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Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man

Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man

Titel: Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Bezirksstaatsanwalt Charles Grady, Anklagevertreter im Fall Andrew Constable. Grady wollte mit seiner Frau den Konzertabend besuchen, denn ihre junge Tochter zählte zu den Mitwirkenden. Swensens Wochenendausflug nach Sodom galt dem Staatsanwalt. Wie Paulus hatte der Reverend sich in die Welt der Ungläubigen begeben, um ihnen ihre Fehler aufzuzeigen und den rechten Weg zu weisen. Im Gegensatz zu dem Apostel würde er jedoch zu etwas handfesteren Mitteln greifen, nämlich zu der großkalibrigen Pistole in seinem Aktenkoffer, mit der er Charles Grady ermorden wollte. Er drückte den Koffer so fest an die Brust, als hielte er die heilige Bundeslade umschlungen.

…Dreiundzwanzig
    Er musterte den Schauplatz und machte sich Gedanken über das Schussfeld, mögliche Fluchtwege, die Anzahl der Passanten und die Verkehrsdichte auf der Fünften Avenue. Er durfte nicht versagen. Vom Erfolg des Anschlags hing viel ab; Charles Gradys Tod lag in Swensens eigenem Interesse.
    Letzten Dienstag war gegen Mitternacht Jeddy Barnes bei ihm aufgetaucht, einer der örtlichen Milizionäre. Er hatte plötzlich in der Tür des eingeschossigen Fertighauses gestanden, das Reverend Swensen als Heim und Kirche diente. Als die Staatspolizei vor einigen Monaten begonnen hatte, aktiv gegen Andrew Constables Gesellschaft der Patrioten vorzugehen, war Barnes mit seinem Wohnmobil angeblich tief im Wald bei Canton Falls verschwunden.
    »Setz einen Kaffee auf«, befahl der Fanatiker und musterte den erschrockenen Reverend drohend.
    Auf das Wellblechdach prasselte der Regen herab. Barnes, ein grobschlächtiger, unheimlicher Einzelgänger mit grauem Bürstenschnitt und hagerem Gesicht, beugte sich vor. »Ich möchte, dass du etwas für mich erledigst, Ralph.«
    »Was denn?«
    Barnes streckte die Beine aus und schaute zu dem Sperrholzaltar, den Reverend Swensen sich selbst gebaut und stümperhaft lackiert hatte. »Da ist jemand hinter uns her und gibt keine Ruhe. Einer von denen.«
    Swensen wusste, was mit »denen« gemeint war: eine nicht genau definierte Allianz aus Bundes- und Staatsbehörden, den Medien, allen Nicht-Christen, Mitgliedern der etablierten politischen Parteien und Intellektuellen – fürs Erste. (»Uns« beinhaltete jeden, der nicht in eine der genannten Kategorien fiel, vorausgesetzt er war weiß.) Der Reverend hatte nicht ganz so fanatische Ansichten wie Barnes und seine harten Milizkameraden – vor denen er im Übrigen höllische Angst verspürte –, doch er hielt viele ihrer Argumente für stichhaltig.
    »Wir müssen ihn aufhalten.«
    »Wer ist er?«
    »Ein Staatsanwalt in New York City.«
    »Ach, der Kerl, der es auf Andrew abgesehen hat?«
    »Genau der. Charles Grady.«
    »Was soll ich tun?«, fragte Reverend Swensen und dachte dabei an eine Protestaktion oder eine flammende Predigt.
    »Ihn töten«, sagte Barnes lakonisch.
    »Was?«
    »Ich will, dass du nach New York fährst und ihn umlegst.«
    »Ach du lieber Himmel. Das geht nicht.« Er versuchte, entschlossen zu wirken, aber seine Hände zitterten so sehr, dass er den Kaffee verschüttete und ein Gesangbuch besudelte. »Zunächst mal, was soll es nützen? Andrew wird nichts davon haben. Man wird wissen, dass er dahinter steckt, und ihm noch viel härter zusetzen…«
    »Constable ist unwichtig. Er spielt keine Rolle mehr. Es geht um größere Dinge. Wir müssen denen einen Denkzettel verpassen. Du weißt doch, was all diese Arschlöcher in Washington immer auf ihren Pressekonferenzen sagen: ›Wir möchten ein Zeichen setzen.‹«
    »Tja, vergiss es, Jeddy. Das kann ich nicht tun. Es ist verrückt.«
    »Nun, ich glaube, du bist genau der Richtige dafür.«
    »Aber ich bin ein Geistlicher.«
    »Du gehst jeden Sonntag auf die Jagd – das ist Mord, wenn man so will. Und du warst in Vietnam. Du hast Menschenleben auf dem Gewissen – falls deine Geschichten wahr sind.«
    »Das liegt dreißig Jahre zurück«, flüsterte Swensen entsetzt, wich dem Blick des Mannes aus und vermied zuzugeben, dass seine Kriegsgeschichten keineswegs der Wahrheit entsprachen. »Ich werde niemanden töten.«
    »Ich wette, Clara Sampson wäre auch dafür.« Einen Moment lang herrschte bleiernes Schweigen. »Oder hast du das etwa schon vergessen, Ralph?«
    O Gott, o Gott, o Gott…
    Jeddy Barnes hatte letztes Jahr Wayne Sampson davon abgehalten, die Polizei zu verständigen, nachdem der Milchbauer den Geistlichen mit Sampsons dreizehnjähriger Tochter auf dem Spielplatz hinter der Kirche erwischt hatte.

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