Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition)

Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition)

Titel: Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Huber
Vom Netzwerk:
die besonders perfide, passen die sich jeder Situation an, nur um mich zu quälen?“ Sie war lange blind für den Verrat der Mutter an ihr, versuchte, dem Vater oder anderen Männern, die sie gequält hatten, die Stimmen zuzuordnen, was aber schwierig bis unmöglich war. Erst als sie in der ambulanten Psychotherapie ihrer Mutter gegenüber zunehmend kritischer werden konnte, begann sie, den anderen Teil der inneren Stimmen zu verstehen und zuzuordnen. Interessanterweise gelang ihr das erst, als die Beziehung zu mir so vertrauensvoll war, dass sie innerlich begann, immer wieder zu vergleichen: „Wie werde ich von Frau H. behandelt – wie hat mich meine Mutter behandelt?“ Erst schien es ihr, als sei „Frau H.“ etwas Exotisches, eine Art innerer Mary Poppins. Doch dann verstand sie: Frau Hs Verhalten war gar nicht so exotisch. Sie benahm sich nur auf eine für die Klientin exotische Weise: Sie hörte nämlich zu, ohne „genervt“ zu sein. Sie bestätigte die Wahrnehmung der Klientin. Sie forderte sie heraus, mehr über sich zu verstehen. Und vor allem: Sie gab ihr das Gefühl, sie vorbehaltlos zu mögen und ihr zuzutrauen, sich auch aus den schwierigsten Verhältnissen herauszuarbeiten. Sie unterstützte sie darin, sich nicht zu begnügen. Sie fand ganz vieles gut, was die Klientin sagte und tat. Mit anderen Worten: Sie war auf eine verlässliche Weise freundlich und unterstützend. Und das half.
    Es half zu sehen, dass die Mutter das alles nicht oder nur sehr selten getan hatte. Es half der Klientin zu sehen, dass die Mutter selbst todunglücklich war, angepasst und ängstlich, verzagt und doch als Erwachsene für das Kind, das meine Klientin gewesen war, sehr mächtig in ihrer Art. Erst durch den Unterschied im Erleben konnte dann auch die innere Stimme „Es ist alles sinnlos; wehre dich nicht, pass dich besser an, dagegen kommt man nicht an ...“ verstanden werden als das täterloyale Introjekt der Mutter. Und Stimmen wie: „Stell dich nicht so an, daran bist du selbst schuld“ konnten sowohl der Mutter als auch dem Vater zugeordnet werden, die beide diese Ansicht vertreten hatten.
    Ich bin vielen Menschen begegnet mit genau solchen Stimmen im Kopf – oder entsprechenden Gedanken, Gefühlen und Handlungsimpulsen. Stimmen oder Gedanken oder Impulse, die quälten, die niederdrückten, die sie innerlich „fertigmachten“. Die ihr Selbstwertgefühl, das zarte Pflänzchen, immer wieder zertrampelten: „Ha, bilde dir bloß nichts ein!“ – „Das kannst du eh nicht – vergiss es!“ „Sei still! Halt den Mund! Red bloß nicht weiter!“ Oder: „Es wird nicht geheult!“ (Siehe auch  Interview 2 mit dem Traumaexperten Onno van der Hart  in diesem Buch.)
    E-Mail-Dialog 1
    Wie unendlich quälend das sein kann, möchte ich anhand eines E-Mail-Dialogs deutlich machen. Oft schreiben mich, gerade nachts – ich sitze oft noch spät am PC – Menschen in Not über meine Website an. Zum Beispiel so:
    Liebe Frau Huber,
    wir haben Ihr Buch „Viele sein“ gelesen und fühlen uns zum ersten Mal verstanden. Haben leider riesige Probleme. Besonders mit und in Therapie. HILFERUF ... an Sie. Wir wissen nicht weiter ...
    Meine Antwort: Ja? Ich höre zu. Mögen Sie etwas dazu schreiben?
Freundliche Grüße!
    Hören Sie wirklich zu??? Uns? Jetzt???
    Ja. Ich sitze hier und höre zu. Liebe Grüße!
    Wir können es gar nicht glauben ... Wir können auch schwer Worte finden ... Haben „Er.“ In. N. Er. T. [Erläuterung MH: Einen inneren zerstörerischen „Er“ – und innert heißt innen. Aus allem ergibt sich das Wort „erinnert“. Diese Frau, die sich selbst als „Viele“ im „Wir“ benennt, versucht auf poetische Weise zu beschreiben, wie es ihr geht.]
    Und seitdem ist unsere Welt. In sich zusammen gebrochen ... Ehe kaputt. Vorläufige Erwerbsminderungsrente. Und ein Gesundheitssystem. Das eher destruktiv ist ... Und wir finden nicht raus. Aus der. Selbst.Z.ER.Stör.Ung ... HILFE ...
    Ja. Was könnte denn helfen? Braucht Ihr eine gute TherapeutIn? Liebe Grüße
    Wir bräuchten schnell eine erfahrene Therapeutin. Und noch schneller eine Klinik. Aber. Wir sind anscheinend „ZU KOMPLEX“. Und sehr frustriert ...
    Oh dann seid Ihr in guter Gesellschaft. Willkommen im Club! Die Menschen, mit denen ich arbeite und für die ich mich einsetze, sind alle so. Viel zu „schwierig“. Also müssen wir für Euch jemanden suchen, der keine Angst vor „schwierigen“ Menschen hat, die Viele sind, was? Mögt Ihr

Weitere Kostenlose Bücher