Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Federmann

Der Federmann

Titel: Der Federmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bentow
Vom Netzwerk:
anvertrauen. Das leuchtet ein.
     
    29.6.09
    Heute war es besser. Ich war bei IHM. ER hat eine Ausstrahlung, die beruhigend auf mich wirkt. Schon die erste halbe Stunde hat etwas gebracht. Danach Erschöpfung, Weinen.
     
    6.8.09
    Ich habe IHM von der Begegnung mit der Prostituierten erzählt. Alles erschien plötzlich wie in einem anderen Licht. Als wäre es beinahe selbstverständlich. Erstaunen.
    Der nächste Eintrag war erst ein halbes Jahr später datiert.
    8.2.10
    Cornelia wollte heute Abend mit mir schlafen. Ich erfand Ausreden. Zu viel Arbeit. Das Ohrensausen. Immer wieder das Ohrensausen. Cornelia ist so verständnisvoll. Ich habe mich geschämt, verdammt, wie ich mich geschämt hab.

    19.2.10
    ER sagt, das sei völlig normal. Ich solle meine Bedürfnisse zulassen.
     
    23.2.10
    Heute Nacht habe ich von IHM geträumt. Er streichelte mir die Wangen. Er war ganz sanft zu mir. Erschrocken aufgewacht.
     
    24.2.10
    Ich bin aufgewühlt. Habe mit Dr. B gesprochen. Viel geweint.
     
    25.2.10
    Dr. B ist meine Rettung. Seit Nächten kein Schlaf. Cornelia liegt auch wach.
     
    1.3.10
    ER machte mir einen Vorschlag. Ich kann nicht mehr klar denken. Man muss vertrauen, vertrauen.
     
    4.3.10
    Wenn ich bei IHM bin, ist es wie ein kurzes Aufatmen. Aber ich spüre auch, wie ER Macht über mich gewinnt. ER sagt, das sei alles völlig normal.
     
    5.3.10
    Was ist normal?

    6.3.10
    Dr. B sagt, ich werde befreit sein. Dr. B sagt, ich soll die Schlüssel einfach noch mal in die Hand nehmen.
     
    6.3.10
    Sie von der Brücke werfen! Wieder lange geweint.
    Trojan drückte das Handy ans Ohr.
    »Ist das die letzte E-Mail?«, fragte er Stefanie. »›Sie von der Brücke werfen‹?«
    »Ja.«
    »Was meinte er damit?«
    »Die Schlüssel, nehme ich an.«
    »Drei Tage vor seinem Tod«, murmelte er. »Danke, Stefanie, ich rufe gleich wieder an.«
    Er drückte die rote Taste, sprang aus dem Wagen, lief zu dem Wohnhaus hinüber und klingelte bei Cornelia Leber.
    Als er oben im dritten Stockwerk war, stand sie bereits an der Wohnungstür.
    »Frau Leber«, begann er ohne Umschweife, »sagt Ihnen der Name Dr. B etwas?«
    »Dr. B? Wer sollte das sein?«
    »War Ihr Mann regelmäßig in Behandlung, bei einem Arzt oder so?«
    »Nein.«
    »Denken Sie nach, bitte.«
    Es entstand eine längere Pause. Trojan straffte die Schultern. Ruhig bleiben, dachte er, ganz ruhig, lass ihr Zeit.
    Schließlich sagte sie zögernd: »Ich weiß nicht, ob das von
Bedeutung ist, aber er ist seit einem dreiviertel Jahr einmal in der Woche zu einem Erfolgscoaching gegangen.«
    »Erfolgscoaching?«
    »Ja, so nannte er es jedenfalls. Es war immer am Donnerstagnachmittag. Er war danach jedes Mal ziemlich fertig. Ich glaube, man hat ihn dort ganz schön unter Druck gesetzt. «
    Trojan atmete tief durch.
    »Einen Moment, bitte.«
    Er wählte Gerbers Nummer.
    »Ronnie, seid ihr noch in den Büros?«
    »Ja«, sagte Gerber.
    »Ist Redzkow in der Nähe?«
    »Er ist hier.«
    »Frag ihn, ob er seine Mitarbeiter in letzter Zeit zu einem Erfolgscoaching geschickt hat.«
    »In Ordnung. Warte.«
    Frau Leber sah ihn an. »Glauben Sie mir denn nicht?«
    Trojan machte eine beschwichtigende Geste, dann hörte er wieder Gerbers Stimme am Telefon.
    »Redzkow weiß nichts von einem Coaching.«
    »Okay, danke.«
    Trojan legte auf.
    »Darf ich noch mal reinkommen?«
    Cornelia Leber nickte.
    Sie bat ihn wieder ins Wohnzimmer.
    »Frau Leber, bitte, denken Sie genau nach. Wo könnte Ihr Mann regelmäßig am Donnerstag gewesen sein?«
    Ihre Augen waren rotgerändert. Sie fuhr sich mit der Hand an die Stirn.

    »Ich bin ihm einmal an einem Donnerstagnachmittag zufällig begegnet«, sagte sie leise.
    »Wo war das?«
    »In der Nähe vom U-Bahnhof Kleistpark.«
    »In Schöneberg?«
    Sie nickte.
    »Er war so merkwürdig zu mir, so abweisend und kühl.«
    Trojan schaute sie an.
    »Dr. B«, murmelte er. »In Schöneberg.«
    Mit einem Mal war ihm, als würde das Blut in seinen Adern gefrieren.
    Es dauerte ein paar Sekunden, bis er sich aus seiner Erstarrung gelöst hatte.
    Dann stürmte er ohne ein Wort aus der Wohnung.

NEUNUNDZWANZIG
    J ana schlug die Augen auf. Sogleich zuckte sie zusammen. Sie fürchtete das Flattern, diese hektischen Bewegungen um sie herum.
    Doch da war nichts.
    Kein Vogel.
    Nur Stille.
    Und das Rauschen in ihren Ohren.
    Ein heftiger Schwindelanfall packte sie. Der Raum drehte sich, schneller und schneller.
    Sie presste die Augen zu. Als sie sie wieder öffnete, hatte sich das Bild

Weitere Kostenlose Bücher