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Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man

Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man

Titel: Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Gitternetz ab. Dabei fand sie das seltsamste Beweisstück, das ihr jemals untergekommen war: eine schwarze Spielzeugkatze.
    Danach nahm sie sich den grausigen Tatort in der Wohnung des jungen Mannes vor, untersuchte die Leiche und packte sämtliche Spuren ein.
    Sie war schon zum Wagen unterwegs, als Sellitto sie zu sich rief.
    »He, warten Sie, Officer.« Er hatte soeben ein Telefonat geführt. Nach seiner finsteren Miene zu urteilen, war es nicht allzu erfreulich verlaufen. »Der Captain und der stellvertretende Polizeichef wollen mich sprechen. Ich muss Sie bitten, etwas für mich zu erledigen. Wir werden unser Team vergrößern. Ich möchte, dass Sie jemanden abholen.«
    »Kein Problem. Aber wieso brauchen wir Verstärkung?«
    »Weil wir heute innerhalb von vier Stunden zwei Leichen und keinen einzigen verdammten Verdächtigen gehabt haben«, erwiderte er barsch. »Unsere Chefetage ist alles andere als begeistert. Sie erhalten nun Ihre erste Lektion über das Dasein als Sergeant – wenn die hohen Tiere unglücklich sind, dann sind
Sie
gefälligst ebenfalls unglücklich.«
    Die Seufzerbrücke.
    So nannten sie den Gang, der in luftiger Höhe die beiden Türme des Untersuchungsgefängnisses von Manhattan verband, gelegen an der Centre Street in Downtown.
    Die Seufzerbrücke –über die schon die größten Mafiosi marschiert waren, auf deren Konto unzählige Auftragsmorde gingen. Manchmal kamen auch verängstigte junge Männer hier entlang, die nichts anderes getan hatten, als dem Arschloch, dem ihre Schwester oder Kusine das uneheliche Kind verdankte, mit einem Baseballschläger gründlich die Meinung zu sagen. Oder auch durchgeknallte Junkies, die einen Touristen wegen seiner zweiundvierzig Dollar umgebracht hatten, denn ich brauchte das Crack, brauchte das Zeug, ich hab es gebraucht, Mann, hab es so
dringend
gebraucht…
    Nun überquerte Amelia Sachs die Brücke zum zweiten Turm – technisch gesehen der Bernard B. Kerik Komplex, doch insgeheim weiterhin als die »Gruft« bekannt, genau wie früher das ursprüngliche Stadtgefängnis auf der anderen Straßenseite. Hier, hoch über dem Verwaltungsviertel von New York, nannte Sachs einem Justizbeamten ihren Namen, übergab ihm die Glock (ihre inoffizielle Waffe – ein Springmesser – hatte sie im Camaro gelassen) und betrat die gesicherte Lobby jenseits der lauten, elektrisch verriegelten Tür, die hinter ihr wieder ächzend ins Schloss fiel.
    Wenige Minuten später kam der Mann, den sie abholen sollte, aus einem nahen Verhörraum. Er war durchtrainiert, Ende dreißig, mit schütterem braunen Haar und unbeschwerte Miene. Zu seiner Jeans und dem blauen Anzughemd trug er ein schwarzes Sportsakko.
    »Hallo, Amelia«, begrüßte er sie in gedehntem Tonfall. »Nehmen Sie mich mit zu Lincoln?«
    »Hallo, Rol. Aber klar.«
    Detective Roland Bell öffnete den Jackettknopf. Gemäß den Vorschriften trug auch er keine Waffe bei sich, doch Amelia bemerkte
zwei
leere Holster an seinem Gürtel. Sie erinnerte sich daran, wie häufig sie bei der Arbeit schon ihre Schießergebnisse miteinander verglichen hatten – für ihn ein Hobby und für Sachs ein Wettkampfsport.
    Zwei weitere Männer traten aus dem Verhörzimmer und gesellten sich zu ihnen. Der Erste war ein Detective, den Amelia bereits kannte: Luis Martinez, Bürstenfrisur und dunkler Anzug, ein ruhiger Mann mit flinken, aufmerksamen Augen.
    Der andere Mann war legerer gekleidet: khakifarbene Stoffhose, schwarzes Polohemd Marke Izod und ein ausgeblichener Blouson. Er wurde Sachs als Charles Grady vorgestellt, doch sie hatte ihn ohnehin sofort erkannt; der stellvertretende Bezirksstaatsanwalt genoss bei den New Yorker Strafverfolgungsbehörden regelrechte Berühmtheit. Während die meisten seiner Kollegen schon längst lukrativere Posten angenommen hatten, war der schlanke Harvardabsolvent dem Staatsdienst treu geblieben. Zu den vielen Klischees, die in der Presse regelmäßig über den Mittvierziger zu lesen standen, gehörten Attribute wie »Pitbull« und »hartnäckig«. An Beliebtheit konnte er es leicht mit Rudolph Guiliani aufnehmen, strebte im Gegensatz zu dem ehemaligen Bürgermeister jedoch kein politisches Amt an. Es genügte ihm vollauf, bei der Staatsanwaltschaft zu arbeiten und seiner Lieblingsbeschäftigung nachzugehen, die laut seinen eigenen Worten darin bestand, die bösen Jungs hinter Gitter zu bringen.
    Und er war verdammt gut in seinem Job; seine Erfolgsbilanz vor Gericht gehörte zu den besten in der

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