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Der falsche Mann

Der falsche Mann

Titel: Der falsche Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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irgendwelche Machenschaften gestoßen war und ermordet wurde, bevor sie diese aufdecken konnte.
    Aber Tori, die das Ganze unbeeinflusst und aus einer frischen Perspektive sah, hatte da ihren Finger auf etwas gelegt. War Kathy zwangsläufig eine unschuldige Akteurin? Sie könnte selbst in etwas Zwielichtiges verwickelt gewesen sein. Ich machte mir innerlich eine Notiz für Lightner. Möglicherweise verfolgte er diese Richtung ohnehin, aber ein kleiner zusätzlicher Hinweis konnte nicht schaden.
    » Vielleicht solltest du im Nebenfach Jura studieren«, sagte ich.
    » Das ist nichts für mich.« Sie kam quer durch den Raum auf mich zu. Mein Herz machte einen kleinen Hüpfer. Ein leichter Duft von Blumen umwehte sie. Mein Verstand war sich vollständig darüber im Klaren, dass nichts passieren würde. Sie würde sich weder auf meinen Schoß setzen noch sich ausziehen noch irgendetwas anderes tun, das Ähnlichkeit mit den Fantasien hatte, die mir in diesem Augenblick durch den Kopf gingen. Trotzdem wirkte ihre Annäherung provozierend.
    Es war peinlich. Ich hatte immer noch keine Ahnung, wie man so etwas anpackte. Schon vor meiner Ehe war ich in der Startphase einer Beziehung immer völlig ratlos gewesen. Und seit dem Tod meiner Frau hatte ich, was diese Dinge betraf, überhaupt keinen Boden mehr unter den Füßen.
    » Aber ich möchte gerne helfen«, sagte sie. » Ich bin zwar juristisch unerfahren, aber ich kann Kurzberichte und Resümees schreiben. Ich möchte diesen armen Kerl wirklich gerne unterstützen.«
    Meine Augen wurden schmal. » Und du bist sicher, dass das nicht nur ein unbewusster Versuch ist, mehr Zeit mit mir zu verbringen?«
    Sie musterte mich kurz, dann erlaubte sie sich ein schwaches Lächeln. » Musst du dich eigentlich immer so aufblasen?«, sagte sie kopfschüttelnd.
    Na ja. Trotzdem, ich machte Fortschritte bei ihr, wenn auch nur kleine.
    » Du kannst helfen«, sagte ich. » Finden wir als Erstes mal heraus, ob Kathy Dreck am Stecken hatte.«
    31
    Die Uhr tickte im Stoller-Prozess, und zwar vernehmlich. Trotz aller Bemühungen, mir meinen Terminkalender freizuschaufeln, arbeitete ich nebenher an diversen anderen Fällen. An diesem Morgen hatte ich eine Voruntersuchung wegen Einbruchdiebstahls. Ein Seniorschüler der Highschool war in den Keller eines Nachbarn eingebrochen und hatte einen Teil seiner Waffensammlung gestohlen. Der Bursche war achtzehn, also voll strafmündig, aber man hatte ihn gegen eine Kaution von fünfzigtausend Dollar nach Hause entlassen.
    Die Voruntersuchung, bei der das Gericht feststellt, ob ausreichender Tatverdacht besteht und Anklage erhoben werden soll, dauerte weniger als eine Stunde. Es war die übliche einseitige Geschichte, bei der die Staatsanwaltschaft sämtliche Regeln der Beweiserhebung ignoriert und der Richter auf dringenden Tatverdacht befindet, sofern der Ankläger nicht auf die Knie fällt, in Tränen ausbricht und die Unschuld des Angeklagten beteuert.
    Die Eltern meines Mandanten wirkten niedergeschlagen, immerhin eine leichte Verbesserung gegenüber ihrer ursprünglichen Schockstarre. Sie waren geschockt, weil ihr Junge in jemandes Haus eingebrochen war, und geschockt über die Schnelligkeit und vermeintliche Gnadenlosigkeit des Justizsystems, das keine Ausnahmen für ihr kostbares Kind machte.
    In den letzten drei Wochen hatten sie sich resigniert in das Unvermeidliche gefügt, waren aber immer noch verwirrt und verzweifelt. Sie löcherten mich mit Fragen, verlangten Zusicherungen und verließen eng umschlungen mit ihrem Jungen den Gerichtssaal.
    Als es vorüber war, fuhr ich hoch in den sechsten Stock und fragte den Mann am Empfangstresen nach Wendy Kotowski. Nachdem sie mich zehn Minuten hatte warten lassen, erschien Wendy im Flur, winkte mich nach hinten und verschwand wieder in ihrem Büro. Nicht unbedingt ein Erster-Klasse-Empfang, aber wir kannten uns schon lange und pflegten einen lockeren Umgang. Im Grunde waren wir Freunde und schätzten einander sehr.
    » Kolarich, du bist ein mieser Dreckskerl, weißt du das?«, sagte sie, als ich ihr Büro betrat.
    Okay, vielleicht doch nicht so sehr.
    Wendy war schon lange genug im Büro der Staatsanwaltschaft, um ein eigenes Zimmer zu haben, allerdings eines ohne Fenster. Bei ihrer Dienstzeit und ihrem Talent hätte sie es eigentlich schon weiter nach oben gebracht haben müssen. Doch angesichts der miesen wirtschaftlichen Lage gaben nur wenige ihren sicheren Posten bei der Bezirksstaatsanwaltschaft auf,

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