Der Feind im Spiegel
abgelaufen, daß die Zelleninsassen anfingen, gegen die Gitterstäbe zu trommeln und zu brüllen, sie wollten hier raus und weg von diesen Irren, die ihnen nicht einmal in ihren schlimmsten Alpträumen begegnet wären.
Der Fettwanst stampfte heran, machte sämtliche Lampen an und knüppelte auf die Hände los, die die Stäbe umklammerten. Die Zelle war ein Meer von Menschenleibern, die schrien und heulten, fluchten und weinten. Den Wächter ergriff Panik. Die Situation geriet außer Kontrolle. Auch in den anderen Zellen schwoll der Lärm an. Er nahm den Knüppel in die linke Hand, zog seinen Revolver und brüllte sie sollten ihr beschissenes Maul halten, aber die Waffe machte die Panik nur noch schlimmer. In der Ecke lagen die beiden Latinos, der eine hielt sich die schmerzenden Finger und fluchte. Vuk ging langsam auf das Gitter zu. Trotz der Panik wichen die anderen Gefangenen vor ihm zurück.
Joe kam angerannt. Er hielt seinen Revolver in der Hand und war in Begleitung von drei Beamten mit Schrotflinten. Sie luden durch, man hörte das Geräusch trotz des Lärms. Joe spannte seine Smith & Wesson. Er sagte kein Wort, gelassen starrte er die Männer hinter dem Gitter an, während seine Männer die Flinten hoben und in die Zelle zielten. Allmählich verklang der Lärm, bis es abgesehen von einem leisen Wimmern ganz still wurde.
»Alle gehen zurück, ganz zurück«, sagte Joe.
Langsam wichen sie bis an die hinterste Wand zurück.
»Schließ auf, Jack«, befahl er.
Der fette Wächter schwitzte, in seinen Augen stand die Angst.
»Meinst du, das ist klug, Joe?«
»Wer gibt hier die Befehle, Jack?«
»Joe natürlich.«
»Also, worauf wartest du?«
Der Dicke zog sein Schlüsselbund hervor. Seine Hände zitterten. Die Gefangenen bewegten sich vorsichtig vorwärts, zogen sich aber gleich wieder zurück, als sich die Gewehrmündungen ein wenig hoben.
»John Ericsson, tritt vor!« sagte Joe. Die Zelle öffnete sich, und Vuk kam heraus. Der Dicke beeilte sich, die Tür wieder zu verschließen.
»Stell dich an die Wand, John Ericsson!« sagte Joe.
»Handschellen und Fußfesseln!« Vuk mußte die Beine spreizen und starrte die Wand an. Ein Polizist senkte das Gewehr und legte ihm Handschellen und Fußfesseln an.
»Und wir?« ließ sich eine Stimme aus der Zelle vernehmen. »Laß uns raus.«
»Er hat mir die Hand und die Nase gebrochen«, sagte eine zweite.
Die Stimme dieser groben blutverschmierten Visage klang überraschend hell, fast mädchenhaft.
»Du hast bestimmt schon Schlimmeres erlebt.«
»Ich will einen Arzt!«
»Der kommt morgen.«
»Scheiß Bullen! Ich hab Anspruch auf einen Arzt!«
Joe trat ans Gitter, und der Wächter machte die Tür noch einmal auf. Der hochgewachsene Joe ging durch die Gruppe schwitzender, verängstigter Männer zu dem Latino. Sein Kumpel kauerte daneben und hielt sich den Hals.
»Zeig deine Hand«, kommandierte Joe.
Der Kerl reichte ihm die Hand hin. Das Blut rann ihm aus der Nase. Joe ergriff sanft die Hand und drückte dann zu und hielt fest, trotz des Stroms von Flüchen, die der Latino ausstieß. Joe ließ los und sagte: »Wahrscheinlich nur verstaucht. Das sieht sich morgen der Arzt an.«
»Wir haben unsere Rechte«, sagte sein Kumpan. »Das hier sind die fucking USA. Wir haben Rechte, Mann!« Seine Stimme war heiser und zischend.
»Einen Scheiß habt ihr. Sonst nichts«, sagte Joe. Er wandte ihnen verächtlich den Rücken zu und verließ die Zelle, aber die Pistole hatte er vorsichtshalber entsichert.
»Und was ist mit uns?« versuchte es ein jüngerer Mann.
Er trug ein weißes T-Shirt und Jeans und sah wie ein Junge aus der Mittelschicht aus, der wegen überhöhter Geschwindigkeit eingebuchtet worden war. »Die beiden da sind richtige Brutalos. Die sind gewalttätig, Mann. Ihr müßt uns gefälligst beschützen!«
Joe drehte sich um.
»Ihr dürft mit Licht schlafen, wenn ihr wollt. Weicheier«, sagte er.
Er packte Vuk am Ellbogen, ein zweiter ergriff den andern Ellbogen, und Vuk wurde in die Wachstube geführt. Dort standen zwei jüngere Männer in Anzug und Krawatte. Sie waren schwarz und hätten Zwillinge sein können, wenn sie nicht zehn Jahre auseinander gewesen wären. Garantiert vom FBI, dachte Vuk. Die Katze war aus dem Sack.
»Das ist der Mann, der sich John Ericsson nennt. Unterschreibt, dann gehört er euch«, sagte Joe.
Nach ein paar Sekunden drehte er sich zu John um und meinte: »Wer, verdammt, bist du eigentlich? Hier schläft man arglos den
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