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Der falsche Engel

Der falsche Engel

Titel: Der falsche Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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wieder eine Operation, am Freitag hielt sie Vorlesungen bei einem Weiterbildungslehrgang,
     und so weiter. Aber vor allem machte sich Julia im Grunde vor, Oleg werde sich noch besinnen, er sei doch eigentlich ein guter
     Mensch, er liebe sie und Schura, er habe einfach nur den falschen Beruf gewählt, darum laufe sein Leben so schief.
    Ein weiteres Jahr verging. Julias ältere Schwester Alexandra, tatkräftig und energisch, fand einen tüchtigen Wohnungsmakler,
     lieh Julia Geld, und bald darauf wurde Oleg Besitzer einer akzeptablen Einzimmerwohnung, und Julia und Schura blieben in der
     vertrauten Zweizimmerwohnung.
    »Das ist natürlich kompletter Schwachsinn«, sagte Alexandra, »deinem Mann eine Wohnung zu kaufen, um ihn loszuwerden. Aber
     Ruhe ist mehr wert als Geld.«
    Julia gab ihr völlig recht.
    Nun musste sie nur noch offiziell die Scheidung einreichen und die Verhandlung überstehen. Vor Gericht rastete Oleg derartig
     aus, dass Julia allein von der Erinnerung daran schlecht wurde. Doch für alles muss man zahlen, meine Liebe, auch für die
     Freiheit, und nicht nur mit Geld.
    Nach der Scheidung schien alles ausgestanden. Aber das war ein Irrtum. Oleg entflammte urplötzlich in großer Vaterliebe. Er
     ging mehrfach zur Direktorin von Schuras Schule und verlangte, seine Tochter zu sehen.
    Als Julia auf dem Klinikparkplatz ankam, war sie endgültig gereizt und schon am Morgen erschöpft – nur von den Erinnerungen.
     Dabei hatte sie noch den ganzen Tag vor sich.

Fünfzehntes Kapitel
    Ich werde von einem Verrückten verfolgt, sagte sich Stas im Stillen, während er das scheußliche graue Stadtviertel verließ,
     natürlich, ganz einfach. Juri Michejew hat wegen Mordes gesessen, logisch, dass er nun nicht mehr richtig tickt. Dazu der
     Alkohol. Säuferwahn.
    Stas erblickte im Spiegel seine irren, geröteten Augen und wusste auf einmal, dass das Unsinn war. Sein Vater und Oberst Raiski
     brauchten ihm nur ein paar konkrete Fragen zu stellen, und schon würde seine Hypothese von Juri, dem Psychopathen, zusammenbrechen.
    Natalja warf sich ihrem Sohn an den Hals und ließ ihn lange nicht los, streichelte seinen Kopf und flüsterte mit weinerlicher,
     schwacher Stimme: »Mein Junge, mein Sohn …«
    Der Vater kam aus dem Wohnzimmer und lehnte sich schweigend gegen den Türrahmen.
    »Hallo, Papa«, sagte Stas und schob die Mutter behutsam von sich.
    »Evelina hat angerufen«, teilte ihm der Vater gleichgültig mit, »du möchtest dich bitte gleich bei ihr melden.«
    »Das kann warten!«, knurrte Stas, warf seine Jacke ab und hängte sie auf einen Bügel. »Mama, du hast gesagt, es gibt Borschtsch.«
    »Nein, das kann nicht warten.« Wladimir trat zu seinem Sohn und packte ihn am Oberarm, wie früher, wenn er ihn bestrafen wollte.
     »Evelina ist die Frau, bei der du übernachtet hast und mit der du im Restaurant warst an dem Abend, an dem Georgi getötet
     wurde. Streng dein Spatzenhirn gefälligst an und begreif endlich, was hier los ist.«
    »Woher weißt du, wer Evelina ist?«, flüsterte Stas heiser und sah seinen Vater hasserfüllt an.
    »Ich weiß es eben. Du rufst sie jetzt sofort an, und dann fahren wir beide zu ihr.«
    »Wo wollt ihr denn so spät noch hin, Wladimir? Es ist doch schon nach elf«, jammerte Natalja, doch der General ignorierte
     sie.
    »Hier – ruf an.« Er zog das Telefon aus der Tasche seiner Flanelljacke und hielt es Stas hin.
    »Papa, spiel nicht verrückt. Evelina ist dumm und hysterisch, sie bildet sich irgendwelchen Blödsinn ein …«
    Aber der Vater drückte bereits die Tasten.
    »Evelina? Noch einmal Guten Abend. Hier ist Gerassimow. Ja, er ist hier, aber er kann jetzt nicht reden. Er bittet Sie, mir
     alles zu sagen. Nein, natürlich nicht am Telefon. Wir kommen zu Ihnen. Danke. Bis gleich.« Wladimir legte das Telefon hin
     und ging ins Schalfzimmer, ohne Stas auch nur anzusehen. Stas rannte ihm nach.
    »Was ist los, Papa?«
    »Hast du das nicht kapiert?« Der General zog seine Hausjacke aus, nahm einen Pullover aus dem Schrank und streifte ihn über
     sein altes kariertes Hemd. »Ich fahre zu deiner Evelina. Du mach, was du willst. Von mir aus bleib hier und friss Borschtsch.«
    »Zieh wenigstens eine andere Hose an, Wladimir«, sagte Natalja.
    Der General zog die Trainingshose aus, verhedderte sich darin und wäre beinahe gestürzt. Er lief dunkelrot an, atmete laut
     und schwer und krümmte sich plötzlich krampfhaft.
    »Wladimir, was hast du?« Natalja griff nach seinem

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