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Der Feind in deiner Nähe

Titel: Der Feind in deiner Nähe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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Kaffee-kochen und Aktenschleppen hinaus.
    »Deborah wollte sie in das Cook-Projekt mit einbinden.«
    Trish berichtete, was dabei alles schief gelaufen war. Es schien eine komplizierte Geschichte zu sein, aber ich unterbrach sie schon nach den ersten Sätzen.
    »Nein, nein, nein«, sagte ich. »Das ist doch alles Blödsinn.
    Überlasst die Sache mir. Ich werde selbst mit Deborah reden.
    Sagt ihr bitte, dass ich sie in fünf Minuten sprechen will. Machst du das für mich, Trish? Ich muss vorher noch jemanden anrufen.«

    Selbst jetzt konnte ich Deborah noch so sehen, wie Meg und ich sie gesehen hatten, als wir ein paar Monate zuvor unser erstes Gespräch mit ihr führten. Sie war groß, wirkte sehr gepflegt und machte einen äußerst selbstbewussten Eindruck. Wir hatten beinahe das Gefühl gehabt, als wäre sie diejenige, die zum Vorstellungsgespräch lud, und nicht wir. Dass wir menschlich nicht wirklich mit ihr warm wurden, störte uns nicht, ganz im Gegenteil. Wir waren ja nicht auf der Suche nach einer neuen Freundin. Wir wollten eine hart arbeitende, kompetente Mitar-beiterin. Als Deborah zur Tür hereinkam, hatten wir sofort den Eindruck, dass sie sämtliche Anforderungen erfüllte. Ihr Arbeitszeugnis war allerdings ein wenig seltsam gewesen.
    Anscheinend hatte sie sich mit ihrem letzten Arbeitgeber zerstritten, aber selbst das störte uns nicht. Vor allem mich nicht.
    Mir gefiel die Vorstellung, jemanden mit Ecken und Kanten, mit Biss einzustellen, und das sagte ich auch zu Meg. Brave Angestellte hatten wir schon genug. Nur, dass sie eigentlich gegenüber anderen mit Biss auftreten sollte, nicht gegenüber uns selbst.
    Als sie jetzt den Konferenzraum betrat, wirkte sie so beeindruckend wie immer.
    »Wie war’s in Roehampton?«, fragte ich.
    »Ganz okay.«
    »Irgendwas Besonderes?«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Nicht wirklich«, antwortete sie.
    »Ich bin ein bisschen früher gefahren.«

    »Ach, hör doch auf!«, sagte ich. »Ich habe gerade mit Jo Palmer gesprochen, die zufällig diese Konferenz leitet. Du bist dort überhaupt nicht aufgetaucht.«
    Ich muss zugeben, dass es mich beeindruckte, mit welcher Souveränität Deborah darauf reagierte, dass ich sie ertappt hatte.
    Ihr Blick wirkte irritiert und leicht verletzt. »Hast du mir hinterherspioniert?«, fragte sie.
    »Das ist mein Job«, entgegnete ich. »Ich leite diese Firma.«
    »Ich war auf der Konferenz«, erklärte sie. »Kann sein, dass ich vergessen habe, mich registrieren zu lassen.«
    Aber ich hatte meine Akte parat. Ich schlug sie auf und breitete die Kopien, die ich gemacht hatte, vor ihr aus, als handelte es sich dabei um ein unschlagbares Blatt Pokerkarten.
    »Was ist das?«, fragte sie.
    »Du weißt genau, was das ist«, gab ich zurück. »Ich habe mit den anderen darüber gesprochen, was wir deinetwegen unternehmen sollen, und in einem schwachen Moment dachte ich, wir könnten dich mit einer Abmahnung davonkommen lassen.
    Aber dann hast du versucht, die Schuld auf Lola zu schieben.
    Was sollte denn das?«
    »Sie ist noch unerfahren«, antwortete Deborah. »Ich habe sie gedeckt.«
    »Bist du verrückt?«, fragte ich. »Gibst du eigentlich nie auf?
    Sieh dir doch diese Unterlagen an! Du hast gelogen. Du hast die Firma hintergangen.«
    Sie erwiderte meinen Blick, ohne mit der Wimper zu zucken.
    »Ich bin gut in meinem Job«, erklärte sie. »Und das weißt du.«
    »Du bist gefeuert.« Ich warf einen Blick auf meine Uhr, um festzustellen, welches Datum wir hatten. Ich konnte im Moment nicht mal sagen, welche Jahreszeit gerade war. Jedenfalls fielen die Blätter von den Bäumen. »Wir werden dich bis Ende des Monats weiterbezahlen, aber ich möchte dich hier in der Firma nicht mehr sehen.«
    Deborah schwieg eine ganze Weile. Nun hatte ich ihre unge-teilte Aufmerksamkeit.
    »Das kannst du nicht machen!«, sagte sie schließlich. »Ich habe einen guten Job aufgegeben, um zu euch zu kommen. Ich habe eine Wohnung. Ich muss eine Hypothek abbezahlen.«
    »Du hast Recht«, entgegnete ich. »Du bist gut in deinem Job.
    Ich weiß nicht, was schief gelaufen ist, aber hier bei uns kannst du definitiv nicht bleiben. Ich frage mich, ob du vielleicht Hilfe brauchst …«
    Deborah verzog das Gesicht, als wäre der Raum von einem schrecklichen Gestank erfüllt. »Rede nicht so herablassend mit mir, du arrogante …« Sie hielt einen Moment inne, als würde ihr kein Schimpfwort einfallen, das schlimm genug für mich war.
    »Weißt du eigentlich, dass dich

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