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Der falsche Mann

Der falsche Mann

Titel: Der falsche Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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schon bei meinen vorherigen Besuchen von seinen Ticks geplagt. Seine Zunge schnellte hervor. Seine Augen blinzelten pausenlos. Seine Finger zuckten. Alles Nebenwirkungen der Psychopharmaka, wie Dr. Baraniq uns erklärt hatte. Tom schien über seinen nächsten Zug nachzudenken, in Wahrheit befand er sich aber vermutlich an einem weit entfernten Ort und imaginierte sich selbst als Sir Lancelot und Shauna als Genoveva.
    Man hätte annehmen sollen, dass Toms Unterbringung im Boyd an sich schon eine Anerkennung seiner geistigen Erkrankung darstellte, doch weit gefehlt. Der Staat war nicht dumm. Im Boyd Center waren alle möglichen Arten von Häftlingen untergebracht, die für normale Gefängnisse ein Problem darstellten – von solchen mit ansteckenden Krankheiten wie AIDS , über solche, die isoliert werden mussten, wie Gangchefs oder Polizisten, bis hin zu solchen mit » Verhaltensauffälligkeiten«.
    Tom Stoller zählte zu Letzteren. Er war nicht etwa geistig krank. Nein, er war lediglich » verhaltensauffällig«. Klar doch. Nach seiner Verurteilung würden sie ihn in ein Zuchthaus stecken, und dort würde ihm dann die angemessene psychologische Behandlung zuteil. Im Moment jedoch drohte die Verteidigung mit Unzurechnungsfähigkeit zu argumentieren, also behandelte der Staat ihn wie einen ganz normalen Häftling, den man mit Drogen ruhig stellte.
    Tom übersprang zwei von Shaunas Damesteinen. » Oh, ich hatte gehofft, Sie würden das nicht sehen«, stöhnte sie.
    Tom blickte auf und gaffte sie ausdruckslos an, so wie das normalerweise nur Kinder tun. Selbst als Shauna lächelte und den Blick abwandte, wie es jeder Erwachsene in so einem Fall tut, starrte er unverwandt weiter.
    Pflichtbewusst übersprang Shauna einen von Toms Steinen. » Rache ist süß«, sagte sie.
    » Ich hatte Freundinnen«, sagte Tom. Fast wäre ich aus meinem Sessel aufgesprungen. Es war Toms erste persönliche Äußerung.
    » Darauf möchte ich wetten.« Shauna zwinkerte ihm zu. Gott sei Dank erkannte sie die Bedeutung des Moments, blieb aber bei ihrer entspannten Vorgehensweise.
    Tom starrte wieder auf das Damebrett, während Shauna einen raschen Blick in meine Richtung warf. Und bevor zu viel Zeit verstreichen konnte und der Moment unwiederbringlich vorüber war, fragte sie: » Gab es da eine spezielle? Normalerweise gibt es immer eine ganz besondere.«
    » Jenny. Jenny wollte aber nicht …« Tom ließ den Kopf sinken und begann zu murmeln.
    Shauna wartete einen Augenblick. » Sie wollte nicht …«
    » Ich kann mich nicht an den Namen des Films erinnern.« Tom schüttelte heftig den Kopf, als versuchte er, den Nebel in seinem Gehirn zu vertreiben. » In Somalia. Sie mochte ihn nicht.«
    » Den Film …«
    » Er machte sie traurig. Sie mochte das … Leiden nicht.«
    Ich wusste, welchen Film er meinte. Es war ein recht brutaler Streifen über eine Operation der American Special Forces in Mogadischu, die schiefging und eine Reihe unserer Elitesoldaten das Leben kostete.
    » Black Hawk Down«, warf ich von der anderen Seite des Raums ein.
    Toms Kopf flog zu mir herum. Mit einer einzigen explosiven Bewegung sprang er auf und fegte das Damebrett mit dem Handrücken quer durch den Raum. Instinktiv rutschte Shauna mit dem Stuhl zurück, und ich stand auf. Gleichzeitig hob ich meine Hand in Richtung der Überwachungskamera, um zu signalisieren, dass wir keine Unterstützung durch die Aufseher brauchten oder wollten.
    Tom stand erstarrt da, in irgendeiner fernen Erinnerung verloren. Dann drehte er sich langsam um und trottete in eine Ecke des Raums, wo er sich auf einem Stuhl niederließ und schweigend und – bis auf die bekannten Ticks – unbeweglich dasaß. Shauna und ich blickten einander wortlos an.
    » Sie wollte nicht, dass ich kämpfe«, flüsterte er schließlich.
    13
    Es war Lunchzeit, und der Starboard Room im Maritime Club war voll besetzt. An den dreißig Tischen speisten je acht Gäste, während der Arbeitsminister sich über Tarifrecht und Respekt und Toleranz am Arbeitsplatz im » Neuen Amerika« verbreitete.
    Ja, schönes neues Amerika, dachte Randall Manning, Präsident, Geschäftsführer und alleiniger Anteilseigner von Global Harvest International, einem hundert Kilometer südlich der Stadt gelegenen Unternehmen. Normalerweise hatte er keine wertvolle Arbeitszeit für Reden über Respekt und Toleranz übrig, aber er war ohnehin wegen anderer Geschäfte in der Stadt, und eine kleine Ablenkung war ihm durchaus willkommen. Außerdem

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