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Der Feind meines Vaters - Roman

Der Feind meines Vaters - Roman

Titel: Der Feind meines Vaters - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Almudena Grandes
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er saß allein in der letzten Bank. Er sah sehr schlecht aus, und als ich an ihm vorbeiging, hatte ich Angst, ihm ins Gesicht zu sehen, doch er selbst rechtfertigte sich nach dem Gebet, als er zum Leutnant ging, ihm sein Beileid aussprach und sich dafür entschuldigte, dass er nicht mit zum Friedhof käme.
    »Ich glaube, dass ich mir eine Grippe geholt habe«, erklärte er auch Vater mit dieser leisen zittrigen Stimme, die einen immer denken ließ, er sei ein armer Teufel. »Es geht mir ziemlich dreckig. Fühlt sich an, als hätte ich den Kopf voll Wasser, und außerdem habe ich Gliederschmerzen.«
    »Das sieht man«, nickte Izquierdos Frau und legte ihm die Hand auf die Stirn. »Ich glaube, du hast sogar Fieber.«
    »Dann geh nach Hause und leg dich ins Bett, Pepe«, sagte Izquierdo, und als er ging, nicht ohne Pastora sein Beileid auszusprechen, murmelte er: »Sehr rücksichtsvoll, dieser junge Mann …«
    Nach der Beerdigung gingen wir Kinder in die Schule, obwohl es schon elf war. Noch so ein Befehl. Als wir drei Stunden später aus dem Unterricht kamen, wartete das einzige Taxi aus Valdepeñas, denn in meinem Dorf gab es gar keins, vor dem Tor der Kaserne, und der Fahrer war dabei, ein halbes Dutzend Bündel im Kofferraum und auf dem Dachgepäckträger zu verstauen. Mutter stand mit den anderen Frauen im Hof, doch noch ehe ich Zeit hatte zu fragen, was los war, sah ich Pastora in ihrem Hauseingang, ohne Hut, aber im Mantel. Die Tür stand weit auf, aber von dem Vorhang aus Kronkorken, der mir so gefiel, gab es keine Spur mehr. Es war das einzige, was sie mitnahm, außer ihren Kleidern, ihrer ungleichen Schuhsammlung, ihrem Nähkasten und sonst kaum etwas. Die restlichen Möbel würden erst in einigen Tagen von einem Lastwagen abgeholt werden.
    »Geht sie denn schon?«, flüsterte ich Mutter ins Ohr, und sie nickte. »So schnell?«
    Sie kam nicht dazu, erneut zu nicken, denn in diesem Moment schloss Sanchís’ Witwe die Augen, beugte langsam den Kopf vor und drückte ihre Lippen auf den Holzrahmen, ein, vielleicht zwei Sekunden lang, ein Kuss für die Zeit, die sie in jenem Haus verbracht hatte, das Glück, das sie in seinen ausgeliehenen Zimmern erlebt hatte, oder auch nur die Spur ihres Mannes, seinen Geruch, die Luft, die sie gemeinsam geatmet hatten. Dieser herzzerreißende, sinnlose Kuss, erfüllt von einer Zärtlichkeit, die an dem Holz abprallte, verwirrte uns alle, doch wir hatten kaum Zeit, darüber nachzudenken, weil Pastora sich in diesem Moment mit der Hand an der Wand abstützte, als wäre ihr plötzlich schwindelig, den Hut aufsetzte und sich mit einer knappen Handbewegung von uns verabschiedete. Dann hinkte sie eilig davon, so wie früher, diesmal jedoch, ohne einen Hehl daraus zu machen, dass sie flüchtete. Wir hörten das Zuschnappen der Wagentür, das Anspringen des Motors, das Quietschen der Reifen auf den Pflastersteinen. Wir sahen uns stumm gegenseitig an, trauten uns nicht, etwas zu sagen oder zu tun, als hätte uns Pastoras Flucht wie ein unerwarteter Fluch getroffen.
    »Also gut«, sagte schließlich Carmonas Frau mit erhobener Stimme. »So ist das.«
    »Ja«, pflichtete Mutter ihr bei, während sie Pepa an der Hand nahm. »Es ist vorbei.«
    »Na schön«, sagte Paquitos Mutter und brach ebenfalls auf. »Gehen wir nach Hause, Zeit zum Mittagessen.«
    Sie hatten recht, und auch wieder nicht. Sanchís war tot und begraben, und auch Pastora war nach ihm verschwunden, doch die Folgen dieses Todes, die Konsequenzen seiner Wahrheit und seiner Lügen würden noch viel länger dauern, länger sogar als das Finale, das bald eintreten würde.
    Miguel Sanchís’ Kollegen sollten ihn nie vergessen. Noch viele Jahre später erinnerten sie sich an ihn, nachdem die Gesichter der echten Gefallenen aus ihrem Gedächtnis verschwunden waren, und auch die Namen ihrer Witwen. Martínez’ Witwe erhielt wahrscheinlich eine kleinere Pension als die, die Pastora jeden Monat einstrich, mit einem Zuschlag für alle, die für das Vaterland gelitten hatten, und ohne deren Verdienste in der roten Zone Franco den Krieg nicht von innen heraus hätte gewinnen können. Und weniger auch als die pensionierten Witwen der Träger von Kriegsorden. Das, so glaubten alle Bewohner der beschränkten Welt unserer Kaserne, würde passieren, weil die Befehle der Kommandantur eindeutig gewesen waren und weder auf die Gerechtigkeit noch die Ungerechtigkeit, die Zweifel noch die Hypothesen, die Gefühle noch den Groll von irgendwem

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