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Der falsche Freund

Titel: Der falsche Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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einigen seiner Kollegen vorgestellt hatte, holte er mir an dem Automaten gleich neben seinem Büro einen Kaffee. Vicky Reeder, die junge Beamtin, die sich nach Troys Selbstmord um mich gekümmert hatte, kam herein und sagte hallo. Dann führte mich Rob – wir waren übereingekommen, uns beim Vornamen zu nennen – in sein Büro, wo er mich als Erstes auf die schöne Aussicht hinwies. Eigentlich waren jenseits der hohen Mauer, die den Parkplatz mit den Polizeiwagen umgab, nur ein paar Bäume zu sehen, aber er wusste genau, um welche Baumarten es sich handelte, und schien sehr stolz darauf zu sein. Vielleicht wollte er mich damit aber auch nur beruhigen, denn als er sich schließlich zu mir umdrehte, fragte er mich, wie es mir gehe.
    Als ich ihm antwortete, dass ich völlig am Ende sei, dass wir alle völlig am Ende seien, nickte er und meinte, das könne er gut verstehen.
    »Es ist sehr schwer, mit so etwas umzugehen«, fügte er hinzu.
    »Seltsam«, sagte ich. »Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass Sie erstaunt sein würden, mich zu sehen, aber Sie tun fast so, als hätten Sie mich erwartet.«
    Er lächelte mich mitfühlend an.
    »Erwartet habe ich Sie nicht gerade«, entgegnete er, »aber Ihr Besuch kommt auch nicht völlig überraschend. Nach einer solchen Tragödie neigen viele der Hinterbliebenen dazu, das Geschehene in Gedanken immer wieder Revue passieren zu lassen. Sie fragen sich, ob sie etwas hätten tun können, um es zu verhindern. Der Gedanke lässt sie nicht mehr los, sie werden ganz besessen davon. Dann brauchen sie jemanden, mit dem sie darüber sprechen können. Manchmal kommen sie her, um mit uns alles noch mal genau durchzugehen, obwohl sie selbst nicht so recht wissen, was sie damit eigentlich bezwecken. Sie empfinden das Ganze so sehr als ein Verbrechen gegen ihre eigene Person, dass sie glauben, es handle sich wirklich um ein Verbrechen.«
    »Sie glauben also, ich benutze Sie als eine Art Therapie?«
    Er nahm einen Schluck von seinem Kaffee.
    »Sie haben Ihren Bruder gefunden. Ein solches Erlebnis muss man erst mal wegstecken.«
    »Darum geht es nicht«, widersprach ich. »Ich habe Ihnen wichtige Dinge zu sagen.«
    Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und betrachtete mich argwöhnisch.
    »Was für Dinge?«
    Ich erzählte ihm von meinem Verdacht. Ich hatte sogar den Strick mitgebracht. Nachdem ich ihn aus meiner Tasche geholt und auf seinen Schreibtisch gelegt hatte, zuckte er nur ein wenig mit den Achseln.
    »Wie ich schon gesagt habe, es dauert eine Weile, bis man über so etwas hinwegkommt.«
    »Das heißt, Sie haben mir überhaupt nicht zugehört.«
    »Was genau wollten Sie mir denn sagen, Miranda?«
    »Ich habe Troy gekannt«, antwortete ich. »Besser als sonst jemand. Er hatte nicht vor, sich umzubringen.«
    »Er litt an schweren Depressionen.«
    »Er befand sich gerade in einer guten Phase.«
    »Depressionen sind von außen schwer zu beurteilen«, gab er zu bedenken. »Manchmal ist ein Selbstmord das erste erkennbare Symptom.«
    »Das Ganze ist nicht bloß so ein Gefühl von mir. Denken Sie an all die anderen Details, die ich erwähnt habe. Beispielsweise die Uhr.«
    Er sah mich fragend an.
    »Das meinen Sie doch nicht ernst, oder? Ihr Bruder hat vergessen, nach seinem Nachmittagsschlaf die Uhr wieder anzulegen. Und wenn schon? Das passiert mir ständig, und er war noch dazu depressiv. Wenn man depressiv ist, vergisst man eben manche Sachen.«
    »Was ist mit dem Strick?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »In meinem Haushalt gab es keinen Strick. Er ist extra gekauft worden. Brendan hat behauptet, nichts davon zu wissen, und dann habe ich das hier bei seinen Sachen gefunden. Wie ich Ihnen bereits erzählt habe, wurde ich von ihm dabei ertappt, wie ich danach suchte.«
    »Wissen Sie, Miranda, was das betrifft, muss ich Ihrer Schwester Recht geben. Man sucht nicht einfach in den Sachen anderer Leute herum, ohne vorher deren Erlaubnis einzuholen.
    So etwas bringt einen zwangsläufig in Schwierigkeiten.«
    »Die habe ich schon«, erklärte ich. »Meine ganze Familie ist schrecklich wütend auf mich.«
    »Tja, was soll ich sagen?«
    »Aber das macht mir nichts aus«, fuhr ich fort. »Das Wichtigste ist, dass der Sache auf den Grund gegangen wird.«
    »Ich verstehe nicht recht, worauf Sie eigentlich hinauswollen.«
    Ich schwieg einen Moment. Mir war daran gelegen, meinen Verdacht ruhig und sachlich zu formulieren.
    »Ich bin der Meinung, dass Brendan Troy zumindest dazu ermutigt hat, sich

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