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Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Der falsche Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Zufall.
    Nun verschwindet Bastard als Erster im Torbogen, Zuko kichert und springt ihm fröhlich hinterher.
    Ich bin der Nächste.
    Purpurroter Nebel wabert um mich herum.
    Dann gelange ich in den Saal, den ich ja bereits kenne.
    Allem Anschein nach ist Maniac der Einzige außer mir, der bereits im neuen Labyrinth gewesen ist. Er zieht sich aus und geht zielsicher auf die Duschen zu.
    »Oh, Mademoiselle!«, stürzt sich Zuko auf die schwarze Sergeantin. »Sagen Sie, würden Sie mir vielleicht den Rücken abbürsten? «
    Kann ihre Reaktion überraschen? Der Magier kriegt mit dem Knüppel eins zwischen die Rippen und fliegt zu Boden.
    »Das hätten Sie mir auch mit Worten begreiflich machen können«, schnaubt er beleidigt, als er sich erhebt. »Dass einem hier niemand den Rücken abbürstet, meine ich. Was verstehen Sie bloß unter Service?«
    Nike geht an ihm vorbei und fängt an sich auszuziehen. Der Magier stellt sich kurzerhand neben sie. Den Blick fest auf Nike gerichtet, imitiert er beim Entkleiden jede ihrer Gesten. Die Sergeanten verfolgen schmunzelnd diesen seltsamen Striptease. Nike lässt sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen. Wahrscheinlich hat sie bei ihren diversen Versuchen schon allerlei dieser Art erlebt.
    Dafür gerät Pat jetzt in Verlegenheit. Keine Ahnung, wo er sich bisher in der Tiefe herumgetrieben hat, aber die zahllosen nackten
Frauen und die Notwendigkeit, sich selbst auszuziehen, setzen ihm ohne Frage zu. Ich hatte ihm wirklich abgekauft, dass er das Labyrinth kennen würde – was für ein Irrtum!
    »Muss das wirklich sein?«, fragt er einen Sergeanten mit gedämpfter Stimme. Die Akustik im Saal ist jedoch ganz erstaunlich, alle hören seine Worte. »Ich habe mich erst vor zwei Stunden geduscht!«
    Der kleine Dummkopf. Nicht nur, dass jetzt niemand mehr glaubt, einen Erwachsenen vor sich zu haben, der lediglich einen Jungenkörper gewählt habe, um schneller zu sein und weniger Angriffsfläche zu bieten! Nein, offiziell darf man erst ab sechzehn ins Labyrinth, weil das Spiel zu brutal und blutig ist. Das prüft zwar eigentlich nie jemand nach, aber wenn man es derart darauf anlegt, erkannt zu werden …
    Zum Glück glaubt der Sergeant jedoch, Pat albere genauso herum wie der Computermagier.
    »Wir haben unsere eigenen Duschen«, erklärt der Sergeant, wobei er seine Keule drohend schwingt. »Damit kein Schlaukopf eine unerlaubte Waffe ins Labyrinth schleppt. Sei es am Körper, sei es in der Kleidung. Hat es alles schon gegeben!«
    Maniac wirft mir einen Blick zu.
    O ja, wir wissen, von welchem Präzedenzfall der Sergeant da spricht.
    Der Warlock 9000, der als Gürtel getarnt war. Maniac hatte die Waffe entwickelt, ich sie zum Einsatz gebracht.
    Pat gibt endlich Ruhe, zieht sich aus und stellt sich unter die Dusche.
    Ich folge seinem Beispiel, lege den Kopf in den Nacken und fange mit dem Mund das Wasser auf, das nach Chemie riecht. Darum geht es also. Die Duschen sollen nicht nur das Ambiente vervollständigen, sondern sie testen dich auch auf Viren.
    »Das reicht!«, brüllt jemand. »Ihr habt lange genug unter der Dusche gestanden!«
    Um mir diesmal nicht wieder Prügel einzufangen, gehe ich schnurstracks zur Anabiosewanne. In der Wanne rechts neben mir liegt Nike. Sie zwinkert mir noch einmal zu, ehe die Glashaube über ihr geschlossen wird. Pat stürmt wie der Blitz in die Wanne links neben mir.
    »Guten Flug«, wünscht mir die schwarze Sergeantin beiläufig, als sie den Deckel herunterklappt.
    In die Wanne wird dichter weißer Nebel eingelassen, elektrische Entladungen durchzucken ihn.
    Dann wird alles dunkel.
     
    Nebel wogt.
    Ich strecke die Hände aus. Etwas stimmt hier doch nicht … Ah, verstehe. Die Glasglocke fehlt – und trotzdem zieht der Nebel nicht ab.
    Ich hocke mich hin und richte mich auf.
    Was ist das schon wieder?
    Schüttelfrost packt mich.
    Langsam begreife ich, was Sache ist. Damit hätte ich nicht gerechnet. Niemals.
    Dunkelheit umgibt mich. Graue, verklumpte Finsternis.
    Jede Entfernung ist aufgehoben, jeder Orientierungspunkt fehlt.
    Ich bin allein, ein nackter, zitternder Mensch in einer endlosen Welt. Aus früheren Träumen weiß ich leider zu genau, was ich tun muss.
    Einen Schritt.
    Nun schimmert vor mir ein schwaches, fahles Licht auf. Weit, weit vor mir …
    Ich wische mir den Schweiß vom Gesicht.
    Bisher hatte ich diese seltsamen Träume noch nie in der Tiefe gehabt.
    Was soll ich bloß tun? Warten, bis mich jemand weckt?
    Oder losgehen? Einen

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