Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Titel: Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Merten
Vom Netzwerk:
Golem spricht ausschließlich in Reimen. Lass dich nicht verwirren.
    Sicher nicht, hatte Wigget erwidert.
    Unterschätze ihn nicht. Seine ganze Persönlichkeit ist Teil der Persönlichkeit Pretorius. Du lässt dich auf ein Rededuell mit einem Zauberer ein. Es ist wichtig, dass du dieses Duell für dich entscheidest. Sorge dafür, dass Pretorius Macht erschüttert wird. Besiegen den Golem.
    Kurz bevor er Knoll erreichte, der noch immer unbeweglich an der Hafenmauer stand, verlangsamte er seinen Flug und ließ sich gemächlich auf der Mauerkrone nieder. Der Golem wandte sich ihm zu. Seine Augen leuchteten gelb.
    Wigget sagte:
     
    „Euch einen Guten Tag, Herr Wicht.
    So wie es aussieht lebt ihr nicht!
    Ihr seid man riechst, aus Lehm gemacht.
    Als ich Euch sah, hab ich gedacht,
    das ihr ein reizlos Kerlchen seid
    So kurz geraten, viel zu breit.
    Euch ist doch klar, dass Ihr so bleibt?
    Dass Ihr auf ewig hässlich seid.“
     
    Knoll hob seinen Kopf. Die Kapuze rutsche herab. Es dauerte eine Zeit, bis er zu einer Erwiderung ansetzte. Endlich sagte er:
     
    „Der Drache Wigget in der Stadt,
    die er schon oft gesehen hat?
    Ich frage mich, verwundert zwar
    was sucht Ihr hier, der Größe bar,
    die einstmals Euer höchstes Gut,
    bis Hann T’Brien trank Euer Blut.“
     
    Das kränkte Wigget nun doch. Auch wenn T’Brien seine Tatze genommen hatte, so war der Bewahrer der Einheit doch nicht unbeschadet aus der Auseinandersetzung mit ihm hervorgegangen. T’Brien konnte in den darauffolgenden Wochen und Monaten kaum feste Nahrung zu sich nehmen, weil Wigget ihm damals mit einem Schlag seines enormen Schwanzes den Kiefer und noch so dies und das gebrochen hatte.
     
    „Mein Blut ist kräftig, leuchtend rot.
    Und steht für Kraft und Leben
    Ihr seid aus Lehm uns somit tot
    mehr ward Euch nicht gegeben.
    Ihr seid ein armer, dummer Tropf.
    Hohl im Bauch und hohl im Kopf.
     
    Knoll stand sprachlos da. Erst nach einer geraumen Weile sagte er:
     
    „Hier steh ich einsam an der Mole.
    Hohl vom Scheitel bis zur Sohle.
    Doch ist das nun mal Golemart,
    die mich vor Euch beschützt, bewahrt,
    denn all Eure Beleidigungen
    sind schneller als gehört verklungen.
    Ihr müht Euch, wie ich sehe, redlich,
    doch ist die Mühe wohl vergeblich.
    Das sieht Euch ähnlich, ja fürwahr,
    des Drachen Dummheit - unheilbar.“
     
    Ein Golem existierte nur solange, wie der beschwörende Magier den Zauber aufrecht erhielt. Und diese Verbindung galt es zu erschüttern. Wigget sagte:
     
    „Schlecht gesprochen, Geisterwesen,
    Nicht beredt und nicht belesen.
    Gereicht es Euch allein zur Schande
    dass Ihr tagein, tagaus am Rande,
    des seelenvollen Lebens wandelt
    und leblos für den Magier handelt,
    der Euch gerufen und gebannt
    und Euch nun führt am Gängelband.
    Was ist der Lohn für Redlichkeit
    mit der Ihr dient, allzeit bereit?“
     
    Tuwels Schiff hatte inzwischen angelegt und Wigget sah Alep, der sich angeregt mit dem Hafenmeister unterhielt. Er wandte sich wieder Knoll zu. Der Golem hatte noch immer nichts erwidert, sondern stand sinnierend am Kai.
    Hatte Wigget eine Saite in Knoll zum Schwingen gebracht? Oder nahm gar Pretorius in diesem Augenblick Kontakt zu seinem Geistwesen auf? Möglich!
    Sogleich setzt der Drache nach und bezog auch Pretorius in seine Schmähungen mit ein:
     
    „Nun Herr Golem, frei heraus,
    was macht der Tod Euch wirklich aus?
    Wie lange wartet Ihr vergebens
    schon auf die Süße wahren Lebens?
    Es dauert mich, Euch so zu sehen,
    wie Laub im Herbst müsst Ihr vergehen,
    wenn erst Pretorius bestimmt,
    dass er das Leben wieder nimmt,
    mit dem er Euch zuvor versah.
    Wie nennt Ihr ihn, vielleicht - Papa?“
     
    Wigget näherte sich dem Golem und ließ seinen Kopf vor Knolls Augen sanft hin und her pendeln. „Nun?“, fragte er genüsslich. „habt Ihr nichts mehr zu erwidern?“ Da zuckte Knolls Hand kurz nach oben. Erschrocken flatterte Wigget auf.
     
    „Ich nenne niemand meinen Vater
    drum Schluss mit all Eurem Theater.
    Was seid Ihr für ein Einfaltspinsel.
    Ihr kommt und jammert mit Gewinsel.
    Wollt, dass ich vor Euch wanke, falle.
    Und spucken soll ich, Blut und Galle,
    weil ich ein Seelenloser bin.
    Nein, mein Herr, das geht nicht hin.
    Wo liegt bei uns der Unterschied?
    Dient Ihr doch einem schlechten Schmied,
    und einem Tischler obendrein!
    Soll das denn wirklich besser sein?“
     
    Wigget war in sicherem Abstand von Knolls krallenbewehrten Händen gelandet. Da hat wohl jemand die Nerven verloren, frohlockte

Weitere Kostenlose Bücher