Der falsche Mann
und voilà, in seiner Vorstellung war es nun seine Waffe.«
» Einspruch. Aufforderung zur Spekulation.«
» Das ist nicht spekulativer als die Theorie der Anklage«, protestierte ich. Dies war keine zulässige Antwort auf den Einspruch, und jeder Jurist im Raum wusste das. Das Argument war Teil meines Abschlussplädoyers.
Der Richter gab dem Einspruch statt und ermahnte mich.
Was mich nicht sonderlich traf. Ich wollte ohnehin zu meinem zentralen Punkt zurückkehren. » Haben Sie mit Kathys Arbeitskollegen darüber gesprochen, ob jemand ein Problem mit ihr hatte oder ihr vielleicht etwas antun wollte?«
Danilo blickte auf und seufzte. » Ich glaube nicht, dass wir mit ihnen gesprochen haben, nein.«
» Und was ist mit ihren Freunden?«
» Nein, Sir. Wie ich bereits angedeutet habe …«
» War es nicht nötig. Ja, Detective. Sie haben also keine Ahnung, ob Kathy Rubinkowski möglicherweise Angst um ihr Leben hatte? Dass jemand ihr etwas antun könnte. Sie haben nicht in diese Richtung ermittelt?«
» Einspruch.« Wendy war aufgestanden. » Das ist alles Spekulation.«
» Euer Ehren, ich frage nur nach, wie umfassend beziehungsweise wie wenig umfassend die Ermittlungen geführt wurden.«
Richter Nash zögerte, dann wies er den Einspruch ab.
» Wir hatten unseren Mann, Herr Anwalt«, sagte Danilo.
» Sie können also der Jury nicht sagen, ob Kathy E-Mails an ihre Freunde oder Arbeitskollegen geschickt hat, in denen sie Angst um ihr Leben zum Ausdruck brachte?«
» Er hat bereits ausgesagt, dass er ihre E-Mails nicht gelesen hat, Herr Anwalt.« Das kam vom Richter.
Ich warf ihm einen Blick zu und fuhr fort. » Aber als leitender Ermittler in diesem Fall, Detective, wären das nicht interessante Informationen für Sie gewesen? Dass das Opfer sein Leben bedroht sah?«
» Einspruch. Unterstellung und Spekulation, Euer Ehren.«
» Abgelehnt. Der Zeuge soll antworten. Aber, Mr. Kolarich«, sagte der Richter und spähte über seine Brille hinweg auf mich herab, » reiten Sie nicht weiter darauf herum.«
» Ja, Euer Ehren.« Ich blickte zu Shauna, die mir zunickte. Sie hatte recht. Vermutlich war jetzt der richtige Zeitpunkt.
» Detective«, sagte ich, » trifft es nicht zu, dass Kathy Rubinkowski wenige Tage vor ihrer Ermordung mit ihren Erkenntnissen über eine kriminelle Verschwörung an die Öffentlichkeit gehen wollte?«
» Einspruch!« So schnell hatte ich Wendy noch nie aufspringen sehen. » Ich beantrage eine Unterredung unter Ausschluss der Jury, Euer Ehren.«
Der Richter winkte uns zu sich. Ich hatte zunächst überlegt, dem Richter meine ganzen bisherigen Ergebnisse vorzulegen und ihn zu bitten, sie als Beweise zuzulassen. Aber so war es besser. Egal wie Richter Nash entscheiden würde, nun hatte die Jury zumindest einmal davon gehört.
Der Richter kam von seiner Bank herunter. Seitlich davon trafen wir drei aufeinander.
Er bedachte mich mit einem langen Blick.
» Ich hoffe für Sie, dass an der Sache was dran ist, Mr. Kolarich«, sagte er.
78
Die beiden Anklägerinnen Wendy Kotowski und Maggie Silvers waren sprachlos. Sogar Richter Nash, der hinter seinem Schreibtisch im Richterzimmer saß, wirkte wie vor den Kopf geschlagen. Mein Mandant Tom Stoller saß still dabei und zeigte keinerlei Reaktion.
Wendy Kotowski sagte: » Herr Richter, ich muss davon ausgehen, dass es sich hierbei um einen Scherz handelt.«
» Mir ist bewusst, dass es spät kommt, Euer Ehren«, sagte ich. » Glauben Sie mir, ich weiß das. Aber zum ersten Mal habe ich etwas Konkretes, das ich Ihnen zeigen kann. Wenn ich früher damit vor Ihnen erschienen wäre, hätte ich vermutlich keine Chance gehabt.«
» Aber jetzt glauben Sie, Sie haben eine Chance?«, fragte der Richter. Ohne seine Robe, mit seinen knochigen Schultern und seiner gebeugten Haltung wirkte er fast zerbrechlich. Aber er hatte immer noch diese donnernde Stimme.
» Ich hoffe es zumindest, Euer Ehren. Ich weiß alles über Verfahrensregeln und nehme sie sehr ernst. Ich habe rund um die Uhr gearbeitet, um diese Beweise zu sammeln und um Ihnen mehr zu bieten als bloße Spekulationen.«
» Es sind immer noch Spekulationen«, sagte Wendy. » Diese Firma – Global Harvest – hat Düngemittel an eine ihrer Tochterfirmen verkauft? Eine weitere Firma hat ein weiteres Produkt ebenfalls völlig legal an dieselbe Tochterfirma verkauft? Kathy Rubinkowski kam deswegen auf die Idee, dass jemand eine Bombe baut, und wurde ermordet, weil man sie zum Schweigen
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