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Der falsche Mann

Der falsche Mann

Titel: Der falsche Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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Hintergrundrecherchen zusammenfassen lassen. Sie hatte unbedingt helfen wollen, obwohl ich sie vor der niedersten aller niederen Routinearbeiten gewarnt hatte – resümierende Berichte über Tom Stoller und die Leute, mit denen er im Irak gedient hatte. Womöglich würde ich diese nie benötigen, aber es war besser, sie zu habe n u nd nie zu brauchen, als sie zu brauchen und nicht zu haben.
    Shauna hatte sich Arbeit mit nach Hause genommen, was schade war, denn ich hätte ihr Tori gerne vorgestellt.
    Tori wirkte bedrückt. Keine ungewöhnliche Reaktion für eine Frau in meiner Gegenwart, doch auch Toris allgemeine Gemütsverfassung schien nicht unbedingt die heiterste zu sein.
    » Das ist wirklich traurig«, sagte sie. » Er trug eine schlummernde Schizophrenie in sich, und der posttraumatische Stress hat sie entfesselt?«
    » Ja, eine üble Geschichte.«
    » Aber du wirst das vor Gericht nicht so darstellen? Dass er einen Rückfall oder etwas in der Art hatte?«
    Ich schüttelte den Kopf. » Ich denke, mit begründetem Zweifel an seiner Täterschaft fahre ich besser.«
    » Schade«, sagte sie.
    Ich konnte ihr nicht ganz folgen.
    » Ich meine, es ist eine packende und berührende Geschichte«, sagte sie. » Wenn ich in der Jury säße und vom Krieg und den tragischen Ereignissen mit dem kleinen Mädchen im Irak hören würde, und dass er jetzt unter posttraumatischem Stress leidet und darüber hinaus auch noch unter einer geistigen Krankheit, dann hätte ich großes Mitleid mit ihm. Ich würde ihn nicht verurteilen wollen.«
    Das war eine kluge Beobachtung für eine Mathematikstudentin. Sie hatte den Nagel auf den Kopf getroffen.
    » Diese Information werde ich der Jury auf jeden Fall versuchen zu vermitteln«, sagte ich.
    » Oh, gut. Das solltest du wirklich.« Tori schlenderte durch den Konferenzraum und betrachtete die Ausstellungsstücke. Sie blieb vor den vergrößerten Tatortaufnahmen stehen, den leblos starrenden Augen des Opfers, der Blutlache, wandte sich aber rasch wieder ab.
    » Man gewöhnt sich daran«, sagte ich.
    Sie drehte sich zu mir. » An was?«
    » An die Gewalt. An das Blut und die grausigen Wunden. Du hast ein Problem damit, richtig?«
    » Wie kommst du darauf?«
    » Wegen deiner Reaktion neulich. Als ich dir erzählt hab, dass ich jemanden verteidige, der in Franzen Park eine Frau ermordet hat. Du hast ausgesehen, als würdest du dich gleich übergeben.«
    Sie starrte mich an. Offensichtlich wurde sie nicht gerne analysiert. Mir ging es ähnlich. Ich bekam immer mehr das Gefühl, dass wir füreinander geschaffen waren.
    » Na ja, ich mag keine Gewalt gegen unschuldige Menschen«, sagte sie. » Sie sollte niemanden treffen, der sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmert, der arbeitet, für seine Familie sorgt und anständig und ehrlich lebt. Wenn so ein Mensch kaltblütig und sinnlos getötet wird, dann dreht sich mir tatsächlich der Magen um. Und daran möchte ich mich gar nicht gewöhnen.«
    Das war nachvollziehbar. Und ein guter Grund, bei der Mathematik zu bleiben. Außerdem würde sie eine Klasse männlicher Mathe-Schüler an der Highschool sehr, sehr glücklich machen. Sie zog ihren langen weißen Mantel aus, und darunter kamen ein schwarzer Rollkragenpullover und Jeans zum Vorschein. Jedes Mal wenn wir uns trafen, sah sie besser aus.
    » Aber wenn man ein Krimineller ist«, fuhr sie fort, » ein Drogendealer zum Beispiel, und von jemandem getötet wird – dann habe ich ehrlich gesagt nicht viel Mitleid. Wenn man sich auf dieses Spiel einlässt, muss man auch die Risiken tragen.«
    » Wer im Dreck spielt, macht sich schmutzig«, sagte ich.
    » Genau.« Zögernd drehte sie sich zu den Tatortfotos um. » Von welcher Sorte war sie?«
    » Du meinst das Opfer? Kathy Rubinkowski?«
    » Ja. War sie ein unschuldiges Opfer? Oder hatte sie auch Dreck am Stecken?«
    Interessant. Sehr interessant. Es war wirklich hilfreich, ein bisschen frisches Blut in diesen Fall zu injizieren. Jemanden, der sich zwar nicht mit dem Gesetz auskannte, aber über hohe Intelligenz und einen gesunden Menschenverstand verfügte und außerdem einen hübschen Hintern hatte.
    Ich hatte in Kathy Rubinkowski nie etwas anderes gesehen als das Opfer. Wenn Tom sie tatsächlich während eines PTBS -Flashbacks ermordet hatte, dann war sie zweifellos ein zufälliges, unschuldiges Opfer. Selbst wenn es sich um einen Mafia-Auftragsmord handeln sollte, war ich bisher immer davon ausgegangen, dass sie bei der Arbeit auf

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