Der FC Bayern und seine Juden
vertreten. Die nicht-jüdischen Kinder gehen als Gäste zur Bar Mizwa, und die jüdischen Kinder gehen als Gäste zur Kommunion. Das ist alles ganz selbstverständlich. Für die Kinder ist das total Normalität geworden. Wo wir hier angefangen haben, waren die Leute zunächst skeptisch. Heute kommen sie gerne zu uns. Wir haben hier koscheres Essen, aber das ist das Einzige, was anders ist als bei anderen Vereinen. Ansonsten ist alles total normal. Und darauf sind wir relativ stolz.« Der 53-jährige Schreibmann, ein Energiebündel und unverbesserlicher Optimist, denkt positiv und in die Zukunft gerichtet: »Es ist jetzt mal vorüber, mit dem Zeigefinger zu zeigen. Wir müssen einfach aufstehen. Gott sei Dank gibt es uns noch in Deutschland. Wir müssen einfach zeigen, dass wir nicht anders sind als alle anderen. Ich hoffe, das ist der Weg der nächsten Generation.« Bleibt nur zu hoffen, dass Münchens Juden nicht ein weiteres Mal von ihren Mitmenschen enttäuscht werden.
Die Einweihung des Kurt-Landauer-Platzes passt zum »jüdischen Revival«, das München seit den 1990ern erfährt. Am 9. November 2006, dem 68. Jahrestag der Reichspogromnacht, wurde am Jakobsplatz eine neue Hauptsynagoge eingeweiht. Mit Ohel Jakob trägt sie denselben Namen wie die 1938 zerstörte Hauptsynagoge in der Herzog-Rudolf-Straße. Die Synagoge in der Reichenbachstraße war mittlerweile viel zu eng für die wachsende jüdische Gemeinde geworden. Ende der 1980er hatte sich die Zahl der Münchner Juden auf 4.000 eingependelt, aber im Laufe der 1990er stieg sie auf über 9.000 – vornehmlich durch Zuwanderung aus der ehemaligen Sowjetunion. Dies entspricht bereits drei Vierteln der Anzahl von 1933.
Ohel Jakob ist nur das Herzstück eines größeren jüdischen Zentrums am Jakobsplatz, das auch ein Gemeindehaus, ein Jüdisches Museum, einen Kindergarten, eine öffentliche Ganztagsschule und eine Buchhandlung beherbergt. Die Präsenz jüdischer Kultur geht darüber hinaus: Koscheres Essen gibt es bei Cohen’s in der Maxvorstadt, Schmock in Schwabing, im Café Bracha im Glockenbachviertel und natürlich im Jüdischen Zentrum. Das intensivste und zugleich integrierteste jüdische Leben spielt sich aber womöglich beim TSV Maccabi ab.
Der beste nicht-jüdische Freund des Klubs ist sein Ehrenmitglied Eberhard Schulz, der den TSV Maccabi berät. Maurice Schreibmann: »Ohne ihn wären wir nie so weit gekommen, gerade beim Thema Kurt Landauer.« Der ehemalige jüdische Bayern-Präsident ist auch zu Schreibmanns Steckenpferd geworden. »Es liegt an seiner Geschichte, die mehr als ungewöhnlich ist.«
Der FC Bayern als Freund und Helfer
Seinen neuen ligatauglichen Platz hat Maccabi auch dem FC Bayern zu verdanken, der 25.000 Euro zu den Kosten beigesteuert hat. Die Stadtsparkasse legt 40.000 Euro drauf, der DFB 10.000, die Stadt 100.000 und ein zinsloses Darlehen. So dankt Robby Rajber, Präsident des TSV Maccabi, bei der Platzeinweihung im Frühjahr 2010 auch dem FC Bayern, ohne den es diese Anlage nie gegeben hätte. »Das ist die Erfüllung eines Traums.« Mit dem Platz habe die Maccabi-Familie eine Heimat bekommen: »Wir sind keine Gäste mehr.«
Zu den Schirmherren gehört bei der Einweihung des Platzes auch Bayern-Präsident Uli Hoeneß. Für die Moderation konnte Marcel Reif gewonnen werden, Chefkommentator bei Sky Deutschland. Reif verfügt über einen persönlichen Bezug zum Thema. Sein Vater war polnischer Jude, die Mutter eine polnische, deutschstämmige Katholikin. 1956 war die Familie nach Tel Aviv ausgewandert.
Die Rede von Dr. h.c. Charlotte Knobloch, Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens und Oberbayerns und damals Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, macht deutlich, wie viel sich in den vergangenen Jahren im deutschen Fußball verändert hat. Sie dankt DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger für die »ehrliche und intensive Aufarbeitung der NS-Vergangenheit beim DFB«. Mit der Initiative des Julius-Hirsch-Preises und »den vielfältigen Engagements gegen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit« seien »wichtige Dinge auf den Weg gebracht worden«. Knobloch: »Wir haben unsere Koffer ausgepackt.«
Für Münchens Oberbürgermeister Christian Ude sind die Feierlichkeiten »nicht nur für den TSV Maccabi München, sondern auch für die Sport- und Fußballhochburg München ein Meilenstein«. Und Uli Hoeneß ist »stolz darauf, dass Maccabi seinen Platz unserem Präsidenten gewidmet hat«. Er
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