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Der falsche Mann

Der falsche Mann

Titel: Der falsche Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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Mailbox ab. Es war Dr. Braniq, unser Sachverständiger, der auf seine übliche knappe, präzise Art wissen wollte, wann im Verlauf der Woche seine Aussage im Stoller Prozess vorgesehen war.
    Ich hatte ganz vergessen, ihn anzurufen und ihm die Neuigkeit mitzuteilen, dass es keine Aussagen geben würde. Kurzzeitig war ich mit meinem Gedanken nicht mehr bei der terroristischen Verschwörung, sondern bei Toms Fall, den ich meiner tiefen inneren Überzeugung nach gründlich in den Sand gesetzt hatte. Ich war überheblich gewesen. Ich hatte mein Blatt überreizt.
    Ich rief Shauna an, um sie auf den neuesten Stand zu bringen. Ich erzählte ihr alles, was ich durfte, erklärte ihr aber, dass ich momentan zum Stillschweigen verpflichtet war.
    » Es wird also keine Evakuierung der City geben oder so was?«
    Ich seufzte. » Keine Ahnung. Ich weiß nicht mal, ob das FBI bereits endgültig darüber entschieden hat. Wir haben hier ein paar sehr beunruhigende Fakten zusammengetragen, doch in Wahrheit wissen sie weder, ob es morgen passiert, noch ob es überhaupt je passieren wird. Und überleg mal, wie unser Land aussähe, wenn man bei jedem beunruhigenden Gerücht in einer großen Metropole die Notbremse reinhauen und den ganzen Handel und Wandel zum Stillstand bringen würde? Denk an al-Qaida oder die Bruderschaft des Dschihad oder unsere einheimischen Spinner. Die würden überall falsche Bombenwarnungen streuen und gemütlich dabei zusehen, wie wir uns in den eigenen Schwanz zu beißen versuchen, Städte evakuieren und unsere gesamte Lebensweise ruinieren. Es wäre ein langsamer Tod durch tausend kleine Stiche. Die würden uns in die Knie zwingen, ohne einen einzigen Menschen zu töten.«
    Shauna schwieg längere Zeit. » Hört sich an, als hätten sie dich indoktriniert.«
    » Mir leuchten bloß ihre Argumente ein. Trotzdem – für mich passiert es morgen. Meiner Ansicht nach schlägt Manning bewusst am Jahrestag des schlimmsten Angriffs auf amerikanischem Boden zu.«
    » Aber warum hat er dann nicht den elften September gewählt?«
    Das war eine gute Frage. Ich hatte sie mir selbst schon gestellt. Vielleicht, weil an diesem Tag die Sicherheitsvorkehrungen überall zu hoch waren? Am Pearl Harbor Day dagegen würde die Regierung wohl kaum mit einem Anschlag rechnen.
    » Wie dem auch sei, meine Süße«, sagte ich, » versprich mir, dass niemand von euch morgen in die Nähe der Innenstadt kommt.«
    » Versprochen«, sagte sie.
    Ich ging hinüber zur Tür meines fensterlosen Raums und spähte hinaus. Dutzende hoch spezialisierter Agenten gaben ihr Bestes, um falsche Bombendrohungen und Telefonspäße von echten Gefahren zu unterscheiden und anschließend zu überlegen, ob Letztere wahrscheinlich oder eher unwahrscheinlich waren, ob sie bald oder in ferner Zukunft stattfinden würden. Und irgendwo in dieser Drei-Millionen-Stadt versuchten sie, drei mit hochexplosiven Stoffen beladene You-Ride-Mietlaster zu lokalisieren. Sie stocherten verzweifelt im Dunkeln, fahndeten nach irgendeinem Hinweis.
    Ebenso wie ich. Ich hatte die meisten Dokumente auf dem Tisch durchforstet und dabei auf irgendeinen Anstoß oder Geistesblitz gewartet – vergeblich. Und diese bittere Wahrheit schnürte mir den Magen zu und füllte meine Brust mit einem namenlosen Grauen.
    Wir hatten nicht die geringste Ahnung, wo diese drei Lastwagen steckten.
    ***
    Gegen dreiundzwanzig Uhr betrat Lee Tucker meinen Konferenzraum. In den letzten Stunden waren hier immer wieder Agenten ein und aus gegangen, hatten Fragen gestellt und Ideen in die Runde geworfen. Ich hatte selbst ein paar Hypothesen entwickelt. Aber nichts davon hatte sich bisher als wirklich tragfähig erwiesen.
    Lee blickte auf die halb gegessene Pizza und erwog offensichtlich, sich ein Stück davon einzuverleiben. » Ich hätte Sie schon bei unserem ersten Gespräch ernster nehmen sollen«, sagte er.
    Ich schwieg. Er hatte recht. Aber diese Jungs hatten einen harten Job mit dem ganzen Mist, den sie ständig aussortieren mussten.
    » Es ist vorbei«, sagte er zu mir. » Wir haben die Suche eingestellt. Wir können uns einigermaßen sicher sein, dass sich kein Laster mit einer Bombe im Geschäftsviertel befindet. Weder auf den Straßen noch in Parkhäusern oder auf Parkplätzen. Wir haben Block für Block durchkämmt.«
    » Was ist mit den Privathäusern?«
    Er zuckte mit den Achseln. » Nicht viele davon haben Garagen, wo einer dieser You-Ride-Laster reinpasst. Die Dinger sind über drei Meter hoch.

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