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Der falsche Engel

Der falsche Engel

Titel: Der falsche Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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zuklappend. »Warum bin ich gefesselt?«
    Nikolai übersetzte halblaut.
    »Nicht nötig, das kann ich selbst. Bind mich los«, sagte Stas ruhig und fügte höflich auf Englisch hinzu: »Bitte erklären
     Sie mir, was hier los ist.«
    »Sie haben sich aggressiv verhalten, haben Ihrem Freund ins Gesicht geschlagen«, erklärte die Ärztin sanft.
    »Ich? Das kann nicht sein. Ich erinnere mich an nichts.« Seine Augen wurden ganz rund, seine Fassungslosigkeit war echt.
    Es trat Stille ein. Alle schauten in das blasse, erstaunte Gesicht des Patienten und fanden darin keinerlei Anzeichen für
     Irrsinn.
    »Gut«, brach die Ärztin schließlich das Schweigen, »erzählen Sie mir, woran Sie sich erinnern. Wie haben Sie den Abend verbracht?«
    »Ich habe meine Eltern zum Flughafen begleitet. Mein Vater ist schwerkrank.«
    Die Ärztin sah zu Iliadi, der nickte schweigend.
    »Fahren Sie bitte fort«, bat die Ärzin.
    »Vor ein paar Tagen wäre ich beinahe tödlich verunglückt. Auf einer Bergstraße kam mir ein riesiger Laster entgegen. Mein
     Motorrad stürzte in den Abgrund, ich konnte im letzten Moment beiseite springen. Mir schien, als hätte in dem Laster neben
     dem Fahrer eine Frau gesessen, der ich zuvor in Moskau begegnet bin. Heute auf dem Flughafen sah ich eine ähnliche Frau, die
     Nerven gingen mit mir durch, ich stürzte mich auf sie und wollte klären, wer sie ist. Doch dann begriff ich, dass ich mich
     geirrt hatte.«
    Die Ärztin sah fragend zu Nikolai, und der nickte bestätigend.
    »Was geschah dann?«
    »Ich fuhr vom Flughafen zurück nach Hause. Ich fühlte mich nicht wohl, erstens wegen meines Vaters und zweitens, weil ich
     mich noch immer nicht von dem kürzlichen Stress in den Bergen erholt habe. Bitte binden Sie mich los, es ist sehr unbequem,
     so zu sitzen.«
    »Versprechen Sie, sich ruhig zu verhalten?«, fragte die Ärztin.
    »Ja, natürlich.«
    Sie nickte Nikolai zu, und der löste widerwillig die Fesseln. Wieder frei, bewegte Stas die Schultern und rieb sich die Handgelenke.
    »Was taten Sie, als Sie vom Flughafen nach Hause kamen?«
    »Ich erinnere mich nicht.« Stas seufzte schwer. »Ehrenwort, da klafft eine Lücke. Wahrscheinlich hab ich mich schlafen gelegt.«
    »Ich glaube, Sie sagen nicht die Wahrheit«, bemerkte die Ärztin sanft. »Keine Angst, niemand macht Ihnen Vorwürfe. Wir verstehen,
     dass es Ihnen peinlich und unangenehm ist, sich an Ihren Zusammenbruch zu erinnern. Ich gebe Ihnen jetzt eine Spritze, und
     dann beruhigen Sie sich. Gut?«
    »Ja, natürlich«, willigte Stas schlaff ein.
    Die Ärztin brach eine Ampulle auf, füllte eine Spritze mit der farblosen Flüssigkeit und bat Stas, sich auf die Seite zu drehen.
     Die Spritze war schmerzhaft, und Stas stöhnte auf.
    »So, gleich werden Sie ruhig einschlafen. Hier droht Ihnen nichts. Möchten Sie auf dem Sofa liegen bleiben? Oder wollen Sie
     lieber ins Schlafzimmer?«
    »Ins Schlafzimmer«, bat Stas.
    »Ich begleite ihn.« Nikolai fasste ihn unter, brachte ihn ins Schlafzimmer und legte ihn ins Bett.
    Als Nikolai ins Wohnzimmer zurückkam, tranken Iliadiund die Ärztin Kaffee, den Oxana inzwischen gekocht hatte. Aus antiken Silbertassen – anderes Geschirr war nicht mehr da.
    »Er hat eine reaktive Psychose«, erklärte die Ärztin. »Die Symptome sind nicht ganz typisch, normalerweise toben Menschen
     in diesem Zustand nicht so heftig, sondern verkriechen sich eher in sich selbst. Aber das ist verschieden.«
    »Ist er nun normal oder verrückt?«, hakte Nikolai nach.
    »Wie soll ich das sagen? Es ist ein Grenzzustand. Können Sie intramuskuläre Injektionen geben?«
    »Ja.«
    »Wunderbar. Ich lasse Ihnen diese Schachtel da, sie enthält vierzehn Ampullen, und eine Packung Wegwerfspritzen. Sie spritzen
     ihm zwei Ampullen am Tag, morgens und abends, eine Woche lang.«
    »Und Sie garantieren dafür, dass sich das nicht wiederholt?«
    »Wie kann ich Ihnen irgendetwas garantieren?«, fragte sie pikiert. »Normalerweise werden solche Fälle bei uns ins Krankenhaus
     eingewiesen, und bei Ihnen bestimmt auch. Aber wir wollen hoffen, dass die Spritzen helfen. Vorerst ist er durchaus zurechnungsfähig.«
    »Was heißt vorerst?«
    »Eine weitere Stresssituation könnte irreperable Folgen haben.«
    Bevor sie sich verabschiedeten, nahm Nikolai Iliadi beiseite und fragte leise: »Wie viel?«
    »Na ja, in Anbetracht meiner langen Freundschaft mit dem General reichen Tausend. Obwohl die Sitution natürlich äußerst unangenehm
    

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