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Der falsche Freund

Titel: Der falsche Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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dabei wie zwei Idioten angegrinst.

    »Über was grinst du so?«
    »Hmm? Oh, nichts.«
    »Hier. Das ist das Erste.« Kerry parkte am Randstein und starrte mit zweifelnder Miene auf ihre Unterlagen. »Hier steht, es handle sich um eine Maisonette mit zwei Schlafzimmern.
    Angeblich sind viele Details aus der Entstehungszeit des Hauses erhalten geblieben.«
    »Steht da auch, dass es direkt neben einem Pub liegt?«

    »Nein.«
    »Na ja, sehen wir es uns trotzdem mal an.«
    Ein Häuserkauf ist immer eine gefährliche Sache.
    Normalerweise weiß man schon auf den ersten Blick, ob man ein Haus mag, noch bevor man einen Fuß hineingesetzt hat. Es ist fast wie bei einer Beziehung, da heißt es ja auch immer, das Entscheidende sei der erste Eindruck, die wenigen Momente, bevor das Gehirn sich einschalte. Man muss sich in das Haus verlieben, das man kauft. Alles andere – ob das Dach in Ordnung ist, die Rohre gut sind, die Anzahl der Räume ausreicht
    – ist am Anfang zweitrangig. Mauern kann man einreißen, Rohre erneuern, aber die Liebe kann man nicht erzwingen. Ich war als Expertin dabei, als die Stimme, die zur Vorsicht mahnte.
    Als Kerry klopfte, flog sofort die Tür auf, als hätte uns die Frau bereits durch ihren Spion beobachtet.
    »Hallo, kommen Sie herein. Bitte stolpern Sie nicht über die Stufe. Soll ich Sie herumführen, oder möchten Sie selbst schauen, dann könnten Ihnen allerdings ein paar Details entgehen. Hier herein, kommen Sie erst mal hier herein, das ist das Wohnzimmer. Sie müssen entschuldigen, dass so ein Chaos herrscht …« Sie war groß und atemlos und sprach sehr hektisch, ihre Worte überschlugen sich fast. Sie lotste uns über wild gemusterte Teppiche von einem Raum in den nächsten. An den Wänden hingen unzählige Teller, die sie gesammelt hatten, aus Venedig, Amsterdam, Scarborough, Cardiff, Stockholm, und ihr Anblick bewirkte, dass mir die Frau Leid tat. Sie zog schwungvoll Türen auf, zeigte uns den Wäschetrockenschrank und den neuen Boiler, die zweite Toilette, die in eine von der Küche abgeknapste Nische gezwängt war, die Dimmerschalter in dem winzigen Schlafzimmer, das Gästezimmer, das eher wie eine Besenkammer aussah und ebenfalls nachträglich abgeteilt worden war, noch dazu von einem Pfuscher. Als die Frau einen Moment nicht hersah, lehnte ich mich gegen die Wand und spürte, wie sie nachgab. Kerry murmelte höfliche Kommentare und blickte sich mit glänzenden Augen um. Wahrscheinlich überlegte sie schon, wo sie das Kinderbett hinstellen sollte.
    »Fühlen Sie sich durch das Pub gestört?«, fragte ich die Frau.
    »Das Pub?« Sie tat überrascht, zog die Stirn kraus. »Ach, das.
    Nein. Das hört man kaum. Vielleicht mal am Samstagabend …«
    Wie aufs Stichwort setzte nebenan laute Musik ein. Man spürte durch die Wand sogar das Vibrieren der Bässe. Die Frau errötete, redete dann aber weiter, als hätte sie nichts gehört. Ich warf einen Blick auf die Uhr: Es war halb zwölf am Sonntagvormittag. Wir sahen uns den Rest des Hauses trotzdem noch an, priesen die schöne Aussicht, die man vom Bad aus hatte, bewunderten den keilförmigen Garten. Je weniger einem ein Haus gefiel, desto mehr musste man so tun, als ob.
    Allerdings hatte ich nicht den Eindruck, dass uns die Frau auf den Leim ging.
    »Was meinst du?«, fragte mich Kerry, nachdem wir wieder draußen waren. »Wenn wir …«
    »Auf keinen Fall. Nicht mal für den halben Preis.«

    »Die Hütte ist am Einfallen«, erklärte ich, nachdem wir das zweite Haus verlassen hatten.
    »Aber …«
    »Daher auch der günstige Preis. Das Haus ist auf den ersten Blick erschwinglich, aber um es herzurichten, müsstest du noch mal die gleiche Summe hineinstecken. Ich bezweifle, dass es dir jemand versichern würde.«
    »Es ist so ein hübsches Haus.«
    »Es ist eine Ruine. Die schlimmsten Stellen in der Diele sind neu verputzt und gestrichen worden, aber man sieht trotzdem noch, dass es überall feucht ist. Ich habe außerdem den Eindruck, dass das ganze Haus abgesackt ist. Das müsste man erst mal von einem Statiker überprüfen lassen. Die Fensterrahmen sind definitiv schon halb verrottet, und die Elektrik stammt aus der Steinzeit. Verfügst du über das nötige Kapital, um es zu renovieren?«
    »Vielleicht, wenn Bren einen Job gefunden hat …«
    »Ist er denn auf der Suche?«
    »O ja. Er denkt ständig darüber nach, was das Richtige für ihn sein könnte. Er sieht es als Chance, noch mal ganz von vorn anzufangen und endlich die Art

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