Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)
gegenseitig in Lautstärke, Gestik und Mimik zu übertreffen. Wer Geld hatte, konnte hier kaufen, was auch immer sein Herz begehrte. Ein kleiner, langnasiger Händler mit zuckendem Augenlid fuchtelte mit seinen Händen herum, als versuchte er, die Strecke zwischen Hornburg und Pollbark schwimmend zurückzulegen.
Alep wandte sich an Kwin „Der da kennt sicher den Weg zur ‘Goldenen Krone’. Warte hier, ich frage ihn“. Entschlossen trat Alep auf den Händler zu. Auf dem Ladentisch standen, nach ihrer Größe sortiert, verschiedene Öllampen.
„Ein junger Herr von außerhalb, wie ich sehe“, begann der Langnasige, kaum dass Alep vor ihm stand. „Tretet näher, junger Herr, tretet näher und bewuuuuuuuundert meine einzigartigen Lampen. Sagt selbst, Herr: Sind sie nicht schön? Sind sie nicht wunderschön?“
Alep blickte über die Lampen und sagte verunsichert: „Doch! Schöne Lampen. Aber ich wollte bloß ...“
„Genau was ich sage! Die schönsten Lampen in ganz Hornburg findet Ihr bei mir. Und nur bei mir. Darf mich vorstellen. Mikaster, mein Name. Diese hier, nur mal als Beispiel“, Mikasters Hand flitzte wie eine Hummel über den Ladentisch und verhielt über einer kleinen, mit Glaswänden versehenen Lampe. „...also, die hier kommt geradewegs aus“, Mikasters Stimme sank zu einem Flüstern, „... aus Heetland. Verbotene Ware, aber die besten Öllampen kommen ja von da, wie Ihr wisst?“
„Ja?“, fragte Alep vorsichtig.
„Aber natürlich.“ Mikaster nickte eifrig. „Was glaubt Ihr, was Euch dieses Schmuckstück kostet?“
Alep zuckte die Schultern.
„Es ist fast geschenkt. Ein Goldstück und vier silberne!“, rief Mikaster laut. „Geschenkt ist das. Na, was sagt Ihr? Ist das ein guter Preis oder nicht?“
„Äh, ja, denke schon“, erklärte Alep schulterzuckend.
„Was zögert Ihr dann noch, junger Mann? Greift zu! Solche Lampen buddelt man nicht aus der Erde. Nein, die müssen ...“, wieder sank Mikasters Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern, „heimlich eingeführt werden. Ihr wisst schon ...“
Alep straffte seine Schultern und hob entschlossen seinen Kopf. „Also, eigentlich wollte ich nur...“
„Genau, was ich sage“, unterbrach der kleine Händler. „Alles was Ihr wollt, findet Ihr hier. Nicht mehr - nicht weniger, wie ich immer sage. Und eine solche kleine Lampe - noch dazu eine so hübsche - ist doch eines der praktischsten Dinge, die man sich nur vorstellen kann. Seht her“, Mikaster öffnete das kleine Glastürchen an der Vorderseite. „Geht Euch auch nur einmal das Öl aus, das kann ja passieren, nicht wahr ...“
Alep nickte ergeben.
„... dann stellt Ihr halt eine Kerze hinein. Wie gesagt, praktisch, vielseitig und immer einsatzbereit. Für ein Goldstück und vier silberne ist sie Euer und ...“ Mikaster machte eine gewichtige Pause. Prüfend betrachtete er Alep und nickte dann wohlwollend. „... und ich gebe Euch zwei dieser langsam brennenden, hellleuchtenden Talkkerzen dazu. Nun, was sagt Ihr?“
Alep schüttelte den Kopf. „Ich möchte...“
„Aha! Verstehe schon ...“, unterbrach der Händler eilig. „... Ihr findet den Preis zu hoch. Gut dann. Ein Goldstück, drei silberne und fünf Kupfermünzen. Aber tiefer kann ich nicht gehen. Nein.“ Mikaster schüttelte entschieden den Kopf und Verzweiflung spiegelte sich in seinem Blick. „Denn seht, ich muss meine Familie ernähren...“
Alep war hoffnungslos überfordert. Er wollte doch nur nach dem Weg zum Gasthof ‘Goldene Krone’ fragen. Aber dieser Kerl da war ihm über. Er war nicht in der Lage, auch nur einen Satz zu beenden, ohne dass Mikaster ihn unterbrach. Hilfesuchend sah er sich nach Kwin um. Aber auch sein Freund befand sich schon in den Fängen eines Händlers, der kleine Holzfigürchen feilbot. Noch einmal öffnete Alep den Mund. Diesmal brachte er es noch nicht einmal zu einem einzigen Wort.
„Ihr müsst das verstehen“; erklärte der Händler zerknirscht. „Ich habe Frau und sieben Kinder. Meine Großmutter lebt bei uns, jetzt, da Großvater gerade gestorben ist.“ Dann gab sich Mikaster einen Ruck. „Also gut. Weil Ihr neu seid in der Stadt und heute Euer Glückstag ist: diese wunderbare Öllampe an Euch für ein Goldstück und drei silberne! Mein letztes Angebot.“
Alep gab es auf. Hastig kramte er in seiner Tasche nach dem Geldbeutel. Er zählte ein Goldstück und drei silberne Münzen ab und reichte sie Mikaster. Mit der Lampe in der Hand wandte er sich
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