Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Der falsche Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
Abkürzung zu finden. Es würde mich gar nicht wundern, wenn für das Spiel sogar ein eigener Planet modelliert worden wäre. Die Sache hat nur einen Haken: Früher oder später musst du deine Daten eingeben, deine Lage im Spiel vermerken – und dafür brauchst du einen Rechner.
    Dann heißt es: noch mal durchs Level! Und zwar auf dem Hauptweg.
    Ich drehe einen schweren Raketenwerfer mit sechs Läufen in den Händen. Irgendwie hat das Ding was. Wir spielen jetzt bald zehn Stunden und haben das fünfte Level fast hinter uns gebracht. Schneller kommen wir auf gar keinen Fall voran.
    Bräuchten wir also wirklich acht Tage?
    Aber diese Zeit haben wir nicht, da bin ich mir sicher.
    Doch selbst wenn wir vorwärtsstürmen würden, gut, problemlos und ohne Schwierigkeiten vorankämen, würde uns das nichts nutzen. Es gibt nun einmal natürliche Grenzen: fünf Kilometer
in der Stunde, wenn du in normalem Tempo gehst, fünfzehn wenn du rennst. Nur kannst du durchs Labyrinth nicht sprinten, denn du musst ständig schießen, fliehen, Waffen und Munition suchen. Unter zwei Stunden schaffst du ein Level nicht. Auf gar keinen Fall!
    »Leonid!«, treibt Bastard mich an. Er mustert mich eindringlich. »Alles klar bei dir?«
    »Ja.«
    »Schurka meint, am Ende des fünften Levels gibt es einen Halt, bei dem die Spieler traditionell nicht aufeinander schießen. «
    »Und?«
    »Wenn da eine andere Gruppe sein sollte, müssen wir uns zu ihr gesellen …«
    Ich nicke. Ein Blick auf die Anzeige meines Raketenwerfers verrät mir: Noch sieben Schuss. Hervorragend. Das bedeutet eine Salve, plus eine Rakete extra. »Na, wenn wir das müssen …«
    Wir wandern durch eine schmale Schlucht. Hier und da entdecken wir Spuren eines Kampfes, der noch nicht lange her sein kann: Steine, die von Raketen zerfetzt worden sind, verbrannte Erde, verkohlte Bäume.
    Irgendwann greift uns ein Monster an. Mit Biestern dieser Art haben wir bereits das Vergnügen gehabt. Es sind extrem schnelle Zweibeiner, die größer als wir Menschen sind und die die Füße eines Reptils haben. Aus der Ferne schießen sie mit zwei gewaltigen Laserkanonen auf dich, im Nahkampf dienen ihnen die bekrallten Pfoten und der elastische Schwanz als Waffen. Wenn du einem solchen Vieh allein gegenüberstehst, ist das kein sonderliches Vergnügen.
    Aber wir sind ja zu siebt.
    Das Monster schafft es mal gerade, einen Schuss abzugeben, dann krümmt es sich auch schon und stirbt unter dem Beschuss
aus vier Pistolen, einer MP und jenem seltsamen Laserstrahler, den Nike gefunden hat. Das Ding spuckt blaue Flammen aus, die über das Ziel hinwegfegen.
    Ich bringe meine Waffe nicht zum Einsatz.
    Deswegen linsen zwar alle irritiert zu mir herüber, es verliert jedoch niemand ein Wort darüber.
    Der Ausgang aus der Schlucht ist mit Felsbrocken versperrt. Sie weisen zahlreiche Graffiti auf. Von banalem Geschreibsel wie Max und Sly waren hier anonymer Teenies bis zu langen Zitaten aus Shakespeare, Dante und Éluard oder codierten Mitteilungen für Gefährten in der Nachhut. Ein Wort überragt jedoch alle anderen:
    WAFFENSTILLSTAND!
    Es ist in den Stein gemeißelt. Wie lange der unbekannte Autor wohl dafür gebraucht hat?
    Schurka steckt die Pistole ins Halfter und klettert die Steine hoch, Pat schiebt seine MP mit einem Seufzer auf die Schulter.
    Ich mache das Gleiche mit meinem Raketenwerfer, der stärksten Waffe, über die unser Team verfügt. Die anderen haben sie mir anvertraut. Bisher habe ich noch keinen einzigen Schuss daraus abgegeben.
    Auch wir anderen erklimmen jetzt die Steine.
    Als wir oben sind, erkennen wir bereits den Ausgang aus dem Level.
    So ruhig und friedlich, wie die Landschaft wirkt, kommen uns all unsere Waffen wie überflüssiges Gepäck vor.
    Ein Wald, ein See und weiches, dunkelgrünes Gras bilden den Hintergrund für ein prasselndes Lagerfeuer …
    Am Feuer sitzen sieben Personen.
    »Endlich haben wir mal jemanden eingeholt«, bemerkt der Magier. »Dann wollen wir mal was essen und uns ein wenig unterhalten! «
    Als wir von den Felsbrocken hinunterkraxeln, geben wir ein exzellentes Ziel ab, doch die anderen Spieler halten den Waffenstillstand in der Tat ein, ja, sie winken uns sogar zu sich.
    Die Gruppe macht einen angenehmen Eindruck. Drei junge Männer, kräftig und schlank, bei denen du aus irgendeinem Grund fest davon überzeugt bist, dass sie im echten Leben genauso aussehen. Zwei Frauen, attraktiv und keine Standarderscheinungen, die eine Europäerin, die andere

Weitere Kostenlose Bücher