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Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Der falsche Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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brauchen wir überhaupt Urlaub? Nein, wir kaufen uns lieber die Deep box und entspannen in der Tiefe!
    Ich habe gehört, unser Nachbar ist vor einer Woche gestorben. Seine virtuelle Kopie hat es mir gestern erzählt. Wir haben bei einem Gläschen zusammengesessen und auf seinen verschiedenen Körper aus Fleisch und Blut angestoßen.
    »Das bedeutet Unsterblichkeit«, presst Dschingis hervor. »Wenn man die Artificial nature lange genug laufen lässt, kann die virtuelle Persönlichkeit zu einem autonomen Wesen mutieren. Nehme ich jedenfalls an.«
    »Ich würde mich bei einer solchen Unsterblichkeit im Grabe umdrehen!«, murmelt Bastard.
    »Bist du dir da sicher? Kannst du wirklich die Hand für dich ins Feuer legen – wenn du dem Tod ins Auge blickst?«
    »Ich würde es einmal ausprobieren«, teilt Pat begeistert mit. »Echt!«
    »Aber dann würdest du für immer ein vorlauter Bengel bleiben! «, macht Dschingis ihm klar.
    »Wär mir doch egal!«
    »Was wollen wir mit diesen Informationen jetzt anfangen?«, fragt Maniac.
    Zumindest daran hat sich nichts geändert. Du erhältst eine neue Information – und wirst so gezwungen, eine Antwort zu geben.
    Auf eine Frage, auf die es keine Antwort gibt. Und das ist das eigentlich beschissene an der Sache.
    »Wir können die Daten löschen, so wie Dibenko es vorgeschlagen hat. Aber das wäre ein unwiderruflicher Schritt«, bemerkt Maniac nachdenklich. »Das würde ich nicht raten.«
    »Wir könnten sie auf meinen Rechner überspielen«, schlägt Dschingis vor. »Was meint ihr?«
    »Warum auf deinen?« Ich klappe das Buch zu. »Was ist mit meinem? Oder Maniacs?«
    »In meine Wohnung kommt, glaube ich, so schnell niemand rein. Deshalb dürfte sie am sichersten sein.«
    »Und was ist in der virtuellen Welt?«
    »Wir sichern sie zusätzlich mit Passwörtern. Gleich mit mehreren. Dann werden die Dateien nur zu öffnen sein, wenn wir alle gemeinsam die Entscheidung treffen.«
    »Macht das, Leute«, sagt Maniac. »Sichert sie mit vier Passwörtern. Ihr lebt alle in derselben Stadt … da ist es besser, wenn ich außen vor bleibe. Aber ich nehme an, ihr würdet trotzdem auf meine Meinung Rücksicht nehmen, oder?«

VIERTER TEIL
Der Spiegel

00
    Tiefe, Tiefe, ich bin nicht dein …
    Ich nahm den Helm ab, blieb gedankenversunken sitzen, packte ihn dann auf den Bildschirm und begrub damit die komischen Figuren aus grellem Synthetikfell. Die hatte ich schon lange, sie stammten von einer großen PC-Ausstellung. Ich hatte sie auf den Monitor geklebt, und sie sahen mich mit ihren durchscheinenden Glasperlenaugen an. Vielleicht flüsterten sie ja manchmal miteinander. Wenn ich in die Tiefe abgetaucht war.
    Wie sieht’s aus, Diver? Gibst du dich geschlagen?
    »Vika, Ausstritt aus der Tiefe . Und fahre den Rechner runter. «
    »Wird erledigt.«
    Ich erhaschte gerade noch einen Blick auf die Uhrzeit. Halb eins. Das war nicht übermäßig spät. Ich hatte Kopfschmerzen, aber nicht so starke, wie ich befürchtet hatte.
    Wir hatten das Labyrinth überlistet. Ich hatte die Brücke überwunden und den Tempel betreten. Ich hatte die Daten bekommen – und noch dazu eine Waffe von Dibenko. Eine verbotene Waffe, von der ich den anderen nichts erzählt hatte.
    Trotzdem gab es wenig Grund zur Freude.
    Dmitri Dibenko würde die Tiefe töten. Aber nicht so, wie ich vermutet hatte.
    Würde eine Waffe der dritten Generation etwas gegen die seltsamen Symbionten ausrichten, die halb Mensch, halb Maschine waren?
    Keine Ahnung, aber meine Instinkte sagten mir, dass dem nicht so sein würde.
    Und wie jeder Diver gab ich viel auf meine Instinkte.
    Das war übrigens ein weiteres Argument zugunsten der Artificial nature . Diese Symbionten dürften ein langes Leben vor sich haben.
    Das Schlimme an der Sache war ja nicht die Deep box . Das war ein teures, kompliziertes Ding, das sicher nicht für die Massenproduktion taugte. Vielleicht würden ein paar einzelne User, die ihre Persönlichkeit möglichst schnell in die Tiefe kopieren wollten, darauf anspringen. Schwerkranke zum Beispiel, die erpicht auf Unsterblichkeit waren, selbst in dieser merkwürdigen Form. Oder Menschen, die in Geld schwammen. Solche wie Dschingis.
    Das Deep-Programm dagegen hatte ja gerade deshalb triumphieren können, weil es so schlicht war. Was brauchtest du schon dafür! Selbst ein VR-Helm und ein Sensoranzug waren nur nützliche, angenehme Accessoires, aber nicht obligatorisch. Im Grunde reichten ein Computer, ein Modem, eine

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