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Der falsche Freund

Titel: Der falsche Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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ich jetzt womöglich den Eindruck machte, als wäre ich gerade aus einer Anstalt entlassen worden.
    Ich trug die Weinflasche an unseren Tisch. Das war noch so ein Punkt. Ich hatte mir vorgenommen, meinen Alkoholkonsum einzuschränken, obwohl ich nicht das Gefühl hatte, in dieser Hinsicht wirklich schon das Maß verloren zu haben. Aber erst mal musste ich andere Dinge klären. Während ich uns einschenkte, sah Laura mich an und holte dann lächelnd eine Packung Marlboro Lights und ein Feuerzeug aus der Tasche.
    »Du hast wieder angefangen«, stellte ich fest.
    »Ich hab immer so gerne geraucht.« Mit diesen Worten zog sie eine Zigarette aus der Schachtel und steckte sie sich zwischen ihre glänzend roten Lippen. »Und dann dachte ich plötzlich: Warum eigentlich nicht? Ich werde erst wieder damit aufhören, wenn ich alt bin. Möchtest du auch eine?«
    Sie betätigte das Feuerzeug und hielt die Flamme an die Zigarette. Dann stieß sie eine kleine Wolke dichten Rauchs aus.
    Fast hätte ich ja gesagt. Der Geruch erinnerte mich daran, wie wir früher ganze Nächte lang getrunken, geraucht und gelacht hatten. Aber ich schüttelte den Kopf. Ich musste unbedingt versuchen gesünder zu leben, auch wenn es nur ein erster schwacher Versuch war. Es fiel mir nicht leicht. Laura sog den Rauch tief in ihre Lungen und schien jeden Zug zu genießen. Ich nahm einen großen Schluck Wein, um mich abzulenken.
    »Ich hatte gehofft, wir könnten einen Spaziergang machen«, sagte ich.
    Laura sah mit angewiderter Miene aus dem Fenster.
    »Bei dem Wetter?«
    »Ich brauchte dringend frische Luft, um einen klaren Kopf zu bekommen.«
    »Da musst du allein gehen«, erklärte Laura mit Nachdruck.
    »Ich bin dafür nicht angezogen.«
    Ich hatte mir genau überlegt, was ich zu Laura sagen würde, damit es möglichst plausibel und vernünftig klang. Aber irgendwie kam es nicht so rüber, wie ich mir das vorgestellt hatte. Was ich ihr über Troy und Brendan und meinen Besuch bei der Polizei erzählte, wurde zu einer Übung in freiem Assoziieren, bei der ich von einem Thema zum nächsten sprang, weil mir immer wieder etwas Neues einfiel. Als ich fertig war, hatte sich Laura bereits die dritte Zigarette angezündet.
    »Das sieht dir gar nicht ähnlich, Miranda«, meinte sie.
    Ich holte tief Luft und versuchte, nicht wütend zu werden.
    »Ich wollte von dir kein Urteil über meinen psychischen Zustand«, entgegnete ich. »Zumindest noch nicht. Ich wollte bloß, dass du dir anhörst, was ich zu sagen habe. Da fügt sich nämlich eins ins andere.«
    »Weißt du, was ich an dir immer am meisten bewundert habe, Miranda? Du warst immer so gut in der Lage, Dinge abzuschließen und hinter dir zu lassen. Jedes Mal, wenn ich im Leben nicht mehr weiterkam, warst du diejenige, zu der ich gehen konnte und von der ich immer einen vernünftigen Ratschlag bekam.«
    »Jetzt bin ich diejenige, die zu dir kommt.«
    »Du solltest dich mal selber hören«, sagte Laura. »Das mit Troy tut mir so Leid. Aber du solltest dich wirklich mal hören.
    Ich weiß, wie schlimm eine Trennung sein kann. Ich weiß auch, wie es ist, wenn man von einem Mann verlassen wird. Du erinnerst dich bestimmt, wie dreckig es mir ging, als Saul mit mir Schluss machte. Ich konnte an nichts anderes mehr denken, fragte mich ständig, was ich falsch gemacht hatte. Es ist mir fast peinlich, es zu erwähnen, aber vielleicht erinnerst du dich, dass ich sogar mit Plänen angekommen bin, um ihn zurückzugewinnen. Erinnerst du dich?«
    »Natürlich erinnere ich mich.«
    »Tja, du musstest es dir schließlich auch in allen Einzelheiten anhören. Und weißt du auch noch, was du damals zu mir gesagt hast?«
    »Laura, es handelt sich um eine völlig andere Situation.«
    »Du hast zu mir gesagt, ich soll mich zusammenreißen und nichts unternehmen, was ich später bereuen könnte. Ich soll einfach ein bisschen Zeit vergehen lassen, dann würde die Sache schon ganz anders aussehen, dass könntest du mir versprechen.
    Ich hätte dir damals am liebsten eine geknallt, aber du hattest völlig Recht.«
    »Es geht hier nicht nur um eine Trennung, und außerdem habe ich Schluss gemacht, wie du sehr genau weißt, aber ich will nicht wieder davon anfangen …«
    »Herrgott noch mal, Miranda! Ich habe mit Brendan gesprochen. Er kann das alles genauso wenig verstehen wie ich.«
    »Was?«, fragte ich. »Mit Brendan? Du hast mit Brendan über mich gesprochen?«
    »Miranda …«
    »Du bist zu ihm übergelaufen. So sieht es aus.

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