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Der Feind im Spiegel

Der Feind im Spiegel

Titel: Der Feind im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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Hand halten. Ich möchte nicht so gerne mit Freya alleine sein.«
    »Mußt du auch nicht. Ich bleibe heute nacht hier.«
    Das war ein gemütlicher Abend, dachte er, als er am nächsten Morgen zur Arbeit fuhr. Er hatte Freya ihre zwei Gutenachtgeschichten vorgelesen, dann hatten sie sich einen Thriller auf Video angeschaut und waren ins Bett gegangen. Er hatte neben ihr gelegen und ihr die Hand gehalten, bis sie eingeschlafen war. Gegen eins war Freya mit ihrem Kissen und ihrem Teddy gekommen und hatte sich zwischen sie gekuschelt. Morgens war es erst ein wenig komisch gewesen, aber sie hatten die seltsame Verlegenheit überwunden, indem sie sich auf das Kind konzentrierten. Er hatte Freya in den Kindergarten gefahren. Sie wollte gerne zu ihren Freunden, obwohl Lise sich einen Tag freigenommen hatte und zu Hause blieb.
    Die Sonne schien, der Himmel war hoch und blau, und die Bäume trugen ein frisches Grün. Man mußte einfach guter Laune sein. Toftlund hatte den Sicherheitschef des Magasin und Brian Gislev angerufen. Das Kaufhaus war natürlich sofort zur Zusammenarbeit bereit, und Gislev sollte das entsprechende Videoband in die Villa in Brønshøj mitbringen. Aber Toftlund wurde vorgewarnt, sich nicht allzuviel zu versprechen. Sie hätten mit mehreren Kameras und zwei Aufnahmegeräten Probleme gehabt und nutzten nun die Urlaubszeit, um gleich das ganze System überholen zu lassen. Zur Zeit hätten sie also nicht alles unter Kontrolle, hatte der Sicherheitschef des Magasin gesagt. Was natürlich vertraulich sei. Sie würden das nicht gern in alle Welt hinausposaunen. Per fand das nicht weiter schlimm. Er glaubte sowieso, daß Lise sich geirrt hatte, aber wenn es sie beruhigte, schaute er sich gern die Bänder an, dann konnte er ihr ohne schlechtes Gewissen mitteilen, daß ihre Augen sie getrogen hatten. Daß sie am hellichten Tag Gespenster gesehen hatte. Er dachte an die Nacht zurück. Es war eine so unbekümmerte und normale Nacht gewesen, obwohl – so ganz geheuer war es ihm auch nicht gewesen.
    Gislev hatte das Abspielgerät vorbereitet. Die Aufnahmen waren körnig und verschwommen. Menschen kamen und gingen. Endlich tauchte Lise auf. Man hatte eine halbe Sekunde, um sie zu erkennen, dann verschwand ihr Gesicht. Man sah ein paar Menschen, die ihr zu Hilfe eilten. Man sah auch den Nacken eines jüngeren Mannes mit Brille. Auf einem anderen Band entdeckten sie den jüngeren, gut gekleideten jungen Mann noch einmal, einen kurzen Moment lang. Er lief am Rand des Bildes zum Ausgang am Bremerholm. Es war unmöglich, ihn deutlich zu erkennen. Eine Frau mit einem großen Kinderwagen und ein hochgewachsener, korpulenter Mann versperrten ihnen die Sicht. Leider gehörte ausgerechnet die Kamera, die ihn hätte von vorn aufnehmen können, zu denen, die gerade ausgetauscht wurden. Toftlund spulte zurück und hielt das Bild an. Es gab da eine gewisse Ähnlichkeit, wenn man lange genug hinschaute, aber er war trotzdem davon überzeugt, daß es sich nicht um den Mörder handelte. Wenn man angespannt und nervös war, konnte man vielleicht einen Augenblick lang glauben, er sei es. Aber nur auf den ersten Blick. Die Bilder waren nicht gut, aber sie waren gut genug. Toftlund war sich sicher, daß diese leichte Ähnlichkeit Lise einen Schock versetzt und bei ihr einen Kurzschluß ausgelöst hatte.
    »Was meinst du?« sagte Gislev.
    »Das ist er nicht.«
    »Wäre auch eine Sensation. Toter Mann auferstanden!«
    »Ja.«
    »Es gibt noch eine andere Möglichkeit.«
    »Und zwar?«
    »Wenn er das Geländer angefaßt hat, hat er Fingerabdrücke hinterlassen.«
    »Nachts werden da doch bestimmt die Putzkolonnen anrücken, meinst du nicht?«
    »Doch. Aber es ist eine Möglichkeit. Sie ist gering, aber sie besteht.«
    »Das wäre ein Riesenzirkus. Wir müßten die Spurensucher von der Polizei bestellen und das ganze Kaufhaus absperren. Das kommt nicht gut an. Ich habe keine große Lust, mit der Sache zu Vuldom zu gehen. Ich bin nämlich nicht scharf darauf, mich lächerlich zu machen und die Fahndung nach einem Toten einzuleiten.«
    »Du glaubst deiner Frau nicht?«
    »Nein, Brian. In der Tat. Ich rufe sie an und sage ihr, daß sie sich geirrt hat. Vuk ist tot und schmort in der Hölle. Und da soll er auch bleiben.«
    Als er Vuldom ein paar Tage später traf und sie darüber informierte, stimmte sie seiner Einschätzung voll und ganz zu. Aber die Art ihrer Reaktion überraschte ihn doch. Sie kritisierte ihn ungewohnt heftig, daß er der

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