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Der Feind meines Vaters - Roman

Der Feind meines Vaters - Roman

Titel: Der Feind meines Vaters - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Almudena Grandes
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Schreibmaschine zu lernen, nur, dass ich meinen Vater nicht ein weiteres Mal enttäuschen durfte. Hätte ich die Musterung bestanden und mich danach geweigert, zur Guardia Civil zu gehen, wäre wahrscheinlich nichts passiert. Da ich aber durchfallen würde, blieb mir nichts anderes übrig, als in einem Büro zu arbeiten, obgleich ich es nicht wollte, und vielleicht würde man mich Don Antonino nennen, und Vater wäre stolz, dass ich das Leben besser meisterte als er, doch es sollte anders kommen, denn die Dinge sind niemals so, wie sie scheinen.
    Als ich an diesem Tag aus der Schule kam, hatte ich ein Gefühl, als platzte mir der Kopf, so viele Stunden hatte ich darüber gegrübelt. Ich war sicher, dass Mutter mir zulächeln und wie immer einen Kuss geben würde, vielleicht sogar etwas inniger als sonst, um mir anschließend zu eröffnen, dass Vater eine Idee gehabt hätte. Später würde er kommen, mir alles mit ein paar Sätzen erklären, und ich würde so tun, als wüsste ich von nichts und fände es sehr gut, ich würde mich bei ihm bedanken und ehe ich mich versah vor einer Schreibmaschine sitzen. All das stellte ich mir vor, doch in Wirklichkeit geschah nichts davon, denn plötzlich stand die ganze Welt kopf.
    Es war schon früher passiert, so oft, dass ich es förmlich in der Luft riechen konnte, noch bevor ich es in den Gesichtern der Leute las, in ihrem Lächeln, das ich seit Sommeranfang nicht mehr gesehen hatte. Cuelloduros Bar war voll, aber auch gleichzeitig leer; die Stammgäste standen mit ihren Gläsern draußen auf der Straße und gaben eine Runde nach der anderen aus. Mehr brauchte ich nicht zu wissen, denn plötzlich tauchte Paquitos Mutter auf, nahm uns wie kleine Kinder an der Hand und zerrte uns ohne Erklärung davon.
    »Los, nach Hause, aber schnell und ohne zu mucken.«
    »Was ist denn los, Mutter?«
    »Ohne zu mucken, habe ich gesagt!«
    Die Welt stand kopf, und an diesem Abend kam Vater erst spät nach dem Abendessen nach Hause. Es gab kein Gespräch, weder Schreibmaschine noch Versprechungen oder Verstellungen, nur Mutters unablässige Klage, wobei sie zum ersten Mal die Kälte vergaß.
    »Wieso musste ich einen Guardia-Civil-Beamten heiraten, warum nur, dabei hatte ich es in meinem Dorf so gut. Und jetzt kann es jeden Tag so weit sein, dass ich als Witwe mit drei Kindern auf der Straße sitze.«
    An diesem Nachmittag durften wir nicht einmal draußen im Hof spielen. Die ganze Zeit saß ich mit meinen Hausaufgaben am Küchentisch und stellte keine einzige Frage, denn ich wusste genau, dass meine Mutter ebenso zugeknöpft wäre wie die von Paquito, aber meine Schwester Dulce, die alles mitbekommen hatte, flüsterte es mir zu.
    Um ein Uhr mittags, also am helllichtem Tag und unvermummt, wie in den guten Zeiten, hätten die aus den Bergen eine Straßensperre errichtet und den Bürgermeister von Alcaudete überfallen.
    Irgendwer müsse ihnen verraten haben, dass der Bürgermeister fünfundzwanzigtausend Peseten dabeihatte, um den Bauunternehmer zu bezahlen, der für seinen Schwiegervater ein neues Haus baute.
    Kurz nachdem sie ihm das Geld abgenommen hatten, seien sie einem halb verhungerten Schäfer auf der Straße begegnet und hätten ihn gefragt, was er dort mache, worauf der geantwortet hätte, er habe vergeblich Arbeit gesucht.
    Die aus den Bergen hätten die zerfetzten Espadrilles, aus denen die beiden dicken Zehen herauslugten, und seine kränkliche gelbe Haut gemustert und begriffen, dass ihm niemand Arbeit gegeben hatte, weil er krank war.
    Daraufhin hätte der Anführer der Bande das getan, was auch Cencerro immer wieder getan hatte, nämlich zweihundert Peseten aus dem Geldbündel des Bürgermeisters genommen und dem Schäfer gesagt, er solle nicht vergessen, was jetzt geschehe. Dann hätte er sie ihm gegeben und laut erklärt, dass er sie nötiger habe als sie.
    Sie hätten gewartet, bis der Schäfer weg war, dann den Fahrer und seinen Passagier im Wagen eingeschlossen, die Schlüssel weggeworfen und ihnen erklärt, sie würden sie am Leben lassen, damit sie es weitererzählen konnten. Am Ende hätten sie gerufen: »Es lebe die Republik!« und seien in fünf Minuten verschwunden gewesen.
    Der Bürgermeister habe wie alle, wie immer, der Guardia Civil gegenüber behauptet, dass er keinen der Räuber wiedererkannt habe und sie aufgrund ihres Akzentes nicht aus der Gegend sein könnten.
    Das hätten die Beamten aus Alcaudete ihm natürlich nicht abgenommen.
    Und der Besitzer eines

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