Der Favorit der Zarin
Wie Miron Antiochowitsch beteuerte, wurden Fleisch und Milch davon unerhört lecker und fett. Jetzt hatte der unermüdliche Ökonom einen Mechanismus geschaffen, mit dessen Hilfe Mist und Urin nicht im Stall blieben, sondern in einer besonderen Wanne aufgefangen wurden, um von da in die Klärgruben geleitet zu werden. Ein gewöhnliches Loch im Boden eignete sich dafür nicht, da die unverständigen Tiere mit ihren Beinen darin hängen bleiben könnten. Deshalb hatte Ljubawin eine Latte an einer Feder befestigt, die bei Hufdruck nicht nachgab, aber, wenn ein Gewicht von mehr als drei Unzen auf sie fiel, kippte.
»Die Nachbarbauern werden meine Rindviecher noch beneiden, weiß Gott! Meine Kühe sind ohnehin schon satter, wärmer und sauberer und werden bald ein Leben wie Zarentöchter haben!«, erklärte der Erfinder lebhaft, während er die raffinierte Konstruktion vorführte.
»Das werden sie nicht«, sagte Daniel. »Der Kuhstall ist natürlich ein Palast, da gibt es keinen Zweifel, aber für den Menschen ist Sattheit, ein Dach über dem Kopf und Sicherheit zu wenig. Die meisten ziehen Hunger, Kälte und Dreck vor, Hauptsache, sie sind frei. Und auch die Kühe würden weglaufen, wenn sie nicht eingesperrt wären.«
»Sie wären schön blöd, wenn sie das täten! Sie kämen mit Sicherheit um! Die einen würden von den Wölfen gefressen, die anderen würden von den Bauern gestohlen und geschlachtet.«
»Stehlen deine Bauern?«, fragte Vondorin verwundert. »Obwohl sie genug zu essen haben?«
Ljubawin druckste ärgerlich herum:
»Meine nicht, die machen so etwas nicht. Warum sollten sie auch? Wer ein gutes Auskommen und Arbeit hat, der stiehlt nicht. Aber die Habenichtse aus den Nachbardörfern laufen herum und nehmen, was ihnen unter die Augen kommt. Nachdem meine Bauern einen Pferdedieb totgeschlagen haben, habe ich bei mir eine Miliz aufgestellt. Echte Husaren! Die sind weit besser als die offizielle Polizei, das kannst du mir glauben!«
»Das glaube ich gerne«, sagte Daniel lachend. »Aber was fehlt dir denn noch bei deiner Mistklappe?«
Ljubawin hockte sich hin und zog die Feder weg.
»Da, siehst du? Ich habe da eine kleine Pumpe, um das Brett abzuspülen. Sie schaltet sich ein, wenn die Latte wackelt, schafft es aber nicht, sie ganz abzuwaschen, weil die Feder zu schnell wieder einschnappt.«
Mitja sagte:
»Und wenn man hier eine Bremse einbaut?«
Ein neunjähriger Junge zu sein, war doch entschieden weniger einengend, als den Sechsjährigen spielen zu müssen! Da konnte man eine technische Verbesserung vorschlagen, ohne dass sie in helle Verwunderung gerieten.
»Dein Sohn ist ganz schön tüchtig!«, rief Miron Antiochowitsch aus. »Thomas, hol die Instrumente aus der Schlosserei. Wir probieren das aus!«
Sie werkelten im Kuhstall, bis es dunkel wurde. Zwar waren sie schmutzig vom Staub und auch vom Mist, hatten aber erreicht, was sie wollten: Der Wasserstrahl wusch die Latte so sauber, dass keine Rückstände blieben.
Der glückliche Hausherr führte die Gäste ins Bad, wo sie sich waschen konnten. Er lobte Mitja über den grünen Klee, er war begeistert von seinem Einfallsreichtum.
»Dein Sohn ist ein Geschenk Gottes, Daniel. Ein Ausgleich für all deine Leiden.« Ljubawin deutete auf Vondorins Brust. Mitja, dessen Augen erst den dichten Dampf durchdringen mussten, sah eine geschlängelte weiße Narbe vor sich, eine weitere auf Daniels Schulter und eine rote Narbe an der Seite. »Lass ihn nicht zu den Offizieren gehen, sondern schick ihn nach London. Er sollte Ingenieur werden. Mit dem Köpfchen, das er hat, kann er viel Nutzen bringen.«
Liebevoll strich er über Mitjas Haare.
»Warum schmierst du diesen Dreck in die Haare deines Sohnes? Vom Speck und vom Puder bekommt man nur Flöhe und Läuse. Da zeigt sich der einstige Höfling in dir, Daniel. Schäm dich! Man muss nach Natürlichkeit, nach Ursprünglichkeit trachten. Komm her, Samson.«
Und ohne zu fragen, packte er Mitja selbstherrlich am Nacken, steckte ihn mit dem Gesicht in die Wanne und seifte ihm den Kopf ein. Und begleitete das mit den Worten:
»So, so. Jetzt noch die Haare kurz schneiden, dann ist alles prächtig.«
»Lasst mich los!«, schrie Mitja, dem Seife in die Augen gekommen war, aber alle lachten nur.
Die kräftigen Finger lockerten sich sofort wieder. Mithridates richtete sich auf, prustete, rieb sich die Augen und sah, dass nur Daniel und Thomas lachten, Ljubawin aber bleich mit offenem Mund dastand und ihn, Mitja,
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