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Der falsche Mann

Der falsche Mann

Titel: Der falsche Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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umrundete, bemerkte er etwas auf dem Boden, eine einzelne Blume und einen Zettel. Er verharrte für einen kurzen Moment, während er sich auf die Stelle hinter seinem Auto konzentrierte.
    Und genau in diesem Bruchteil einer Sekunde durchschlug eine Kugel seine Luftröhre und ließ ihn rückwärts gegen das Rollgitter eines Secondhand-Buchladens taumeln. Er versuchte, aufrecht zu bleiben, versuchte, die Waffe hochzureißen, doch die Impulse aus seinem Gehirn erreichten ihr Ziel nicht mehr.
    Eine zweite Kugel zerschmetterte Lorenzos linke Kniescheibe. Eine dritte die rechte.
    Lorenzo sackte vor der Tür des Buchladens zusammen.
    Er wollte schreien, aber statt eines Lauts drang nur etwas Warmes, Klebriges aus dem Loch in seiner Kehle.
    Du hattest deine Chance, dachte er, während alles um ihn herum dunkel wurde.
    11
    Ich war zurück im Vic’s, meinem bevorzugten Lokal, sofern ich keine Gesellschaft beim Trinken hatte. Wenn du Mitte dreißig bist, haben die meisten deiner Freunde Frau und Kinder, so wie ich früher; und auch wenn fünf Martinis in einer netten Bar an einem Montagabend sicher verlockend klingen, haben Familienväter um diese Zeit üblicherweise andere Prioritäten. Mir war es damals nicht anders gegangen.
    Ich saß an meinem gewohnten Platz am Ende des umlaufenden Tresens, war jedoch betrunkener als gewöhnlich, da ich das Abendessen vergessen hatte. Das Lokal leerte sich bereits, und ich fühlte mich an die Situation vor ein paar Tagen erinnert, als ich Bekanntschaft mit diesen beiden Idioten geschlossen hatte, die die Lady belästigten.
    Ich dachte über Tom Stoller nach und meine drei vergeblichen Versuche, ihn zum Reden zu bringen. Shauna arbeitete intensiv mit unserem Experten Dr. Baraniq zusammen, aber wie man es auch drehte und wendete, unsere Verteidigungsstrategie hatte Schwachstellen. Ich hatte mich damit abgefunden. Letztlich war es so, wie ich es bereits meinem Team erklärt hatte: Wenn wir unseren Job gut machten, würde sich die Jury nicht lange mit den technischen Details eines Antrags auf Unzurechnungsfähigkeit aufhalten. Entweder sie waren bereit, ihn freizusprechen, oder nicht.
    Ich war müde. Heute war der letzte Tag im Stoller -Fall, an dem Anklage und Verteidigung noch Informationen über die im Prozess verwendeten Beweismittel und die Zeugenlisten austauschen konnten. Egal wie gut man vorher plante, am Ende geriet man immer unter Druck. Und bei Richter Nash wollte man möglichst kein Beweismittel unterschlagen. Denn was nicht termingerecht offengelegt wurde, wurde bei einer von ihm geleiteten Verhandlung nicht zugelassen.
    Ich hob mein leeres Glas, um einen fünften Stoli zu ordern. Ich war kein Alkoholiker – was natürlich jeder Alkoholiker von sich behauptet. Doch bei mir lag der Fall anders (was ebenfalls viele behaupten). Ich versuchte nicht, vor irgendwas zu flüchten oder die Realität zu verdrängen. Ich kam neuerdings sogar ganz gut mit der Realität zurecht, zumindest fand ich das. Zwar vermisste ich meine Frau und meine Tochter immer noch so sehr, dass es mir gelegentlich den Atem raubte, aber ich hatte gelernt, damit zu leben.
    Nein, ich trank, damit ich nachts einschlafen konnte. Ich hatte die Fähigkeit eingebüßt, ruhig und mit entspanntem Geist vom Wachzustand in den Schlaf hinüberzugleiten. Sobald ich einmal im Reich der Träume war, blieb ich dort, doch mir fehlte das innere Gleichgewicht, um hinzugelangen.
    Der Barmann, ein anderer als üblich, schob mir ein Glas Wein hin, das mit Eiswürfeln, Zitronen- und Limettenschnitzen angefüllt war. Ich starrte es lange an.
    » Scheiße, was ist das?«, fragte ich.
    » Eine Weinschorle. Von der Lady.«
    Ich drehte mich um und spähte zum anderen Ende des Lokals. Die Frau von neulich abends saß dort in ihrem weißen Mantel in einer Nische. Irgendwie war mir entgangen, dass sie hereingekommen war.
    Sie schlenderte zu mir herüber. Ich hatte sie neulich nur aus der Ferne betrachtet. » Bewundert« war wohl das zutreffendere Wort. Jetzt, von Nahem, war sie noch genauso hübsch, die gleiche zierliche Statur, die gleichen mädchenhaften Züge, nur war das Bild jetzt mit mehr Details versehen. Ein schief lächelnder Mund, leicht misstrauische Augen, weiche weiße Haut mit einem Anflug von Sommersprossen oben auf den Wangenknochen. Außerdem roch sie verdammt gut.
    » Der Cocktail, den Sie bestellt hatten«, sagte sie.
    » Toll.«
    Sie hatte sich noch immer nicht gesetzt. Sie wirkte unschlüssig.
    » Sie wollen mir danken,

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