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Der falsche Engel

Der falsche Engel

Titel: Der falsche Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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ist.«
    Nikolai zog seine Brieftasche hervor, zählte tausend Dollar in Hunderterscheinen ab und reichte sie dem Griechen.
    »Danke. Soll ich Ihnen einen guten Zahnarzt empfehlen?«, fragte Iliadi lächelnd.
    »Ja, gern.«
    »Rufen Sie mich morgen früh an.«
     
    »Alexandros, was sind das für Leute?«, fragte die Ärztin, als sie ins Auto stiegen. »Warum werden in unserem Land Immobilien
     nur von russischen Kriminellen gekauft?«
    »Wie kommst du darauf, dass das Kriminelle sind? Ganz im Gegenteil. Die Villa gehört einem General vom Geheimdienst.«
    Bevor er den Motor anließ, reichte er ihr Geld.
    »Danke, Katerina.«
    »Heilige Gottesmutter, warum so viel?«, fragte sie erschrocken, während sie die Scheine zählte. »Das sind ja dreihundert Dollar!«
    »Schweigen hat seinen Preis, Katerina«, sagte Iliadi lächelnd. »Wenn du irgendwem erzählst, wo wir heute Nacht waren und was
     dort passiert ist, kriegen wir beide handfesten Ärger. Ich hoffe, das ist dir klar.«
     
    Ein hochgewachsenes blondes Mädchen stellte ihren Wagen auf dem Parkplatz eines Fünfsternehotels am Stadtrand von Kerkura
     ab und ging ins Foyer.
    »Guten Abend, Mademoiselle Irène«, begrüßte sie der ältere Portier auf Französisch. »Hier ist Ihr Schlüssel, Mademoiselle.«
    Sie warf den Schlüssel in ihre Handtasche und ging zu dem Ausgang, der zum Strand führte.
    »Mademoiselle Irène«, rief der Portier ihr nach, »wenn Sie vorm Schlafengehen noch einmal baden wollen, sollten Sie das lieber
     im Pool tun. Das Meer ist unruhig, und die Rettungsschwimmer haben schon Feierabend.«
    »Ich mag die Wellen«, erklärte sie und schüttelte ihr langes, aschblondes Haar.
    Am menschenleeren Strand warf sie ihre Sandalen ab,stellte sie neben eine Liege, stieg barfuß auf die kühlen Steine der langen Mole, lief langsam bis zu deren Ende, setzte sich
     hin und ließ die Beine baumeln.
    Am Horizont hing ein riesiger roter Mond, umgeben von feuerroten Fetzen kleiner, gefiederter Wolken. Über das lila Wasser
     führte ein blutroter Mondpfad zur Mole.
    Das Mädchen nahm ein Mobiltelefon aus der Handtasche, wählte eine ausländische Nummer und trällerte, das Meeresrauschen übertönend,
     hell ins Telefon: »Hallo, Juri! Ich bins! Ich glaube, er ist hiergeblieben. Lass überprüfen, ob er in Moskau angekommen ist.
     Ich wette, dass nicht.«
    »Erzähl mal, wie ist es gelaufen? Was macht unser Patient?«
    »Er hat sich auf dem Flughafen brüllend auf mich gestürzt. Ich habe die Polizei gerufen. Jedenfalls hatten alle ihren Spaß.
     Aber ich glaube, wir übertreiben ein bisschen. Wenn er verrückt wird, ist sein freimütiges Geständnis nichts mehr wert. Und
     wenn er sich aufhängt, schon gar nicht.«
    »Hast du ihm den Zettel zustecken können?«
    »Na klar! Aber er ist nicht abgeflogen, denke ich.«
    »Hast du dich erkundigt, ob er eingecheckt hat?«
    »Nein. Ich fand, nach unserer stürmischen Auseinandersetzung in Gegenwart zweier Polizeioffiziere sollte ich das lieber lassen.«
    »Ja, schon richtig. Bist du am Strand?«
    »Ja, wieso?«
    »Willst du baden?«
    »Natürlich!«
    »Lass das sein, Ira. Es ist zu starker Wellengang. Das höre ich.«
    »Du kannst mich mal, Juri«, lachte sie und streckte dem feuerroten Mond die Zunge heraus. »Ich schwimme jetzt ein bisschen,
     dann gehe ich ins Bett. Also, Küsschen, gute Nacht!«
    »Ruf mich nachher aus deinem Zimmer noch mal an!«, brummte der Bass. »Ich werd mir Sorgen machen!«
    Ohne eine Antwort schaltete sie das Telefon ab und steckte es in die Tasche, stand auf, streifte das weiße Leinenkleid und
     den Slip ab, steckte sich das seidige lange Haar hoch, sprang nackt in die dichten, glutroten Wellen und schwamm mit ausladenden,
     eleganten Bewegungen hinaus.
     
    Natalja erwachte, als die Landung angekündigt wurde. Aufmerksam betrachtete sie eine Weile das nun ganz spitze Profil ihres
     Mannes. Er hatte den Kopf zurückgeworfen, sein Mund stand offen, die bläulichen Lider waren nicht ganz geschlossen – durch
     die schmalen Spalten schimmerten die Augäpfel. Sie hielt den Atem an. Sie redete sich ein, dass sie ihm nur die Sicherheitsgurte
     anlegen wollte, beugte sich über ihn, presste das Ohr an seine Brust und atmete erst aus, als sie seinen schweren, unregelmäßigen
     Herzschlag hörte.
    »Wladimir, wach auf, wir landen«, flüsterte sie ihm ins Ohr.
    »Ja, ja, ich bin schon wach.« Er öffnete die Augen. »Bitte um ein Glas Wasser.«
    »Möchtest du Tablettten nehmen? So

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