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Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Der falsche Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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beabsichtigte, ist jedoch nicht mehr da, sodass er über meine Beine stolpert und mit dem Kopf voran laut schreiend gegen den Kamin knallt.
    »O Gott«, stöhnt Dschingis leise.
    Der hochgewachsene, schlaksige Kerl dreht sich aber schon wieder zu uns um. Er hat sich nicht verletzt. Sein Schädel ist ziemlich hart.
    Wo hatte der sich denn versteckt – der Computermagier, auch nur Magier genannt? Oder Zuko, wegen seiner Vorliebe für lösliche Getränke. Er hat früher als Entwickler in Vikas virtuellem Bordell gearbeitet und ist einer der talentiertesten und gleichzeitig albernsten Programmierer, die ich kenne. Und vermutlich der lauteste.
    »Hallo, Zuko … äh … ich meine, Magier«, bringe ich verwirrt heraus.
    »Er kennt mich noch!« Der Computermagier setzt sich hin und fasst sich an den Kopf. »Nach all den Jahren! Wann, mein Freund, haben wir uns nur zum letzten Mal gesehen?«
    »Vor einem Monat«, antworte ich und will aufstehen.
    Prompt versucht Zuko, mich hochzustemmen. Leider ist der virtuelle Körper des Revolvermanns sehr schwer. Der Revolvermann ist zwar drahtig, hat aber einen schweren Knochenbau.
    »Du bist ganz schön dick geworden!«, gickelt Zuko. »Ich wollte natürlich sagen: reif geworden. Warum hab ich dich eigentlich nicht mit Dschingis bekannt gemacht? Schließlich ist er mein
bester Freunde! Nicht wahr, Dschingis? So ein bescheidener Mann, der ganz zurückgezogen lebt. Aber wenn ich komme, finde ich immer einen gedeckten Tisch vor. Da gibt es nur Sachen, die sind vom Feinsten!«
    Ich sehe zu Dschingis und Bastard hinüber, in deren Augen ich einen mitleidigen, aber auch irritierten Ausdruck entdecke. Pat kriecht von Zuko weg, was Maniac anscheinend nicht entgeht.
    »Sergej, wir haben keine Zeit für Plaudereien«, ermahnt er Zuko und fasst ihn bei der Schulter. »Lass uns das Wiedersehen nachher begießen, ja?«
    Der Magier schüttelt seine Hand ab. »Du bist also auch da?«, fragt er theatralisch. »Und du willst mir verbieten, meine Freunde mit der gebotenen Höflichkeit zu begrüßen. Ausgerechnet du? Nein, jetzt reicht’s, ich bin beleidigt!«
    »Magier, reiß dich jetzt zusammen, ja?«, bitte ich ihn. »Du weißt doch, worum es geht, oder? Das heißt … wer hat dir eigentlich von dieser Geschichte erzählt?«
    Als mein Blick auf Schurka fällt, senkt er bloß den Kopf.
    »Ich habe schon lange mit etwas in dieser Art gerechnet!«, flüstert der Computermagier und setzt sich neben mich. Sein Flüstern ist noch durchdringender, als wenn er mit voller Stimme sprechen würde. Es ist ein echtes Theaterflüstern, das Schauspieler lange und mühselig erlernen müssen. »Was für ein … Chaos! Ljonka, wie geht es unserer Madame?«
    »Gut«, flüstere ich. »Und jetzt lass Schurka zu Wort kommen! «
    Zuko klappt den Mund geräuschvoll mit beiden Händen zu. Die nächsten paar Minuten dürften wir Ruhe haben.
    Maniac fängt ohne lange Vorrede an, die Situation zu analysieren: »Gestern haben wir uns alle unprofessionell verhalten, ja, wir haben uns geradezu lächerlich gemacht.«
    Bastard hüstelt, Dschingis nickt, Pat verkrümelt sich in eine dunkle Ecke und tut so, als studiere er die Bücherrücken.
    »Dschingis! Dein Verteidigungssystem hat sich als völlig primitiv erwiesen.«
    »Es ist ein gutes System«, widerspricht dieser. »Nur dass es …«
    »Nur dass es nicht funktioniert«, beendet Schurka den Satz. »Außerdem sind wir alle aggressiv geworden, kaum dass der Dark Diver aufgetaucht ist. Das ist meine Schuld. Obwohl ich ein ziemlich gut ausgearbeitetes Produkt unserer Firma zum Einsatz gebracht habe, das den Dark Diver eigentlich hätte völlig lähmen müssen … Aber gut, trotzdem hätte ich nicht zum Angriff übergehen sollen. Obendrein habe ich damit irgendwie unser weiteres Verhalten vorgegeben.«
    Obwohl ich der Ansicht bin, dass Maniac sich völlig richtig verhalten hat, widerspreche ich ihm nicht. Wenn er uns allen, sich selbst inbegriffen, die Schuld an dem gestrigen Desaster geben will, werde ich ihn nicht daran hindern.
    »Bastard hat völlig idiotisch reagiert«, urteilt Schurka scharf. »Solange der Feind noch nicht aktiv wurde, hätte er Pat kontrollieren müssen. Dann hätte Pat das Feuer nicht eröffnen dürfen. Egal, wie sehr uns unser Gast auch beleidigt haben mochte! Das ließe sich zwar durch sein Alter entschuldigen – nur sind wir in der Tiefe alle gleich. Wer nach Deeptown kommt, hat sich gefälligst wie ein erwachsener Mann zu verhalten!«
    Was er wohl an

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