Der Fehler des Colonels
hundert Meter hinter ihnen ebenfalls langsamer wurde.
Vor dem Haupteingang der Mall of the Emirates standen ein paar Bänke und ein Springbrunnen, aus dem Wasser zu einer digitalisierten Version von Rimski-Korsakows »Hummelflug« schoss. Mark bezahlte das Taxi, setzte sich auf eine Bank und rief Daria an.
»Mindestens zwei«, sagte er.
»Ich hab dich im Blick.«
Sie war hinter ihm, irgendwo im Einkaufszentrum, und er war erleichtert, dass sie in erreichbarer Nähe war. Draußen im Einsatz mit jemandem zusammenzuarbeiten war ein bisschen wie eine Tanzvorführung, teils choreografiert, teils improvisiert, mit einem zugrunde liegenden Rhythmus, den beide Partner spüren mussten, damit es klappte. In der Nacht zuvor bei ihrem Übungslauf hatten sie ihn beide gespürt.
»Siehst du den blauen Mercedes?«
»Den hab ich«, sagte sie.
»Der war hinter mir, Nummer eins. Nummer zwei war ein grauer Lexus, direkt vor mir.«
»War seitlich von dir auch einer?«
»Keine Ahnung.«
»Rotieren sie die Positionen?«
»Kann ich noch nicht sagen.«
Der blaue Mercedes war nicht weit von der Einfahrt zum Parkplatz des Einkaufszentrums rechts ran gefahren. In dem Wagen saßen zwei Männer. Der graue Lexus war an der Nordseite des Zentrums abgebogen und blieb verschwunden. Mark beobachtete den Fußweg, der von der Nordseite auf ihn zu führte.
Bald kam ein Mann in einem blauen Nadelstreifenanzug und einem braunen Sikh-Turban aus dieser Richtung. Er ging an Mark vorbei, ohne ihn auch nur mit einem Blick zu streifen, und betrat das Einkaufszentrum.
»Nummer zwei«, sagte Mark.
»Hab ihn.«
Mark klappte sein Handy zu. Der Kuppelbau am Eingang zur Mall erinnerte an einen Bahnhof des 19. Jahrhunderts. Er trat ein und ging auf die Läden zu.
Daria beobachtete die Szene von einer der oberen Ebenen. Sie trug ein grünes muslimisches Gewand, einen grünen Schleier und Schuhe mit einem Fünfzentimeterabsatz. In ihrer Handtasche hatte sie einen roten Schleier, einen leichten schwarzen Tschador, flache Schuhe und eine Digitalkamera.
Mark nahm einen Fahrstuhl zum ersten Stock und lief einige hundert Meter in das Einkaufszentrum hinein. Kurz hinter dem Adidas-Laden war eine öffentliche Toilette. Er schloss sich in eine der hinteren Kabinen ein und rief Daria noch einmal an.
»Es gibt einen Dritten«, sagte sie. »Nummer eins ist im Erdgeschoss geblieben und Nummer zwei ist einige hundert Meter hinter dir, aber Nummer drei, die ist aufgetaucht und steht.«
»Die?«
»Pumps, blaue Bluse. Hellbraune Handtasche. Sieht jung und nuttig aus. Wartet direkt vor der Herrentoilette.«
»Trommelt sie das restliche Team zusammen?«
»Kann ich nicht sagen.«
Eine kleine Weile später fügte Daria hinzu: »Sie hat gerade eine Brille aufgesetzt.«
»Ich komme raus.«
Mark ging jetzt auffällig schnell. Er eilte an einem chilenischen Lokal vorbei und trat in die Lobby des Kempinski, einem Fünfsternehotel, wo er von einem Portier in roter Livree begrüßt wurde. Er nahm den Fahrstuhl zum vierten Stock, dann lief er die Treppe zum Erdgeschoss hinunter, wo das Hotel sieben Ausgänge hatte. Seine Verfolger würden kaum erraten, für welchen er sich entschied.
Er nahm den Serviceausgang, kehrte in die Mall zurück und rief Daria an.
»Ich glaube, du bist sie los«, sagte sie. »Ich bin jetzt Nummer drei auf der Pelle, sie befragt den Parkplatzaufseher vor dem Kempinski. Was die beiden anderen betrifft, die habe ich vor einer Minute gesichtet, und ich wüsste nicht, wie sie dich hätten kriegen können. Was meinst du?«
»Dürfte sauber sein. Ich werde für eine Weile verschwinden.«
Darias nächster Anruf kam zehn Minuten später. »Nummer eins überwacht den Haupteingang am Brunnen. Nummer zwei ist am Hoteleingang und Nummer drei pendelt zwischen dem Parkplatz und dem Eingang zum Skizentrum hin und her.«
Sobald sie ihn verloren hatten, versuchte Holgans Überwachungsteam die vielen Ausgänge einigermaßen abzudecken. Genau damit hatte Mark gerechnet.
Als er die Mall verließ, ging er absichtlich im Abstand von fünfzehn Metern an Nummer zwei vorbei, die auf einer Bank am Musikbrunnen saß.
»Er hat dich«, sagte Daria.
Mark stieg in ein Taxi. »Zum Gold Souk Hotel«, sagte er.
60
Das Gold Souk Hotel befand sich in enger Nachbarschaft zum Gold Souk selbst – einem klassischen Basar mit Geschäften, wo Menschen aus dem ganzen Nahen Osten zusammenkamen, um Goldschmuck zu kaufen und verkaufen. Im Hotel gab es keinen Portier, nur einen
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