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Der Feind meines Vaters - Roman

Der Feind meines Vaters - Roman

Titel: Der Feind meines Vaters - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Almudena Grandes
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schickte, erklärte sie, ich hätte jetzt so lange Hausarrest, bis sie es sich anders überlegte. Trotzdem ging ich am nächsten Sonntag wieder zu Pepe. Vater war zuvor mit Romero hinaufgegangen, um ihm einen Routinebesuch abzustatten, so wie sie jede Woche alle Leute aufsuchten, die außerhalb des Dorfes wohnten. Der neue Bewohner der Mühle hatte ihm gefallen.
    »Ein ernsthafter, wohlerzogener junger Mann.« Er hatte Lust zu sprechen und tat es, noch ehe er den Gazpacho probiert hatte. »Sehr sympathisch, wirklich. Er machte sich Sorgen um dich, Nino, weil Paquito gesagt hatte, Mutter habe sich aufgeregt … Offensichtlich hat er ein Händchen für Olivenbäume. In seinem Dorf hatte er damit zu tun. Er sagt, es sei ihm dort gutgegangen, aber dann wäre seine Verlobte mit einem anderen durchgebrannt, obwohl sie das Aufgebot bereits bestellt hatten.«
    »Sie wird schon einen Grund gehabt haben«, versetzte Mutter, die viel misstrauischer war als ihr Mann, obwohl sie keinen Dreispitz auf dem Kopf trug.
    »Klar, Geld, wie immer. Was glaubst du? Wir haben natürlich Nachforschungen angestellt. Und er hat es nicht vergessen, er erinnert sich an alles, als hätte sie ihn erst gestern Abend sitzenlassen. Deshalb ist er von seinem Dorf weggezogen, und jetzt will er nur noch seine Ruhe. Wir haben ihm gesagt, dass er die Augen offen halten und sich alles merken soll, na ja, das Übliche, er soll uns Spuren oder Veränderungen melden, Reste von Lagerfeuern und so weiter … Ihr hättet sehen sollen, was er für einen Schreck bekommen hat, der arme Kerl! Vielleicht war es doch keine gute Idee, hierherzukommen, meinte er am Ende.« Er verzog zerknirscht das Gesicht und fing dann an zu lachen. »Tja, das hätte er sich vorher überlegen müssen.«
    »Was hast du denn erwartet?« Auch Mutter lächelte. »Ihr tut doch nichts anderes, als den Leuten Angst einzujagen.«
    »Nicht Angst, Mercedes. Wir beugen nur vor. Außerdem haben wir ihm gesagt, dass es nicht so schlimm ist. Wir sind ziemlich sicher, dass Cencerros Stützpunkt auf der Seite von Valdepeñas liegt, und die alte Mühle ist so weitab vom Schuss, dass er möglicherweise sein ganzes Leben dort verbringen wird, ohne einer Menschenseele zu begegnen. Apropos, Nino … Er meinte, wenn du Lust hast, könntest du am Sonntag vorbeischauen, dann würde er dir ein paar Forellen für Mutter mitgeben.« Er zwinkerte mir zu, und ich grinste. »Weil er dich neulich so lange aufgehalten hat. Er hat mir erzählt, du hättest ihm sehr geholfen, und Hilfe kann er bestimmt gut gebrauchen, der arme Kerl.«
    »Soll er sie woanders suchen«, wandte Mutter ein. »Nino hat Hausarrest.«
    »Aber Mutter. Er will mir doch ein paar Forellen mitgeben!«
    »Pah! Von diesen Forellen habe ich schon oft gehört, bisher hatte ich allerdings noch nie Gelegenheit, sie zu probieren. Also …«
    »Lass ihn doch hingehen, Mercedes.«
    »Nein, Antonino, du kannst dir nicht vorstellen, was er mir für einen Schrecken …«
    »Mercedes!« Er hob die Stimme, und sie verzichtete darauf, den Satz zu Ende zu führen. »Hör auf mich und rede mir nicht rein.«
    »Na dann. Wie du meinst.«
    Mutter schmollte, Vater aß weiter, und ich schwieg, weil es besser war, doch schon da dachte ich, dass der Portugiese alles andere als ein armer Kerl war. Mit der Zeit sollte ich herausfinden, dass er nicht nur die Gabe besaß, andere reden zu lassen, ohne etwas von sich selbst preiszugeben, sondern auch jedem das sagte, was er hören wollte. Dass er mit mir nicht über seine Freundin hatte reden wollen, um die Geschichte dann in allen Einzelheiten meinem Vater zu erzählen, wunderte mich nicht, schließlich war ich noch ein Kind und er ein Mann, doch jemand, der in der Kaserne von Fuensanta de Martos aufgewachsen war, würde nicht ohne weiteres akzeptieren, dass einer, der Fremde mit einem geladenen Gewehr empfing, ein Feigling sein könnte. In meinem Dorf gab es einige Feiglinge, und wenn ihnen ein Fremder über den Weg lief, schlossen sie sich in ihren Häusern ein, verriegelten die Türen, zerrten die Matratzen vor die Fenster und löschten alle Lichter im Haus. Wer beten konnte, betete, und wer nicht, auch. Pepe, der Portugiese, machte nicht den Eindruck, als könnte er beten, und es musste auch nicht erst die Guardia Civil kommen, um ihm zu erzählen, dass es in den Bergen von Wegelagerern wimmelte. Er hatte es mir selbst gesagt, ohne dass ich danach gefragt hatte.
    Doch als ich ihn am nächsten Sonntag ordentlich gekämmt

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