Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)
offen und ehrlich begegneten, waren gezeichnet von Sorge. Schließlich nickte N’Gucha und sagte: „Rendon und Yanea sind in Lindenbrunn. Es geht ihnen gut.“
„Endlich weiß ich, wohin ich gehen muss. Im Hafen warten meine Soldaten. Wir haben drei Schiffe zur Verfügung und wenn wir nicht bald aufbrechen, wird Pretorius oder einer seiner Handlanger sich noch über Gebühr dafür interessieren. Wenn du einverstanden bist, dann möchten wir uns euch anschließen und nach Lindenbrunn begleiten.“
„Ausgezeichnet“, erwiderte N’Gucha. „Gehen wir.“
Für Kwin war das Warten auf Aleps Rückkehr eine Prüfung, die ihn langsam aber sicher um den Verstand brachte. Stundenlang lief er unruhig auf und ab bis Prak ihm androhte, er werde ihn auf einem Stuhl festbinden. Also verließ Kwin das Haus und wanderte mit Twist die Hauptstraße auf und ab. Erst lange nach Mitternacht kehrte er zurück und legte sich wortlos in sein Bett. Am darauffolgenden Morgen und nach einer schlaflosen Nacht nahm er seine unruhige Wanderung wieder auf.
Es folgte eine weitere Nacht, in der Kwin keinen Schlaf fand. Am nächsten Morgen war er wieder auf dem Weg, pendelte zischen Hafen und Haus hin und her und wartete ungeduldiger denn je auf Aleps Rückkehr.
Kwin machte sich große Sorgen um das Wohlergehen seiner Freunde. Soviel konnte misslingen, dass er gar nicht daran denken mochte, es aber doch unablässig tat. Allein das Erscheinen ihres Schiffes in Hornburg konnte für genug Aufmerksamkeit sorgen, dass sich die falschen Leute dafür interessierten. Der Schutz der Nacht genügte sicher nicht, um alle wohlbehalten wieder zurückzubringen. Wer konnte schon wissen, ob Pretorius nicht auch den Hafen überwachen ließ?
Der Mittag kam und Lisett brachte Kwin etwas zu essen. Er nahm es dankbar entgegen und forderte sie auf, ihm Gesellschaft zu leisten.
„Meister Kwin“, sagte Lisett mit ihrem freundlichsten Lächeln, „für dich mag es angehen, hier in der Kälte zu sitzen und zu warten. Aber das muss mir nicht gefallen und das tut es auch nicht.“ Sie warf ihm einen Handkuss zu, drehte sich um und eilte den Weg zurück.
So aß Kwin allein und starrte wartend und sorgenvoll auf die spiegelglatte See hinaus. Dann sah er in der Ferne einen kleinen dunklen Punkt auftauchen. Er kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können, aber die Wintersonne blendete ihn. Der Punkt wuchs und wurde größer und schließlich erkannte Kwin Wigget, der sich mit gleichmäßigen Flügelschlägen näherte.
„Heda, Tischler“, rief Wigget, als er nahe genug herangekommen war. „Lauft und bestellt ein Abendessen für uns. In weniger als einer Stunde landen vier Schiffe voller hungriger Mägen. Wir benötigen dringend Essen für 123 Personen.
„Was?“, fragte Kwin verblüfft. „So hungrig kannst du nicht sein, Drache!“
Wigget landete sanft neben ihm und sah ihn aus funkelnden Augen an. „So etwas solltet Ihr lieber nicht sagen, aber ich habe auch nur an eine doppelte Portion für mich gedacht - der Flug über den See hat mich ganz entkräftet. Der Rest ist für Alep, N’Gucha, den Schmied und einhundertundsiebzehn Veteranen der königlichen Garde, angeführt von Oberst Nika und - das werdet Ihr nicht glauben, Hauptmann Ratibor.“
„Wie soll ich ... Egal. Ich werde alles nötige vorbereiten. Ratibor hast du gesagt, na, ja. Sind alle wohlauf?“
„Wenn ich sie führe? Natürlich!“
Endlich konnte Kwin erleichtert aufatmen. Er eilte zu Rendon, der sich mehr und mehr um die Organisation ihres freiwilligen Exils kümmerte und bat ihn um Hilfe. Bei der Nachricht, dass Alep und N’Gucha die Veteranen der Garde mitbrachten, hellte sich das Gesicht des Prinzen merklich auf. „Ich kümmere mich darum“, sagte er.
Kwin kehrte zum Hafen zurück und wartete, bis die Schiffe angelegt hatten. Alep verließ mit Türmer als erster das Schiff und stellte die beiden Meisterhandwerker einander vor. Kwin forderte Türmer auf, ihn in seine Werkstatt zu begleiten und berichtete dem erstaunten Schmied ausführlicher, als Alep es je vermocht hätte, was er von ihm erwartete.
Als Prak die Nachricht von Aleps Rückkehr erhielt, sah er sich grinsend im Kreise der Gefährten um und erklärte, wie glücklich er darüber sei, dass nun endlich wieder Ruhe einkehren würde, da Kwin keinen Grund mehr hatte, jedermann auf die Nerven zu gehen.
Gleich am nächsten Tag begann Türmer, unter kräftiger Mithilfe von Kwin, Taukon, Adengard und Prak, gleich neben
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