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Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Der falsche Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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nie die Gelegenheit kriegt, einen Fehler wiedergutzumachen … dann muss er sein ganzes Leben mit diesem Fehler leben. Und dann wird dieser Fehler … also, er bekommt dann …«
    Er verheddert sich in seiner wirren Tirade, verstummt kurz und brüllt schließlich aus vollem Hals: »Was ist jetzt, Dsching? Nehmt ihr mich mit oder nicht?«
    Dschingis drückt seine Zigarre im Ascher aus, als sei es eine stinknormale Kippe.
    Ich weiß genau, was ihm jetzt durch den Kopf geht.
    »Wenn ich immer wieder umgebracht werde, dann verlasse ich euch! Versprochen! Ich werde euch kein Klotz am Bein sein!«, beteuert Pat. »Dann gehe ich lieber nach Hause! Ehrenwort!«
    Er schien immer noch nicht begriffen zu haben, dass sich alles grundlegend geändert hat. Dass man nicht mehr nach jedem Tod in der Tiefe nach Hause gehen kann. Dass wir gestern schon befürchtet haben, wir müssten ihn tatsächlich beerdigen.
    »Dsching …«, stößt Pat völlig hoffnungslos aus.
    »Was führst du dich auf wie ein Programmierer beim Anblick eines Taschenrechners?!« Dschingis erhebt sich. »Natürlich nehmen wir dich mit. Du bist derjenige von uns, der dieses Spiel am besten kennt. Was sollten wir denn ohne dich anfangen?«
    Am liebsten hätte ich ihm applaudiert, aber das durfte ich nicht.
    Wenn ein Mensch die Verantwortung für jemand anderen übernimmt, sollte man ihm keinen Beifall spenden.
    Sonst achten am Ende nur noch alle darauf, ob irgendwo ein Applaus die zähe Stille durchreißt.

111
    Wir marschieren in einer derart fest geschlossenen Gruppe auf den Torbogen aus schwarzem Stein zu, dass uns garantiert niemand für computergenerierte Spieler hält.
    Das Ergebnis lässt nicht lange auf sich warten: Andere Spieler wollen sich uns anschließen, darunter zwei Typen, die sich unglaublich exklusiv geben, eine nervöse Frau von unvorstellbarer Hässlichkeit, dann noch irgendein blasser Waschlappen …
    Mir gefällt das nicht.
    Und nicht nur mir.
    Wir wechseln beredte Blicke.
    Irgendwann nickt Dschingis.
    Wir sind uns einig. Niemand von uns hat die Absicht, den Sturmbock zu mimen, der anderen Spielern den Weg bahnt.
    »He, Leute!«, ruft Bastard laut. »Bleiben wir doch alle hübsch für uns! Wir in unserer Gruppe, ihr in eurer.«
    »Das Labyrinth ist ein Spiel für Teams«, bemerkt der Blässling.
    »Klar«, erwidert Schurka freundlich. »Dagegen sagt ja niemand was. Nur ist unser Team schon komplett.«
    Alle sehen es ein. Man schwärmt auseinander, legt entweder einen Zahn zu oder fällt zurück.
    Ein endloser Fluss aus Menschen sickert in den gierigen Schlund des Labyrinths.
    »He, Revolvermann!«
    Wer war das?
    Ich sehe mich um.
    Dachte ich’s mir doch.
    Die Frau von gestern, Nike. Ich erkenne sie, auch wenn sie sich ein wenig verändert hat, jetzt blond ist und größere Augen hat. Das Gesicht ist aber das alte geblieben.
    »Willst du es auch noch mal versuchen?« Sie kommt näher und mustert neugierig meine Gefährten.
    » Wir wollen es noch mal versuchen«, stelle ich sofort klar.
    »Du hast eine Gruppe? Sind das alles Revolvermänner?« Nike lächelt. Sie zwinkert Pat zu, der sofort einen Kopf größer wird und sich alle Mühe gibt, gerade zu gehen.
    »Klar. Und wo ist dein Team?«, frage ich.
    Nike verzieht das Gesicht. »Wir gehen jetzt getrennte Wege. Erinnerst du dich noch an diesen Intelligenzler? Wir haben ihn Professor genannt …«
    »Der uns aufgefordert hat, eine Mannschaft zu bilden?«, frage ich.
    »Genau der. Wir haben uns dann sogar noch mit drei anderen Gruppen zusammengetan. Der Professor hat ein derartiges Tempo vorgelegt, dass die Hälfte der Gruppe nicht mithalten konnte. Dafür dürften die übrigen jetzt wahrscheinlich schon zehn Levels hinter sich haben.« Nike lächelt, wenn auch irgendwie unsicher.
    »Und du?«
    »Ich habe im vierten Level den Anschluss verloren. Da sind irgendwelche … Bestien aufgetaucht. Die Sergeanten begleiten die Gruppen nur in den ersten drei Levels. In der Zeit sollen die Spieler Erfahrungen sammeln, danach sind sie auf sich selbst angewiesen.«
    Das Heulen vom Portal erstickt inzwischen unsere Worte. Direkt über unseren Köpfen zucken Blitze.
    Ich sehe Dschingis und Maniac an. Dschingis zuckt die Achseln, Maniac beißt sich auf die Lippe.
    Wir müssen mit allem rechnen.
    Vielleicht hat sich der Dark Diver im Avatar des Professors eine Mannschaft aus einigermaßen kräftigen Typen zusammengestellt und ist bereits auf dem Weg zu seinem Ziel.
    Aber vielleicht ist auch alles bloß purer

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