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Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Titel: Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Merten
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einem Ruck. Die Ruhe, die er noch bis vor wenigen Minuten an diesem Ort gespürt hatte, war mit einem Schlag ausgelöscht. Er ging zu seinen Satteltaschen und kramte einen Kochtopf daraus hervor. Gemeinsam mit Kwin kümmerte sich ums Essen. Bald darauf steckten die Forellen an langen Spießen über dem Lagerfeuer. Die Sonne verschwand langsam hinter den Trollhöhen im Westen. Nachdem sie gegessen hatten, legten sie sich zur Ruhe. Prak übernahm die erste Wache. Ernst betrachtete er die hohen Berge seiner Heimat, bis sie im Dunkel der Nacht kaum noch auszumachen waren.
    Sie brachen in aller Frühe am nächsten Morgen auf. Prak lief mit weit ausholenden Schritten neben den Pferden der Flachländer dahin. Sie kamen gut voran. Tags darauf sahen sie am späten Vormittag Pollbark vor sich liegen. Sie zügelten ihre Pferde und stiegen ab. Mit ernster Miene trat Prak vor die Gefährten hin. Es war Zeit, sich voneinander zu trennen. In den Tagen, die sie gemeinsam verbracht und in denen sie einander besser kennengelernt hatten, war eine auf gegenseitigem Respekt fußende Kameradschaft zwischen den Reisenden entstanden.
    „Gleichklang, Tiefländer.“
    Kwin zuckte überrascht zusammen. Der Gruß des Bergbewohners bezeichnete eine Zeit, in der die Magie und das Leben aller hochgeachtet und von gegenseitigem Respekt geprägt gewesen war: das Zeitalter des Gleichklangs. Nur die wenigsten kannten es. Aber bevor er Prak danach fragen konnte, hatte dieser ihnen schon den Rücken zugewandt und hielt im Laufschritt auf ein nahegelegenes Wäldchen zu. Dort angekommen drehte er sich noch einmal zu den Gefährten um. Er hob seine Rechte und rief mit seiner unnachahmlichen, tiefen Stimme: „Wir sehen uns in Hornburg.“ Dann war er verschwunden.
    „Auf, auf, Tischler“, meinte Alep frohgelaunt. „Wir haben es bald geschafft.“ Mit einem erwartungsvollen Lächeln wies er auf die Dächer der kleinen Hafenstadt.
     
    Als Prak die kleine Stadt am Drachensee erreichte, dämmerte es bereits. Er würde sich beeilen müssen, bevor die Nacht hereinbrach. Ein paar Stunden Schlaf auf einem Ruhestein würden ihn erfrischen. Sein Weg führte ihn am Rand der Stadt entlang, weg von den großen Toren und dem Hafenviertel. Er erreichte eine schmale Gasse. Thederas Beschreibung war wie immer genau. Er folgte der Gasse ein Stück, bog dann nach links und verhielt vor einem flachen Haus. Er klopfte. Drinnen rührte sich nichts. Dann fragte eine Stimme vorsichtig: „Wer da?“
    Prak flüsterte: „Der Gezeichnete der Berge. Der Enkel Thederas und Schützling der Schamanin. Gewähre einem Krieger der Berge Gastfreundschaft im Namen des Steins.“
    Prak hörte, wie ein Riegel zurückgeschoben wurde, und die Tür schwang langsam auf. „Gleichklang, Bruder!“, grüßte der Troll. „Tritt ein und nimm mein Haus als dein Haus.“
    Er trat ein und verbeugte sich. Prak wurde in einen kärglich möblierten Raum geführt, indem ein Tisch und mehrere Stühle standen. Alle Möbel waren aus massivem Stein. Er setzte sich. Dann wurde ihm Essen gebracht und Wasser. Wortlos aß er, was man ihm vorsetzte. Als er fertig war, hob er seinen Blick und legte seine rechte Hand dankend an seine linke Schulter. Sein Gastgeber nickte.
    „Wie gehen die Geschäfte?“, fragte Prak.
    „Schlecht! Wir sind nirgendwo gern gesehen außer in den Bergen der Heimat. Ich komme zurecht. Was führt dich zu mir?“
    „Ich brauche ein Boot, um zur Drachenstadt überzusetzen. Ich bin der Gezeichnete des Bergvolkes. Wichtige Aufgaben warten auf mich.“
    Der Troll nickte. „Wann brichst du auf?“
    „Zwei Stunden nach Mitternacht. Ich brauche einen Schlafstein.“
    „Es wird alles zu deiner Zufriedenheit gerichtet. Folge mir.“
    Prak folgte seinem Gastgeber in ein nahegelegenes Zimmer. Der Troll wies auf eine lange, schmale Steinplatte, die in einem Stück gearbeitet war und von einer Wand bis zur anderen reichte. Sie war schwarz. „Ruh dich aus.“
    Prak nickte dankbar, schleuderte die Decke von seinen Schultern, entledigte sich seines Gürtels, an dem die Keule hing und legte sich bäuchlings auf die Steinplatte. Er träumte nicht, und zum ersten Mal, seit er seine Heimat verlassen hatte, schlief er gut.
    Zwei Stunden nach Mitternacht weckte sein Gastgeber ihn auf, führte ihn durch schmale, dunkle Gassen bis hinunter zum See. An einem verrotteten Steg dümpelte ein kleines Boot, mit einem schlanken Segelmast. Ohne ein weiteres Wort stieg Prak hinein. Als er sich zurechtgesetzt

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