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Der falsche Mann

Der falsche Mann

Titel: Der falsche Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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dachte ich bei mir, scheiß drauf, und sagte: » Ich komm mit dir nach oben«, und sie sagte: » Okay«.
    49
    Vermutlich hätte ich Toris Apartment hübsch gefunden, wenn ich mehr davon zu sehen bekommen hätte. Doch kaum waren wir durch die Tür, da begannen wir uns schon gegenseitig auszuziehen. Viele Stunden hatte ich davon geträumt, diesen langen weißen Mantel aufzuknöpfen und meine Hände darunter zu schieben. Viele Stunden hatte ich sie mir nackt vorgestellt, nackt bis auf diese schwarzen, kniehohen Stiefel, aber auch die streifte sie ab, während wir gemeinsam rückwärts stolperten.
    Ich übernahm die Führung. Ich mag das Vorspiel. Es gefiel mir, ihr dabei zuzusehen, wie sich ihre Erregung langsam steigerte. Es gefiel mir, neben ihr auf dem Bett zu liegen, ohne dass sie mich berühren durfte, und sie mit meinen Händen zu streicheln. Es gefiel mir, die Innenseite ihrer Schenkel zu liebkosen, während sie erwartungsvoll stöhnte, sie fast zu kitzeln, bevor meine Finger in sie eindrangen. Es gefiel mir, wie sie sich befreite, wie tief in ihr etwas Wildes entfesselt wurde und ihre coole Fassade durchbrach. Es gefiel mir, wie sich ihre Wangen rot färbten, wie sie sich auf die Unterlippe biss und die Augen schloss. Mir gefiel ihr fest zupackender Griff in meinem Haar, als ich meine Finger herauszog und sie durch meine Zunge ersetzte.
    Sie war so leicht. Sie hatte einen zierlichen, aber festen Körper. Ich hob sie hoch, setzte sie auf mich, unsere Blicke begegneten sich, und wir sahen uns für einen Augenblick in die weit geöffneten Augen, bevor sie die ihren wieder schloss. Sie ließ ihre Hände über meinen Rücken gleiten, während wir uns auf und nieder bewegten. Ihr Atem ging stoßweise, sie stieß kleine hohe Laute aus, die in gewisser Weise Schluchzern ähnelten. Normalerweise bin ich eher still, aber ich hörte mich selbst stöhnen, und ich wusste, es würde nicht allzu lange dauern.
    Dauerte es auch nicht. Trotzdem war es wunderbar.
    Sie stieg von mir herunter und fiel aufs Bett. Jetzt öffnete sie die Augen wieder und betrachtete mich mit einem fast klinischen Blick, als wollte sie herausfinden, was oder wer ich war. Vielleicht wunderte sie sich aber auch über sich selbst.
    Und dann traten ihr plötzlich Tränen in die Augen. Sie kämpfte still dagegen an und unterbrach den Blickkontakt. Nach einem Moment fuhr sie sich mit dem Handrücken über die Augen.
    » Es tut mir leid«, sagte sie.
    » Das ist okay. Viele Frauen weinen, nachdem sie mit mir geschlafen haben.«
    Sie erlaubte sich ein Lachen, dann entwischte ihr eine Träne und lief ihre Nase herab.
    » Das hier muss nicht viel bedeuten«, versicherte ich ihr. » Ich werde dir keinen Heiratsantrag machen.«
    Ein flüchtiges Lächeln huschte über ihr Gesicht. Offensichtlich wusste sie nicht, wie sie mit mir oder der ganzen Situation umgehen sollte.
    » Okay«, sagte sie leise.

50
    Am Freitagmorgen nach Thanksgiving dehnte Patrick Cahill seine Waden- und Oberschenkelmuskulatur, lockerte seine Fußgelenke und trabte auf der Stelle, um warm zu bleiben. Zu seiner Rechten leuchtete der Himmel über dem See in einem intensiven Pink, das die aufgehende Sonne ankündigte. Sein Atem hing vor ihm in der Luft. Die Temperatur lag nur knapp über dem Gefrierpunkt.
    Er stand an einer Kreuzung, den Blick auf das sechste Haus in der Straße geheftet. Er wünschte, er hätte unauffälliger vorgehen können, aber er hatte keine Wahl. Seine Informationen waren zu dürftig gewesen.
    Er joggt, hatte man ihm erklärt. Jason Kolarich rennt jeden Morgen am See entlang, bei gutem wie bei schlechtem Wetter.
    Da er sich nicht sonderlich gut in der Stadt auskannte, hatte Cahill gestern die Karte studiert. Er hatte Kolarichs Adresse. Das war Punkt A. Aber das Seeufer – Punkt B – war eine andere Geschichte. Der See erstreckte sich entlang der gesamten Ostgrenze der City. Und es gab ein Dutzend unterschiedlicher Wege, auf denen Kolarich den See erreichen konnte. Von seinem Haus aus waren es etwa drei Blocks bis dorthin. So viel war klar. Allerdings konnte er dabei entweder in nördliche oder in südliche Richtung laufen und den Park oder eine der Hauptverkehrsadern nutzen. Hätte Cahill den Ort vorhersagen können, an dem Kolarich das Seeufer erreichte, hätte er ihm leicht dort auflauern können. Doch da dies unmöglich war, musste er ihm von seinem Haus aus folgen.
    Jetzt. Kolarich verließ sein Stadthaus gegen Viertel nach sieben. Er trug ein Sweatshirt und

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