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Der falsche Freund

Titel: Der falsche Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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Gebäude am Ende einer langen Häuserreihe. Ich konnte erst in der nächsten Straße parken, sodass ich völlig durchnässt war, bis ich das Haus erreichte. Das St. Cecilia’s war ein Altersheim. Sobald ich die Schwingtür geöffnet hatte, schlugen mir der Geruch von Reinigungsmitteln und all die anderen Gerüche entgegen, welche diese vergeblich zu überdecken versuchten. Der Empfang war nicht besetzt. Ich blickte mich um. Aus dem Eingangsbereich zweigte ein Gang ab. Eine dicke Frau in einem hellblauen Nylonmantel wischte dort gerade etwas auf. Ich räusperte mich, um sie auf mich aufmerksam zu machen.
    »Hallo«, sagte ich, als sie sich zu mir umdrehte. »Gibt es hier im Haus eine Mrs. Block?«
    Es war nur ein Versuch. Möglicherweise handelte es sich bei dieser Nan ja um eine Verwandte von Brendan.
    »Nein«, antwortete die Frau.
    »Ihr Vorname ist Nan.«
    »Es gibt hier keine Nan.« Sie wandte sich wieder ihrer Arbeit zu.
    Ich zog den Brief aus meiner Tasche.
    »Sie wohnt in Raum drei. Im Leppard-Flügel.«
    Die Frau zuckte mit den Achseln.
    »Dann muss es Mrs. Rees sein. Den Gang entlang, die Treppe hinauf, im ersten Stock wieder den Gang entlang, am Fernsehraum vorbei. Es könnte allerdings sein, dass sie beim Fernsehen ist.«
    Ich ging nach oben. Im Fernsehraum sahen sich drei alte Frauen und ein alter Mann eine Kochsendung an. Bei ihnen saß noch eine weitere alte Frau, die aber den Kopf zur Seite gedreht hatte.
    »Ist eine von Ihnen Mrs. Rees?«, fragte ich.
    Sie schauten auf, irritiert über die Störung.
    »Sie ist in ihrem Zimmer«, antwortete eine der Frauen.
    »Sie geht nicht mehr viel aus.« Offenbar galt ein Aufenthalt im Fernsehraum bei ihnen als Ausgehen.
    In Raum drei gab es ein Bett, einen Sessel und einen Tisch in der Ecke, außerdem ein Waschbecken, einen Papierkorb und ein in der rechten oberen Ecke gesprungenes Fenster mit einem schönen Blick auf einen Sportplatz. Mrs. Rees saß mit dem Rücken zur Tür. Ich ging zu ihr. Sie trug einen Morgenmantel.
    Ihr Gesicht war dem Licht zugewandt, das von draußen hereinfiel, aber ihr Blick wirkte leer.
    »Mrs. Rees?«
    Ich stellte mich so hin, dass sie mich sehen konnte, aber sie reagierte nicht. Ich kniete mich neben ihren Sessel und legte eine Hand auf ihren Arm. Sie richtete den Blick auf die Hand, nicht auf mich.
    »Ich bin wegen Brendan hier«, erklärte ich. »Brendan Block.
    Kennen Sie ihn?«

    »Tee«, sagte sie. »Es ist Tee.«
    »Nein«, erwiderte ich etwas lauter. »Brendan. Sie wissen schon, Brendan.«
    »Es ist Tee«, sagte sie wieder.
    »Soll ich Ihnen eine Tasse Tee holen?«, fragte ich.
    »Es ist Tee.«
    »Mrs. Rees?«
    Diesmal antwortete sie nur mit einem Wimmern. Das Ganze war ein Fiasko. Ich wusste nicht mal, ob diese Frau wirklich Mrs. Rees war. Ebenso wenig wusste ich, ob es sich bei Mrs. Rees überhaupt um die Frau handelte, auf die sich die Notiz bezog. Womöglich war sie eine neue Bewohnerin dieses Raums. Ich wusste ja noch nicht mal, ob die Frau, auf die sich die Notiz bezog, wirklich etwas mit Brendan zu tun hatte, und selbst wenn sie etwas mit ihm zu tun hatte, war mir nicht so ganz klar, was ich eigentlich von ihr erfahren wollte. Und falls tatsächlich die richtige Frau vor mir saß, würde sie ganz offensichtlich nicht in der Lage sein, mir irgendetwas zu erzählen. In meiner Verzweiflung stand ich auf und begann im Raum umherzuwandern. Mir fiel auf, dass nichts Scharfkantiges oder Zerbrechliches herumstand, sogar das Geschirr bestand aus Plastik. Über dem Tisch entdeckte ich zwei Fotos, die mit Klebeband an der Wand befestigt waren. Das eine schien ziemlich alt zu sein und zeigte einen schnurrbärtigen Mann in Uniform. Er hatte seine Kappe keck aufgesetzt und lächelte spitzbübisch. Wahrscheinlich ihr Ehemann. Auf dem zweiten Foto war eine Frau zu sehen, die zwei Kinder an der Hand hielt.
    Ich nahm es genauer in Augenschein. Es handelte sich um die Frau im Sessel. Auf dem Foto wirkte sie etliche Jahre jünger, ihr Haar war zwar bereits grau, aber längst noch nicht so weiß wie jetzt. Der etwa zehnjährige Junge im schicken Schulblazer, der neben ihr in die Kamera grinste, war unverkennbar Brendan. Ich nahm das Foto von der Wand und hielt es der Frau hin.

    »Mrs. Rees«, sagte ich und deutete auf das Foto. »Das ist Brendan.«
    Mit gerunzelter Stirn betrachtete sie die Aufnahme.
    »Das ist Simon«, sagte sie.
    »Simon?«
    »Simon und Susan.«
    Als ich ihr weitere Fragen zu stellen versuchte, begann sie erneut über

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