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Der falsche Mann

Der falsche Mann

Titel: Der falsche Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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bringen wollte?«
    Der Richter deutete auf Wendy, blickte aber zu mir. » Abgesehen davon, dass diese Informationen viel zu spät kommen, sind sie auch nicht überzeugend«, sagte er. » Wenn Sie glauben, dass diese Personen etwas im Schilde führen – irgendeinen terroristischen Anschlag –, dann sollten Sie darüber mit dem FBI reden.«
    » Das habe ich bereits«, sagte ich.
    » Ach, das haben Sie bereits.«
    » Herr Richter, das Opfer in diesem Fall stolperte über diese Informationen, und eine Woche später war sie tot. Und als sie eine E-Mail an ihren Vorgesetzten in der Kanzlei schickte, kam diese Mail niemals an. Wir haben gerade mit diesem Vorgesetzten gesprochen, Tom Rangle. Diese Mail hat ihn nie erreicht. Also muss irgendjemand in der Kanzlei Kathys E-Mail-Verkehr überwacht und die betreffende Nachricht vernichtet haben. Und nur wenige Tage später hat er sie getötet. Ich habe mehr als genug, um es einer Jury zu präsentieren.«
    » Mal abgesehen von der erforderlichen Zeit.«
    Ich umklammerte beide Armlehnen meines Sessels. » Wenn Tom verurteilt würde, würde man mir in ein paar Monaten oder Jahren aufgrund dieser Information eine Anhörung wegen neuer Beweise gewähren. Aber ich ziehe es vor, die Beweise hier und jetzt vor einer Verurteilung offenzulegen. Geben Sie mir diese Chance, Herr Richter.«
    » Euer Ehren …«, sagte Wendy, aber ich unterbrach sie und fuhr fort.
    » Es geht hier um Gerechtigkeit, Euer Ehren«, sagte ich. » Ich meine, deswegen sind wir doch alle hier, oder? Klar, wir haben Regeln und Vorschriften, doch am Ende des Tages sollte keiner von uns – weder Sie noch ich noch die Anklage – verhindert haben, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Darum sind Wendy und ich Staatsanwälte geworden. Wir wollten das Richtige tun. Und ich versichere Ihnen, selbst wenn es eine Weile gedauert hat, ich bin auf Informationen gestoßen, die die Unschuld meines Mandanten beweisen. Ich schwöre Ihnen, die Anklage hat den falschen Mann. Und ich kann nicht fassen, dass irgendein Ultimatum mich davon abhalten soll, der Jury das zu zeigen.«
    Der Richter dachte über meine Ausführungen nach, was mehr war, als ich erwartet hatte.
    » Euer Ehren, ich möchte hier niemanden überrumpeln. Wenn die Anklage mehr Zeit braucht, um meine Informationen zu verarbeiten, dann ist das in Ordnung. Mein Mandant wird so lange eingesperrt bleiben. Sie kann alle Zeit der Welt haben. Verdammt, ich würde ihre Beteiligung sogar begrüßen. Das könnte uns möglicherweise zum richtigen Ergebnis führen. Und es könnte einen terroristischen Anschlag verhindern. Denn mit so etwas möchte ich mein Gewissen nicht belasten. Sie etwa?«
    Nach meinem letzten Kommentar starrte mich der Richter verdutzt an. Und genau darum ging es mir. Ich setzte auf den kleinen Schockeffekt, denn während ich diese Information seit Wochen mit mir herumgetragen hatte, hörten die anderen hier zum ersten Mal davon.
    Ich wusste nicht, ob irgendetwas davon Wirkung zeigen würde. Wahrheit und Gerechtigkeit waren in diesem Gerichtsgebäude ironischerweise wenig gebrauchte Begriffe, denn hier tummelten sich Anwälte, deren Idealismus im Laufe von jahrzehntelanger Berufsausübung geschwunden war. Kein praktizierender Jurist – ob Richter, Ankläger oder Verteidiger – verwechselte die Vorgänge in diesem Gebäude mit der Suche nach Gerechtigkeit. Aber es kam dem so nahe wie nur möglich. Ein alter Spruch lautete: Die Vereinigten Staaten haben das schlechteste Rechtssystem der Welt, mit Ausnahme aller anderen.
    In gewisser Weise musste ich jetzt also klingen wie ein idealistischer Jurastudent im ersten Semester. Aber Richter Nash kannte mich gut genug, um zu wissen, dass ich diese Rede nicht ohne Grund hielt.
    » Herr Richter«, sagte Wendy. » Herr Richter, das ist absurd. Und falls es das aus irgendeinem Grund nicht sein sollte, dann hat Mr. Kolarich die zuständigen Behörden ja bereits alarmiert. Es ist also möglich, ihn ernst zu nehmen und mit dem Prozess fortzufahren. Und sollte er am Ende tatsächlich recht behalten, so hat er selbst schon auf die Möglichkeit einer Revision hingewiesen.« Ich wollte antworten, aber sie erhob eine Hand und ihre Stimme. » Wenn ein Prozess jedes Mal zum Erliegen käme, nur weil ein Anwalt sich kurz davor wähnt, die Punkte zu verbinden, die zur vollständigen Entlastung seines Mandanten führen, dann käme es in keinem Gerichtssaal mehr zu einem Urteil.«
    Ich blickte hinüber zum Gerichtsschreiber und hatte

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