Der falsche Mann
es seine Wohnung, denn er hatte sie gekauft und kam auch für Nebenkosten und Steuern auf. Es war eines der etwas exklusiveren Apartments in der aufblühenden West Side. Er hatte Sasha bei der Wahl des Ortes freie Hand gelassen, aber da sie sich als Künstlerin fühlte, schätzte sie das Flair dieses Viertels.
Fowler parkte seinen Wagen, stieg aus und schlug den Mantelkragen hoch. Es war dunkel und kalt, und bevor er loslief, überprüfte er rasch die Umgebung auf drohende Gefahren.
Er bemerkte keine.
Er bemerkte Peter Ramini nicht, der ein Stück die Straße runter in einem Wagen saß, die Hände in den Manteltaschen vergraben.
Fowler war um 21.40 Uhr vor Sashas Apartmenthaus eingetroffen. Hätte Ramini die Bewegungen Lorenzos voraussagen müssen, hätte er darauf getippt, dass dieser vier Stunden in ihrem Apartment verbringen würde, bevor er wie üblich nach Hause zurückkehrte. Er kehrte stets nach Hause zurück. Er war noch nie die Nacht über bei Sasha geblieben.
Etwas mehr als vier Stunden später verließ Lorenzo den Aufzug in der Lobby des Gebäudes. Er nickte dem Mann am Empfang zu, ohne eine Spur von Schuldgefühl oder Scham. Nach so einem Abend mit Sasha fühlte er sich immer besser. Für eine Ukrainerin zauberte sie erstaunlich gute Gerichte mit italienischer Wurst und Paprika auf den Tisch. Und im Bett bewies sie eine gymnastische Beweglichkeit, die ihr bei den Olympischen Spielen sicher eine Goldmedaille eingetragen hätte. Nach der halben Flasche Wein, dem Essen und dem Sex war er in fast heiterer Stimmung.
Es war eine willkommene Verschnaufpause.
Doch die eisige Morgenluft sorgte für ein bitteres Erwachen in der Wirklichkeit. In letzter Zeit war es nicht gut gelaufen für Lorenzo. Dieser Stripclub-Besitzer, dem er einen Denkzettel mit dem Baseballschläger verpasst hatte, war vor zwei Tagen gestorben. Heute hatte bereits die Polizei auf dem Schrottplatz nach Lorenzo gesucht. Morgen würden sie wiederkommen. Paulie war sicher schon nervös.
Paulie war in letzter Zeit ständig nervös. Die Geschäfte liefen nicht mehr so wie früher. Klar, das FBI hatte immer schon rumgeschnüffelt, aber mittlerweile war die Überwachung so engmaschig geworden, dass man sich nirgendwo mehr sicher fühlen konnte. Heutzutage flüsterte Paulie seinen Leuten die Anweisungen nur noch direkt ins Ohr.
Was würde Paulie wohl davon halten, dass die Cops mit Lorenzo über den toten Stripclub-Besitzer reden wollten?
Lorenzo schauderte. Er dachte an das Gespräch kürzlich mit diesem Anwalt. Dieser Kolarich schien bereit zu sein, ihm zu helfen. Viele Anwälte kniffen gleich den Schwanz ein, wenn sie hörten, dass die Mafia mit im Spiel war. Aber für diesen Kolarich schien es eher ein zusätzlicher Kick. Außerdem hatte der Kerl Mumm; Lorenzo waren noch nicht viele Leute begegnet, die wussten, dass er in den Diensten der Capparellis stand, und die ihn trotzdem zum Teufel schickten. Egal wie sich dieser Kolarich geäußert hatte, der Mann würde für ihn da sein, wenn er ihn brauchte.
Die Identität von Gin Rummy preiszugeben, würde ihm den Arsch retten, da war er sich sicher. Das FBI würde sich einschalten und dafür sorgen, dass er im Fall des toten Stripclub-Besitzers ungeschoren blieb, möglicherweise sogar bei all den anderen Geschichten, die man ihm zur Last legte. War Gin Rummy erst mal aus dem Verkehr gezogen, fehlte Paulie sein wichtigster Vollstrecker. Er musste auf einen der wenigen Männer verzichten, denen er noch vertraute. Es war eine wertvolle Information. Es war Lorenzos Ticket in ein neues Leben. Er würde in jedem Fall an einen warmen Ort ziehen, so viel war klar. Und er würde dort ein Apartment für Sasha einrichten, wenn sie kommen wollte. Würde sie kommen?
Plötzlich beschlich Lorenzo ein merkwürdiges Gefühl, er fühlte sich irgendwie ausgesetzt. Nichts, worauf er den Finger hätte legen können, doch war es kein Zufall, dass er zweiundfünfzig Jahre lang überlebt hatte, fünfunddreißig davon in den Diensten der Capparellis.
Er verlangsamte seine Schritte, zog die Beretta hinten aus dem Hosenbund und hielt sie seitlich am Körper. Die Straßen waren verlassen. Die nächsten Bars lagen zwei Blocks entfernt. Bis auf ein Pärchen an der Ecke, das ausschließlich mit sich selbst beschäftigt war, schien Lorenzo allein zu sein.
Trotzdem schlug er zunächst einen Bogen um seinen geparkten Wagen, um in den Fond spähen zu können. Okay, der Rücksitz war leer. Doch während er den Wagen weiter
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