Der Feigling im Dunkeln (German Edition)
als hätte
er die Hälfte seines Körpergewichts verloren. Noch immer
trug er das verhasste Seidengewand in diesem widerlich achsigen
Farbton.
Er
dankte den Göttern, dass seine Geruchsnerven mittlerweile
abgestumpft zu sein schienen.
Als
die Wachen sie an der Kette, die sie alle zusammenband, vom Wagen
zerrte versagten nicht nur ihm die Knie. Es dauerte eine Weile bis
sie es alle auf die Beine geschafft hatten und mühsam und
wackelig die paar Schritte in Richtung des Schiffes gehen konnten.
Es
war kein sonderlich großes Schiff, es würde eng werden.
Vermutlich
war die Insel, auf die sie gebracht werden sollten, nicht weit vom
Festland entfernt.
Er
fantasierte schon von einer wilden Flucht auf einem selbst gebauten
Floß, zusammen mit Aevin und den beiden anderen.
Die
Schifffahrt war eine weitere Probe seiner Nerven.
Die
dumme Angewohnheit gern seine Meinung kundzutun hatte ihn schon
einige male in Verlegenheit gebracht. In dem Bauch des Schiffes, in
das man alle fünfundzwanzig von ihnen gesperrt hatte, wurde es
mitunter schwer keine Massenschlägerei anzuzetteln.
Graehl
hatte mit seiner unverschämten Art schon früh dafür
gesorgt, dass der Abschaum ihn als ihren Anführer ansahen. Er
war der Fremdländer, der sich von den anderen, verhassten
Fremdländern abgrenzte, das schien der richtige Weg ins Herz
dieser Halunken gewesen zu sein.
Die
gesamte Fahrt über schwang er große Reden von ihrem
eigenen Reich, in dem kein König ihnen sagte, was sie zu tun
hatten und Stand keine Rolle spielen würde.
Immer
besorgt durch Gesten, Blicke und Seitenhiebe klarzumachen, dass
Ermond und seine drei Gefährten genau dieses Übel
repräsentierten, mit dem sie nichts mehr zu tun haben wollten.
Alles
was die Vier tun konnten, war still in einer Ecke zu sitzen und zu
beten, dass es auf der Insel kein Holz für einen Scheiterhaufen
geben würde.
Wieder
fiel es Ermond schwer einzuschätzen, wie lange sie unterwegs
waren.
Ab
und an öffneten ihre Wächter die Luke und ließen ein
wenig frische Luft zu ihnen rein, gaben ihnen ein wenig zu Essen und
zu Trinken und schlossen die Luke wieder.
Mal
drang Licht zu ihnen hinunter, mal nur fahler Mondschein. Es schien
unmöglich ein ungefähres Gefühl für die Zeit zu
behalten.
Als
sie endlich ankamen war es gerade Nacht, doch der Mond stand groß
und rund am Himmel.
Die
Wachen führten sie an Deck und in kleineren Gruppen in ein
Ruderboot, dass sie neben dem Schiff zu Wasser gelassen hatten. Immer
zwei Wachen und fünf Gefangene ruderten so in Richtung des
Strandes, wo sie mit der Lanze unterm Kinn freigelassen wurden.
Die
Gefangenen waren überaus kooperativ und so ging ihre Freilassung
schnell von statten.
Als
sie alle am Strang angekommen waren drehte das Schiff und fuhr zurück
zum Festland.
Das
war es also, sie waren angekommen.
Ihr
neues Leben erwartete sie, Ermond konnte kaum abwarten zu erfahren,
wie lange es wohl andauern würde.
Keine
halbe Stunde, wie es schien.
Der
Nordmann hatte einen seiner Leute los geschickt die Gegend zu
erkunden, es dauerte nicht lange bis der Junge zurückkam und
berichtete, was er gesehen hatte.
Es
gab einen Berg im Nordteil der Insel, mit nur wenigen Sträuchern
und Bäumen drauf, soweit er das bei dem Licht beurteilen konnte.
Südkap
und Westseite, an der sie standen, waren Strand, der Rest der Insel
war überwuchert mit Gestrüpp und Bäumen, im Süden
gab es ein Stück freies Feld.
Seine
erste Einschätzung war, dass man die Insel sicherlich an einem
Tag zu Fuß von Norden nach Süden durchwandern konnte.
Graehl
hörte ihm aufmerksam zu und dachte anschließend einige
Momente nach.
Ein
unheilvolles Grinsen umspielte seine Züge und allen war klar,
was geschehen würde.
Mit
bedrohlich ruhiger Stimme sagte er ein einziges Wort: "Los."
Und
sie rannten.
Ermond
hielt Aevin an der Hand, damit sie nicht zurückfiel.
Als
sie den Wald erreichten, von dem der Kundschafter gesprochen hatte,
verloren sie die anderen beiden aus den Augen, Hauptsache weiter.
Hinter
sich hörten sie das johlende Pack, doch niemand schien wirklich
daran gelegen sie einzufangen.
Einmal
hatte eine düster drein blickende Frau sie eingeholt, sie mit
einem Schlag auf den Hinterkopf verhöhnt und war wieder
zurückgefallen. Es war eine Hetzjagd und sie waren das Gejagte.
Einige
der Verfolger gaben nach einer Weile auf, sie alle waren von der
langen Reise erschöpft. Als das Land langsam anstieg waren es
noch etwa fünf hinter ihnen. Weiter
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