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Der falsche Freund

Titel: Der falsche Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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lief ebenfalls gut. Wir aßen in einem Lokal gleich bei mir um die Ecke, und der Abend verging wie im Flug.
    Plötzlich waren wir die letzten Gäste im Restaurant, und der Koch kam mit einem Glas Wein aus der Küche und unterhielt sich mit uns. Zwanzig Minuten später standen wir in meinem Hauseingang und küssten uns. Nach einer Weile löste ich mich von ihm und lächelte.
    »Ich würde dich ja gern noch zu mir einladen«, sagte ich.
    »Aber …?«
    »Bald«, antwortete ich. »Ganz bald. Es war so ein schöner Abend, ich habe mich sehr wohl gefühlt, und ich mag dich wirklich sehr gern. Ich bin bloß noch nicht …«
    »Sicher?«
    »Bereit. Ich bin sicher, Nick.«
    »Kann ich dich morgen sehen?«
    »Ja, natürlich …« Dann fiel es mir wieder ein. »Mist. Tut mir Leid. Ich muss … Du wirst es nicht glauben, aber ich muss zu meinen Eltern. Das ist im Moment alles ein bisschen kompliziert. Ich werde es dir erzählen. Aber nicht jetzt.«
    »Wie wär’s mit übermorgen?«
    »Das wäre wunderbar.«

    Als ich bei meinen Eltern eintraf, hatte ich ziemlich schlechte Laune. Ich war über die Einladung ohnehin nicht gerade begeistert gewesen, und dann rief mich meine Mutter auch noch in letzter Sekunde an und bat mich, mich besonders fein zu machen. Ich hatte meine Hose und das lässige Oberteil wieder ausgezogen und war stattdessen in mein blaues Samtkleid geschlüpft, das ich schon so lange besaß, dass sich mittlerweile der Saum wellte.
    »Du siehst sehr hübsch aus, Liebes«, sagte meine Mutter, als sie mich hereinließ.
    Ich brummte bloß etwas vor mich hin. Wenigstens hatte sie mich nicht gefragt, wie es mir gehe. Meine Eltern hatten sich so richtig in Schale geworfen. Troy war ebenfalls da. Er trug eine seiner üblichen Kombinationen, eine Kordhose und einen ausgewaschenen grünen Pulli, der ihm eigentlich sehr gut stand.
    Troy ist ein ziemlich gut aussehender junger Mann oder könnte es zumindest sein, aber irgendetwas an ihm wirkt immer eine Spur schräg.
    »Schön, dich zu sehen, Miranda«, begrüßte mich mein Vater.
    »Zurzeit sehen wir uns recht oft, nicht?«
    »Wo sind denn die Turteltäubchen?«, fragte ich.
    »Miranda!«, erwiderte meine Mutter in vorwurfsvollem Ton.
    »Wieso? Das habe ich doch nicht böse gemeint.«
    »Sie müssten eigentlich jeden Moment …« Noch ehe sie den Satz zu Ende sprechen konnte, klingelte es. Sie lächelte mich an.
    »Du kannst ihnen gleich aufmachen«, meinte sie und schob mich in Richtung Eingang.

    Ich öffnete die Tür, und da waren die beiden: eng umschlungen, lachend, verliebt. Bevor sie ins Haus stürmten, nutzten sie die Gelegenheit, mich mit einer ihrer Gruppenumarmungen zu begrüßen. Als ich sie dann anschließend im Licht des Wohnzimmers genauer betrachtete, stellte ich fest, dass sie auffallend schick wirkten: Kerry trug ein violettes Satinkleid, das ich noch nie an ihr gesehen hatte. Es schmiegte sich eng um Hüften und Brüste. Jedes Mal, wenn sie Brendan ansah, sprach aus ihrem Blick Begierde. Die beiden wirkten wie ein Paar, das ungefähr acht Sekunden zuvor miteinander im Bett gewesen war. Brendan trug einen teuer aussehenden Anzug aus einem glänzenden Stoff und dazu eine große farbenfrohe Krawatte, auf der eine mir unbekannte Comicfigur prangte. Er hatte eine Einkaufstüte dabei, aus der er nun zwei schimmernde, mit Wassertropfen bedeckte Champagnerflaschen hervorholte. Auf dem Tisch standen bereits sechs Sektkelche bereit. Nachdem er die Flaschen abgestellt hatte, griff er nach einem der Gläser und schlug mit dem Finger leicht dagegen, sodass es klang wie eine kleine Glocke.
    »Ohne große Vorrede«, begann er. »Ich freue mich so, dass ihr alle hier seid. Kerry und ich wollten, dass ihr es als Erste erfahrt.« Ich spürte, wie sich mein Magen verkrampfte. »Gestern Abend habe ich Kerry zum Essen ausgeführt. Und ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich kurz vor dem Dessert für ziemliches Aufsehen gesorgt habe. Ich bin nämlich neben ihr auf die Knie gesunken und habe sie gefragt, ob sie meine Frau werden möchte. Und ich bin sehr glücklich, euch berichten zu können, dass sie ja gesagt hat.«
    Kerry hob mit einem scheuen Lächeln die Hand, um uns ihren Ring zu zeigen. Ich sah zu meiner Mutter hinüber, der bereits die Tränen über die Wangen liefen. Sie ging mit ausgestreckten Armen auf die beiden zu. Nachdem sie sie umarmt hatte, trat ich ebenfalls vor.

    »Kerry«, sagte ich, »ich freue mich so für dich.«
    »Moment, Moment«, warf Brendan

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