Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)
Führerschaft über die kleine Gruppe mit Wita. Nach seinen Angaben waren sie nicht miteinander verheiratet, aber Kwin glaubte zu erkennen, dass die beiden mehr als nur die Führerschaft über die Truppe miteinander teilten. Wita kümmerte sich bei den Auftritten um Garderobe, Schminke und um Ledus' Essen.
Nachdem Horik über eine Stunde lang erzählt hatte, griff er nach einem Weinschlauch, goss sich seinen Becher bis zum Rand voll und trank ihn in einem Zug aus.
„Ah, das ist Balsam für meine raue Kehle. Und nun, Baumbeschützer“
„Kwin! Kwin Bohnthal.“
Aber Horik grinste nur. „Also Baum ...Kwin... “
„Baumkwin?“, fragte die Seiltänzerin Lisett lachend. „Was ist das für ein unmöglicher Name? Man sollte meinen, dass jemand wie Ihr erwachsen genug seid, einen richtigen Namen zu tragen. Baumkwin, also ehrlich - Ihr solltet Euch schämen!“
„Nein, nein. Ihr versteht alles falsch“, beeilte Kwin sich zu erklären. „Mein Name ist Kwin Bohnthal aus ... Ach was, ich geb’s auf. Macht was ihr wollt.“ Kwin hatte eingesehen, dass die Artisten, allen voran Ledus und nun auch Lisett geradezu auf seine Belehrungen warteten, nur um sie dann genüsslich ignorieren zu können. Es war ein Spiel, bei dem Kwin keinerlei Erfahrungen hatte, also ließ er sie gewähren.
„Also dann, Kwin Baumbehüter, erzähl uns, was du im Wald gemacht hast“, forderte Horik.
„Ja. Und weshalb wir keinen weiteren Baum fällen durften, ohne unser Leben einzubüßen“, fügte Ledus hinzu.
Kwin erinnerte sich an Borkens Worte, dass niemand ihn verstehen würde, wenn er anderen vom wahren Handwerk berichten würde. Aber Bitterquell und Meister Borken waren weit weg. Und Kwin, der monatelang nur seine eigene Stimme gehört hatte, wollte im Augenblick nichts lieber als erzählen. Und er erzählte alles. Vom ersten Tag im Spahnwald bis zur Begegnung mit den Mitgliedern des Fahrenden Volkes. Er berichtete ihnen von der Magie in den Bäumen, ihrer Sprache in Form von Bildern und dass die Magie fortbestünde, wenn man nur die richtigen Lieder während des Schlagens sänge.
Alle waren tief beeindruckt, nachdem Kwin zu Ende gekommen war und forderten ihn dann auf, ein Baumlied zu singen. Aber davon wollte Kwin nichts wissen. Statt dessen holte er seine kleine Flöte hervor und begann eine lustige Weise. Schon bald hallte die Trollwiese von den geübten Stimmen der Artisten wider. Allen voran die der Bardin Maldine, die ihn auf ihrer Laute begleitete.
Es wurde ein geselliger Abend und Kwin fühlte sich glücklich wie schon lange nicht mehr. Erst weit nach Mitternacht verklangen die Lieder. Müde Artisten mit vom Lachen und vom vielen Wein geröteten Gesichtern zogen sich gut gelaunt vom Feuer zurück und rollten sich in ihre Decken. Lisett kam zu Kwin, ging vor ihm in die Hocke und sah ihn aus funkelnden Augen an.
Kwin begegnete ihrem Blick, bis er rot wurde. Schnell senkte er den Kopf und betrachtete eingehend seine Hände.
„Baumkwin, wo wirst du schlafen heute Nacht?“
Kwin zuckte die Schultern. „Hier beim Feuer, nehme ich an.“
„Ja“, bestätigte sie, „das passt zu dir! Komm mit.“
Kwin erhob sich und stapfte hinter ihr her. Dabei versuchte er, seinen Blick am Boden zu halten, was ihm aber nicht gelang.
Lisett führte ihn zu einem der beiden Planwagen und bot ihm freundlich einen Schlafplatz und ein paar warme Decken darunter an. Kwin willigte verlegen aber freudig ein.
Bald darauf lag er unter Lisetts Wagen, den sie sich mit Maldine und Wita teilte. Durch den kräftigen Wagenboden hörte er sie leise hin und her gehen. Dabei summte sie ein Lied. Kurze Zeit später schlief er ein. Er bemerkte nicht mehr, dass die hübsche Seiltänzerin zu ihm unter den Wagen kroch und unter seine Decken glitt. Allein Twist hob kurz seinen Kopf und betrachtete die beiden eine Weile. Dann schlief auch er ein.
Kwin erwachte am anderen Morgen mit heftigen Kopfschmerzen und einem ekligen Geschmack im Mund. Die Artisten waren alle schon auf den Beinen. Während die einen sich um das Frühstück kümmerten, brachen die restlichen Mitglieder das Lager ab und spannten die Pferde ein. Twist lag neben ihm und betrachtete ihn aus seinen gelben Augen. Lächelnd fuhr Kwin ihm über den Kopf. „Aufstehen, mein Lieber. Wir sind die Letzten.“ Er legte Lisetts Decken, die sie ihm für die Nacht gegeben hatte und in denen immer noch ihr Geruch hing ordentlich zusammen und brachte sie ihr. Dankend gab er sie zurück.
„Nun, mein
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