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Der Feind in deiner Nähe

Titel: Der Feind in deiner Nähe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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hat sie mit mir darüber gesprochen, und ich habe mit Dr. Thorne gesprochen.
    Spielt das eine Rolle?«
    »Ich hatte nur einen völlig anderen Eindruck von ihr.«
    Er bedachte mich mit einem scharfen Blick. Ich befürchtete schon, ihn beleidigt zu haben. »Du kennst doch Holly. Sie zieht immer eine Show ab. Denk mal an die Geschichte vorhin mit dem Kissen.«
    »Das war doch nur ein Scherz.«
    »Wer, zum Teufel, bist du, dass du entscheiden kannst, ob das ein Scherz war oder nicht?«, fuhr er mich an.

    »Entschuldige«, sagte ich, erschrocken über Charlies plötzlichen Wutausbruch. »Lass uns nicht streiten. Wir stehen beide auf derselben Seite.«
    »Ich weiß. Das Ganze wird langsam zu viel für mich. Ich habe eine ziemlich anstrengende Zeit hinter mir.«
    »Das glaube ich dir gern.«
    »Weißt du, was, Meg? Früher hatte ich immer Angst, dass jemand Holly etwas antun könnte. Jetzt sieht es ganz danach aus, als wollte sie das selbst übernehmen. Manchmal denke ich, dass ich sie verloren habe. Ich glaube wirklich, sie möchte sterben. Wenn dem tatsächlich so ist, dann weiß ich nicht, was irgendjemand von uns tun könnte, um das zu verhindern.«

    33
    Am Tag bevor Holly nach Hause kam, wollte ich Charlie ein Begrüßungssträußchen für sie vorbeibringen, musste aber feststellen, dass schon überall im Haus Vasen voller Lilien und Rosen herumstanden, die mein kleines Anemonensträußchen ziemlich mickrig aussehen ließen. Im Haus wimmelte es nur so von Leuten. Charlies Mutter war gerade eingetroffen und saß, rundlich und entspannt, auf der Couch und rauchte eine Mentholzigarette, während Hollys Mutter in der Küche lautstark mit Töpfen und Pfannen hantierte. Charlie war damit beschäftigt, einen asymmetrischen Weihnachtsbaum zu schmücken, und Naomi strich gerade die letzte Wandseite von Charlies und Hollys Schlafzimmer in einem zarten Grünton. »Wir haben uns gedacht, wir überraschen sie«, erklärte sie und grinste von der Trittleiter herunter. Sie hatte einen Farbklecks auf der Wange.
    Einen Moment lang empfand ich ein kindisches Gefühl von Eifersucht. »Du hättest mir Bescheid sagen sollen. Ich hätte dir helfen können.«
    »Ich weiß doch, wie viel du zu tun hast. Und außerdem macht mir das Streichen Spaß«, entgegnete Naomi. Sie legte ihren Pinsel vorsichtig auf den Deckel der Farbdose. »Möchtest du eine Tasse Tee? Und ein Stück Kuchen? Ich habe Ingwerkuchen gebacken.«
    »Nein, danke«, antwortete ich knapp. »Ich kann nicht bleiben.«

    *
    Am nächsten Tag schaute ich nicht bei Holly vorbei. Ich wollte ihr ein bisschen Zeit lassen, sich wieder einzugewöhnen, doch am Abend, auf meinem Weg nach Hause, klingelte mein Handy, und sie war dran. Sie berichtete mir, dass sich alle ganz reizend um sie kümmerten, und stieß dann ein verächtliches Schnauben aus, das ich als positives Zeichen wertete. »Es ist wirklich übel«, sagte sie. »Die beiden Mütter sprechen nicht miteinander, und Charlie gibt sich solche Mühe, es allen recht zu machen, dass er mir schon fast vorkommt wie ein Hund, der ständig zwischen seinen zwei Besitzern hin- und herläuft. Kannst du vorbeischau’n? Bitte!«
    »Du meinst, jetzt gleich?«
    »Sie würden dich nicht reinlassen. Angeblich brauche ich Ruhe. Es ist wirklich zum Verrücktwerden, aber verrückt bin ich ja sowieso schon. Komm morgen.«
    »Ich weiß nicht, ob das –«
    » Bitte. «
    »Also gut. Wann?«
    »Komm doch zum Mittagessen.«
    »Ich bringe was mit.«
    »Untersteh dich! Die Küche platzt bald vor lauter Essen. Jeder meint, er muss irgendeine dämliche Suppe kochen. Weißt du, was? Bring doch deinen Todd mit. Morgen ist schließlich Samstag.«
    »Bist du sicher?«
    »Nun fang nicht du auch noch an, mich wie eine Invalide zu behandeln. Ich möchte ihn kennen lernen, damit ich dir sagen kann, ob er gut genug für dich ist.«
    »Aber bitte nimm –«
    »Ja, ich nehme mich zusammen. Keine Sorge. Ich verspreche dir, dass ich nicht wieder so grob mit ihm umspringen werde wie beim letzten Mal. Das lassen meine Pillen gar nicht zu.«
    Das hatte ich nicht gemeint. Eigentlich hatte ich sagen wollen:

    »Aber bitte nimm ihn mir nicht weg.«

    Wir trafen gegen zwölf bei ihnen ein. Charlie öffnete uns die Tür und umarmte mich. Dann begrüßte er Todd mit einem kräftigen Handschlag. Er trug eine Schürze und hatte die Ärmel hochgekrempelt. Mittlerweile waren es noch mehr Blumen geworden, überall standen Karten mit Genesungswünschen herum, und die Beleuchtung des

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