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Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man

Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man

Titel: Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Pläne entwerfen, um sie letztlich überfallen und töten zu können?«, fragte Rhyme. »Das muss doch Monate gedauert haben.«
    »Manchmal ist das Verlangen eben übermächtig«, sagte Dobyns.
    »Eines noch, Terry. Er schien außerdem zu einem imaginären Publikum zu sprechen… Warte, ich dachte, er habe ›wertes‹ Publikum gesagt, aber jetzt fällt mir ein, dass es ›verehrtes‹ heißen muss. Er hat sich an die Zuschauer gewandt, als würden sie leibhaftig vor ihm sitzen. ›Und nun, verehrtes Publikum, werden wir dies oder jenes tun.‹«
    »›Verehrtes‹«, wiederholte der Psychologe. »Das ist wichtig. Nachdem man ihm die Karriere und die Frau genommen hatte, richtete seine Verehrung, seine
Liebe
, sich auf ein Publikum – eine unpersönliche Menge. Leute, die Gruppen oder Menschenmengen bevorzugen, können für Einzelpersonen unangenehm und sogar gefährlich werden. Das gilt nicht nur für Fremde, sondern auch für die eigenen Partner, Ehefrauen, Kinder und sonstigen Angehörigen.«
    John Keating hatte sich wie ein Kind angehört, das vom Vater missbraucht worden war, dachte Rhyme.
    Dobyns fuhr fort. »Und in Weirs Fall ist diese Gemütsverfassung sogar noch gefährlicher, weil er nicht zu einem
echten
, sondern nur zu seinem imaginären Publikum spricht. Das lässt mich befürchten, dass reale Personen keinerlei Wert für ihn besitzen. Es dürfte ihm nichts ausmachen, Morde in nahezu beliebiger Anzahl zu begehen. Dieser Kerl wird eine harte Nuss für euch.«
    »Danke, Terry.«
    »Wenn ihr ihn eingebuchtet habt, lasst es mich bitte wissen. Ich würde mich gern mal ausgiebig mit ihm unterhalten.«
    Sie beendeten das Gespräch.
    »Vielleicht könnten wir…«, setzte Sellitto an.
    »Zu Bett gehen«, fiel Thom ihm ins Wort.
    »Häh?«, machte der Detective.
    »Und es muss nicht ›könnten‹, sondern ›werden‹ heißen. Du gehst jetzt schlafen, Lincoln. Und alle anderen verabschieden sich für heute. Du siehst blass und müde aus. Ich habe keine Lust auf einen kardiovaskulären oder neuronalen Kollaps. Falls du dich erinnerst, wollte ich dich schon vor Stunden ins Bett stecken.«
    »Also gut, von mir aus«, willigte Rhyme ein. Er war tatsächlich müde. Und obwohl er es nicht zugeben würde, hatte das Feuer ihm eine Heidenangst eingejagt.
    Die anderen machten sich auf den Weg. Kara holte ihre Jacke und streifte sie über. Rhyme sah, dass die junge Frau beunruhigt wirkte.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Sachs.
    Sie zuckte resigniert die Achseln. »Ich musste Mr. Balzac verraten, aus welchem Grund ich die Auskunft über Weir benötigt habe. Er ist total sauer. Das werde ich noch zu spüren bekommen.«
    »Wir schreiben Ihnen eine Entschuldigung, weil Sie dem Unterricht ferngeblieben sind«, erlaubte Sachs sich einen kleinen Scherz.
    Das Mädchen lächelte matt.
    »Zum Teufel mit der Entschuldigung«, rief Rhyme. »Wenn Sie nicht gewesen wären, hätten wir keine Ahnung, wer der Täter ist. Sagen Sie Balzac, er soll mich anrufen. Ich werde ihm gehörig den Kopf zurechtrücken.«
    »Danke.« Kara klang wenig überzeugt.
    »Sie gehen doch jetzt nicht etwa noch in den Laden, oder?«, fragte Sachs.
    »Nur noch kurz. Mr. Balzac ist sonst aufgeschmissen. Ich muss die Lieferungen einbuchen und ihm meine Nummer für morgen vorführen.«
    Rhyme war nicht überrascht, dass sie tun würde, was der Mann verlangte. Sie hatte »
Mr.
Balzac« gesagt. Manchmal nannte sie ihn »David«. Nicht jetzt. Das passte zu dem, was sie vorhin gehört hatten: Obwohl John Keating durch den Hexer beinahe zugrunde gerichtet worden war, nannte er ihn immer noch respektvoll beim Nachnamen. Die Macht der Mentoren über ihre Lehrlinge…
    »Gehen Sie nach Hause«, beharrte Sachs. »Ich meine, herrje, Sie sind heute immerhin
erstochen
worden.«
    Wieder ein leises Lachen, begleitet von einem Achselzucken. »Ich bleibe nicht lange dort.« An der Tür hielt sie inne. »Sie wissen ja, ich habe morgen Nachmittag diesen Auftritt. Aber wenn Sie möchten, komme ich morgen früh erst mal her.«
    »Wir würden uns freuen«, sagte Rhyme. »Obwohl wir versuchen werden, Weir noch vor dem Mittagessen dingfest zu machen, damit Sie nicht zu lange bleiben müssen.«
    Thom brachte sie den Korridor entlang zur Haustür.
    Sachs trat auf den Flur hinaus und atmete die verräucherte Luft ein. »Puh!«, rief sie und machte sich auf den Weg nach oben. »Ich geh duschen.«
    Zehn Minuten später hörte Rhyme ihre Schritte auf der Treppe, aber sie kam nicht gleich zu

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