelte, fragte sie gut gelaunt: „Darf ich mich zu dir setzen?“
Alep nickte und machte ihr Platz. Die beiden saßen lange schweigend da, beobachteten die Möwen, die über den Strand stolzierten und nach Futter suchten. Es war kalt und N’Gucha zog ihren schweren Umhang enger um die Schultern. Alep betrachtete still den Horizont und genoss N’Guchas Anwesenheit. Plötzlich fragte sie: „Was siehst du?“
Alep verstand ihre Frage sofort, aber er brauchte eine Weile, bis er den Mut fand, ihr zu antworten. „Meine Heimat. Das Flache Land, Bitterquell. Meine Großeltern und Rina, meine kleine Schwester. Ich habe sie lange nicht gesehen.“
N’Gucha sah Alep an. „Was bedrückt dich wirklich, Magier?“
Alep sah einer Möwe zu, die sich mit heftigen Flügelschlägen in die Luft erhob und über den See dahinglitt. „Mein eigenes, unausweichliches Ende. Ich werde gegen Pretorius nicht bestehen können.“
„Das ist noch nicht entschieden. Weshalb lässt du dich nicht mehr von deinem Drachen im Gebrauch der Magie unterweisen?“
„Hat Wigget dich hergeschickt?“
„Eine überflüssige Frage. Er würde mich niemals darum bitten und ich würde mich nicht bitten lassen. Er hat mir von seinen Sorgen um dein Wohlergehen berichtet und ich habe entschieden, es dir mitzuteilen. Wenn du so weitermachst, gefährdest du nicht nur dein, sondern unser aller Leben. Wenn es zum Kampf kommt, können wir niemanden gebrauchen, der mit sich selbst im Zweifel liegt. Du hast dir die Achtung aller schwer erkämpfen müssen. Willst du das jetzt alles wieder aufs Spiel setzen?“
„Nein! Doch was nützt mir alle Achtung und alle Anerkennung, wenn ich den kommenden Sommer nicht mehr erlebe. Hast du dich je dem Tod gestellt?“
„Mehr als einmal, aber nie mit Vorsatz. Und nichts hat etwas geändert, weder die Angst, noch der Mut. Der Tod ist unausweichlich, warum ihm also nicht stolz und mit erhobenem Haupt entgegentreten? Komm! Ich bringe dich zu deinem Drachen. Du musst lernen, denn auf dir ruhen letzten Endes alle Hoffnungen.“
„Geh voraus und sag Wigget, dass ich in einer Stunde bei ihm sein werde.“
N’Gucha nickte, stand auf und ließ Alep allein zurück.
Alep saß noch immer am Hafen, als sich Tallis Lomen zu ihm gesellte. Er hatte einen Kanten altes Brot mitgebracht, von dem er Krumen abbrach und sie dann in die Luft schleuderte. Erst verstand Alep nicht, was er da tat, doch dann erhob sich eine der träge in der Kälte verharrenden Möwen und stieg pfeilschnell auf. Ihr folgte eine zweite und eine dritte und ehe Alep es sich versah, zogen zwei Dutzend der anmutigen Flieger ihre Kreise über dem Wasser in unmittelbarer Nähe des Böttchers. Die geschicktesten unter ihnen fingen die Krumen noch in der Luft und krächzten triumphierend, nachdem sie ihre Beute verschlungen hatten. Während Lomen fortfuhr, die Möwen zu füttern, fragte er: „Ihr seid kein Jäger, richtig? Und Euer Name ist auch nicht Herzmann?“
Alep wandte seinen Blick nicht
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